Brennende Lithium-Ionen-Batterien 19. Nov 2024 Von Stephan W. Eder Lesezeit: ca. 4 Minuten

KI kann hören, ob eine Lithium-Ionen-Batterie gleich explodiert

Lithium-Ionen-Batterien können sehr überraschend explodieren. Ein US-Institut hat jetzt eine KI entwickelt, die hören kann, ob es knallen wird, und vorwarnt.

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Ein brennendes Elektroauto auf einer Landstraße: Lithium-Ionen-Batterien können sehr überraschend explodieren. Öfter sind es E-Bike-Akkus, aber es kann auch Elektroautos treffen. Ein US-Institut hat jetzt eine KI entwickelt, die hören kann, obs knallen wird, und vorwarnt.
Foto: PantherMedia / Wojciech Kic

Lithium-Ionen-Batterien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken,werden sie aber beschädigt oder überhitzen sie, können sie explodieren. Eine neue Technologie verspricht Abhilfe. Forscher haben eine Methode entwickelt, bei der künstliche Intelligenz (KI) gefährliche Geräusche erkennt – bevor es zu spät ist.

Die Idee: Batterien geben vor einer Explosion spezifische Geräusche ab, wie ein „Klick-Zischen“, das entsteht, wenn Sicherheitsventile brechen, die auf den Überdruck in einer sich aufblähenden Lithium-Ionen-Batterie reagieren. Dieses Ventil ist in der Regel die letzte Sicherheitsbarriere, bevor die Batterie explodiert. Die KI, so zeigen Forschungsarbeiten am National Institut of Standards (NIST) in den USA, kann diese Geräusche erkennen, auch in lauten Umgebungen. Warum ist das ein Durchbruch und welche Vorteile bringt diese Technik?

Wie funktioniert die Technologie?

Das Herzstück der Methode ist ein Algorithmus, der Geräusche analysiert. Vor einer Explosion steigt der Druck in der Batterie. Das Sicherheitsventil bricht, um diesen Druck abzulassen. Dabei entsteht ein charakteristisches Geräusch, das eine Forschungsteam des NIST mithilfe von KI identifizieren kann.

Das Team nutzte Aufnahmen von 38 explodierenden Batterien und erweiterte diese durch veränderte Tonhöhen und Geschwindigkeiten auf über 1000 Klangproben. Diese Daten trainierten die KI, um das spezifische Geräusch von anderen zu unterscheiden. In Tests erkannte der Algorithmus das Geräusch des Ventils mit einer Genauigkeit von 94 %, selbst in geräuschvollen Umgebungen.

Warum sind herkömmliche Sicherheitsmethoden unzureichend?

Bisherige Systeme, wie Temperatur- oder Rauchmelder, haben Grenzen. Rauchmelder schlagen oft zu spät Alarm, da Lithium-Ionen-Batterien in den frühen Phasen einer Fehlfunktion wenig Rauch produzieren. Zudem können Temperaturen schnell bis zu 1100 °C ansteigen – in weniger als 1 s. Eine Explosion kann dann schon unvermeidbar sein.

„Diese Brände sind so gefährlich, weil sie fast augenblicklich glühend heiß werden“, so das NIST in seiner Mitteilung. Dies sei ein wichtiger Unterschied zu anderen Bränden in Wohngebäuden, die in der Regel langsamer mit einem Schwelbrand oder einer kleinen Flamme beginnen. „Bei diesen Bränden bleibt mehr Zeit, bis der Rauch einen Rauchmelder erreicht und die Menschen vor der Gefahr warnt“, beschreibt das NIST die Gefahr.

