EUV: Neues Licht für das digitale Zeitalter
Forscher von Trumpf, Zeiss und der Fraunhofer-Gesellschaft wurden vom Bundespräsidenten für die Entwicklung der EUV-Lithographie ausgezeichnet.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gab gestern in einer feierlichen Zeremonie in Berlin die Gewinner des Deutschen Zukunftspreis 2020 bekannt. Für ihr Projekt „EUV-Lithographie – Neues Licht für das digitale Zeitalter“ zeichnete der Bundespräsident das Experten-Team um (v.l.n.r.) Sergiy Yulin, Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena, Peter Kürz, Zeiss Sparte Semiconductor Manufacturing Technology (SMT) und Michael Kösters, Trumpf, mit seinem Preis für Technik und Innovation aus.
Erfolgreiche Markteinführung schafft Arbeitsplätze
Das Gewinner-Team hat einen wesentlichen Beitrag zur Entwicklung und industriellen Serienreife der EUV-Technologie geleistet. Das Resultat ist eine durch über 2000 Patente abgesicherte Zukunftstechnologie, die Basis für die Digitalisierung unseres Alltags ist und Anwendungen wie Autonomes Fahren, 5G, Künstliche Intelligenz und weitere zukünftige Innovationen ermöglicht. Dank EUV wurden bei Zeiss und Trumpf bis heute mehr als 3300 Hochtechnologiearbeitsplätze geschaffen und 2019 ein Jahresumsatz von mehr als 1 Mrd. € erwirtschaftet – Tendenz steigend.
Wie es funktioniert
Ein Lithographiesystem ist im Wesentlichen ein Projektionssystem. Das Licht wird durch eine Blaupause des zu übertragenden Musters projiziert. Die Optik überträgt das Muster auf den Siliziumwafer, der zuvor mit einer lichtempfindlichen Chemikalie beschichtet wurde. Wenn die unbelichteten Teile weggeätzt werden, wird das Muster sichtbar. Die knifflige Sache mit EUV-Licht ist, dass es von allem absorbiert wird, sogar von Luft. Deshalb verfügt ein EUV-System über eine große Hochvakuumkammer, in der das Licht von einer Reihe von Präzisionsspiegeln geleitet wird und weit genug läuft, bis es den Wafer erreicht. EUV-Licht ist sehr schwierig zu erzeugen. Um es herzustellen, schießt ein sehr starker Laser in einer Vakuumkammer auf vorbeirauschende Zinntröpfchen – 50 000 Mal pro Sekunde. Dabei entsteht ein Plasmablitz mit der gewünschten Wellenlänge von 13,5 Nanometern. Danach fangen Kollektoren das vom Plasma emittierte EUV-Licht ein, bündeln und übergeben es zur Belichtung des Chips an das Lithographiesystem.
Leistungsfähigere, energieeffizientere und kostengünstigere Chips
Weltweit einziger Hersteller für EUV-Lithographie-Maschinen ist die niederländische Firma ASML, die als Integrator die Architektur des Gesamtsystems und insbesondere die EUV-Quelle entworfen hat. Schlüsselkomponenten dieser Maschinen sind der Hochleistungslaser von Trumpf für die EUV-Lichtquelle und das optische System von Zeiss. EUV steht für „extrem ultraviolett“, also Licht mit extrem kurzer Wellenlänge. Mit dieser konkurrenzlosen Schlüsseltechnologie lassen sich in diesem und dem nächsten Jahrzehnt weitaus leistungsfähigere, energieeffizientere und kostengünstigere Mikrochips herstellen als jemals zuvor. Denn ohne weiterhin stark steigende Rechenleistung keine erfolgreiche Digitalisierung: Heute hat bereits ein Smartphone die millionenfache Rechenpower des Computers, der 1969 die erste Mondlandung begleitete. Ermöglicht wird dies durch einen kaum fingerkuppengroßen Mikrochip, auf dem sich mehr als fünfzehn Milliarden Transistoren befinden.
Belichtungstechnologie von Grund auf neu entwickelt
Das Fertigungsverfahren für die neuesten Chip-Generationen fußt auf der Nutzung von EUV-Licht, die bisherige Grenzen des technisch Machbaren überwindet. Von der Lichtquelle über das optische System im Vakuum bis zur Oberflächenbeschichtung der dabei eingesetzten Spiegel musste praktisch die gesamte Belichtungstechnologie von Grund auf neu entwickelt werden.