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Ein Batteriemanagementsystem (BMS), das in vielen modernen Batterien verbaut ist, schützt normalerweise vor schädlichen Betriebsbedingungen wie Überladung. Doch wie Lennart Hinrichs vom Batterie-Analytikexperten Twaice erklärt, reagiert ein BMS meist nur auf akute Fehler. Es erkennt keine langfristigen Trends, die auf ein Risiko hinweisen könnten. Ebenfalls mit KI arbeitet Twaice zur Erkennung des Batteriezustands und der Batteriealterung. „Diese hängen sowohl vom Nutzungsverhalten und der Zeit als auch von den Umweltbedingungen ab. Eine häufige Schnellladung bei niedrigen Außentemperaturen kann zum Beispiel zu Schäden an der Batterie führen, wenn die Batterie nicht ausreichend vorgewärmt ist“, so Hinrichs. „Daten aus dem Fahrzeug erlauben es KI-gestützten Systemen, genau diese Effekte kontinuierlich zu überwachen und Nutzungsempfehlungen oder technische Eingriffe – zum Beispiel eine bessere Ladesteuerung – durchzuführen.“ So kann die Batterie langfristig geschont und teure Batteriereparaturen bzw. -austausche vermieden werden. Die Entwicklung des NIST basiert aber nicht auf Daten des BMS oder anderen Systemdaten, sondern auf akustischer Signalerkennung und -interpretation.

Lithium-Ionen-Batterie: Wo könnte die KI-gestützte Geräuscherkennung eingesetzt werden?

In Elektroautos könnten solche Systeme Unfälle verhindern. In Gebäuden mit vielen Batterien, etwa in Lagern oder Parkhäusern, könnten spezielle Warnmelder Leben retten. Auch in Haushalten – Einfamilienhaus mit Solaranlage und Solarstromspeicher – wäre ein solcher Alarm denkbar. Hinzu kommen vor allem Geräte wie E-Bikes oder Smartphones. Vor allem E-Bikes, so führt das NIST an, seien als Brandverursacher bekannt: „2023 rückte die Feuerwehr von New York City zu 268 Wohnungsbränden aus, die durch Batterien in E-Bikes ausgelöst wurden und 150 Verletzte und 18 Tote forderten.“

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Die Technologie könnte daher auch dazu beitragen, die Lebensdauer von Batterien zu verlängern. Daten aus der Geräuscherkennung könnten mit anderen Systemen kombiniert werden, um frühzeitig Schäden zu erkennen. Denkbar wäre die Einbindung derartiger Sicherheitswarnungen in KI-gestützte Batterieanalytiksysteme, wie sie Twaice einsetzt. So würden Batterien nicht nur sicherer, sondern auch nachhaltiger genutzt werden, wie Hinrichs in seinem Beitrag betont.

Was bleibt für die Entwicklung einer KI-gestützten Sicherheit von Lithium-Ionen-Batteriesystemen zu tun?

Die neue Technologie befindet sich noch in der Entwicklung. Die beiden NIST-Forscher Wai Cheong Tam und Anthony Putorti Jr. haben ein Patent angemeldet und planen, die KI mit weiteren Batterietypen zu testen und die eingesetzten Mikrofone zu optimieren. Bei ihren Tests stellten sie fest, dass das Sicherheitsventil etwa 2 min vor der Explosion der Batterie ausfiel. Sie planen, diese Vorwarnzeit durch weitere Versuche mit einer größeren Anzahl von Batterien zu überprüfen. Auch Kosten und Integration in bestehende Systeme sind Herausforderungen.

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Langfristig könnte die Technologie die Grundlage für neue Standards im Brandschutz legen. Mit einer Kombination aus KI-Analytik und bestehenden Sicherheitsmaßnahmen könnten Batterien besser überwacht werden. Ziel ist es, eine breite Nutzung zu ermöglichen – von Haushalten bis hin zu industriellen Anwendungen. Eine Art Brandmelder für Lithium-Ionen-Akkus – bevor es zum Brand kommt.

KI als Schlüssel zu sichereren Batterien

Die KI-basierte Geräuscherkennung bietet prinzipiell eine neue Möglichkeit, Lithium-Ionen-Batterien sicherer zu machen. Sie könnte bestehende Technologien wie Batteriemanagementsysteme ergänzen und eröffnet neue Wege zur Verhinderung von Explosionen. Das Potenzial für KI in der Batteriesicherheit ist groß: Sichere Batterien könnten nicht nur Brände verhindern und Menschenleben retten, sie können auch die Lebensdauer der Batterien verlängern und so die Elektromobilität nachhaltiger machen.

 

 

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