Eine deutsch-europäische Erfolgsgeschichte
„Herzlichen Glückwunsch an unser Gewinner-Team, das stellvertretend für Tausende EUV-Entwickler steht. Wir freuen uns gemeinsam mit unseren Partnern sehr über die Auszeichnung des Bundespräsidenten, die eine enorm aufwändige Entwicklungsleistung und ihre Übersetzung in eine auf dem Weltmarkt dominierende Technologie würdigt“, so Markus Weber, Mitglied des Vorstands der Zeiss Gruppe und Leiter der Sparte Semiconductor Manufacturing Technology. „Zeiss steht für optische Höchstleistung und Präzision. Darauf kommt es in der Chipfertigung von jeher an. Die EUV-Technologie ermöglicht als Sprunginnovation weiterhin große Fortschritte in der Digitalisierung in Wirtschaft und Gesellschaft. Wir sind stolz darauf, gemeinsam mit unserem strategischen Partner ASML, Trumpf und Fraunhofer dazu beizutragen.“
Beispielhafte Partnerschaft
Trumpf Vize-Chef und Chief Technology Officer Peter Leibinger: „Wir freuen uns sehr, dass Dr. Michael Kösters, Dr. Peter Kürz und Dr. Sergiy Yulin den Deutschen Zukunftspreis gewonnen haben. Sie stehen mit ihrem Erfindergeist, Technikverständnis, Durchhaltevermögen und gutem Miteinander geradezu beispielhaft dafür, wie sich durch starke Partnerschaften Zukunftstechnologien zur Industriereife entwickeln lassen.“
Die Auszeichnung führe vor Augen, dass eine starke Industrie und eine hervorragende Forschungslandschaft eine entscheidende Rolle für die Herausforderungen dieses Jahrhunderts spiele. „Das Mammut-Projekt EUV-Lithographie schafft auch im Corona-Jahr Arbeitsplätze und sorgt darüber hinaus für eine Vorreiterrolle Europas bei der Herstellung modernster Mikrochips.“
Weltweit stärkster gepulster Industrielaser
Trumpf liefert mit dem weltweit stärksten gepulsten Industrielaser eine Schlüsselkomponente für die Belichtung modernster Mikrochips, die in jedem modernen Smartphone zum Einsatz kommen. Es gibt keine wirtschaftliche Alternative zu diesem Laser, um das für die EUV-Lithographie benötigte Licht zu erzeugen.
Weltweit „präzisester“ Spiegel
Güte und Form des Beleuchtungssystems sowie das Auflösungsvermögen der Projektionsoptik von Zeiss bestimmen darüber, wie klein Strukturen auf Mikrochips sein können. Wesentliche Innovationen stecken daher in den Spiegeln, die in das Optik-System eingesetzt werden. Da selbst kleinste Unregelmäßigkeiten zu Abbildungsfehlern führen, wurde für die EUV-Lithographie der weltweit „präziseste“ Spiegel entwickelt. Fraunhofer fungierte als wichtiger Forschungspartner bei der anspruchsvollen Beschichtungstechnik für die großflächigen Spiegel.
„Wir gratulieren den Forschern von Zeiss, Trumpf und dem Fraunhofer IOF zu dieser großartigen Auszeichnung ihrer exzellenten Arbeit. Sie haben mit der EUV-Lithographie eine Technologie entwickelt, die weltweit für einen Digitalisierungsschub sorgen wird und damit auch den Grundstein für weitere Innovationen legt“, so Fraunhofer-Präsident Reimund Neugebauer. „In den fast drei Jahrzehnten der Forschung waren Fraunhofer-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler maßgeblich an der Entwicklung der ersten EUV-Spiegel und Strahlquellen beteiligt. Dass die EUV-Lithographie nun in der Anwendung angekommen ist, ist auch der intensiven Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft sowie dem Forschergeist und dauerhaften Engagement aller Beteiligten zu verdanken.“
Der Deutsche Zukunftspreis
Der Deutsche Zukunftspreis wird seit 1997 jährlich vergeben, gehört zu den wichtigsten Wissenschaftsauszeichnungen in Deutschland und ist mit 250 000 € dotiert. Er ehrt herausragende technische, ingenieur- und naturwissenschaftliche Leistungen, die zu anwendungsreifen Produkten führen. Die hochkarätige Jury wählt in einem mehrstufigen Prozess aus einer Vielzahl an Projekten jedes Jahr drei Forschungsteams und ihre Innovation in die Endrunde des Preises, den „Kreis der Besten“. Neben der Innovationsleistung bewertet die Jury dabei auch das wirtschaftliche und gesellschaftliche Potenzial der Entwicklung. Neben dem EUV-Gewinner-Team gehörte auch ein Team der Carl Zeiss Meditec zum Kreis der Besten. Damit war Zeiss als erstes Unternehmen in der Geschichte des Deutschen Zukunftspreises doppelt nominiert. Der Preis wurde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 25. November 2020 in Berlin unter Pandemie-Beschränkungen in der Verti Music Hall verliehen. Das Preisgeld spenden Zeiss und Trumpf für gemeinnützige Zwecke.