Taktile Tattoos machen das Metaverse greifbar
Eine neue Art von Tattoos könnte schon bald dabei helfen, virtuelle Welten wie das Metaverse auch realitätsnah mit dem Tastsinn erleben zu können. Die hauchdünnen elektronischen Folien zum Auftragen auf die Haut stammen aus dem Saarland.
Metaverse, Gaming oder Anwendungen in der Industrie und in innovativen Bereichen der Telemedizin: Virtual und Augmented Reality (VR und AR), auch als „Extended Reality“ (XR) bezeichnet, werden langsam massentauglich. Bislang sprechen die Anwendungen jedoch vorwiegend den Sehsinn an. „Der Tastsinn bleibt in der Regel außen vor, obwohl er ein ganz entscheidender Faktor dabei ist, wie wir unsere Welt wahrnehmen“, erklärt der Informatiker Jürgen Steimle. Gemeinsam mit seiner Forschungsgruppe zu Mensch-Computer-Interaktion an der Universität des Saarlandes hat der Professor die taktilen Tattoos entwickelt. Den Tastsinn zentral in virtuelle Welten zu integrieren, trage erheblich dazu bei, dass Nutzer diese immersiv erleben, so seine Überzeugung.
Smarte Tattoos für verbesserte Haptik in virtuellen Welten
Bedingt funktioniert das zwar bereits heute. Etwa durch in den Händen gehaltene Controller, die durch bewegliche Teile wie Motoren haptische Eindrücke erzeugen. Oder auch mithilfe von speziellen Handschuhen, in die ebenfalls vibrierende und anderweitig bewegliche Elemente eingebaut sind. Ein wirklich überzeugendes Erlebnis für den Tastsinn bieten diese Optionen jedoch nicht. Das will Steimle ändern und hat im Rahmen des gleichnamigen Projekts „Tacttoo“ entwickelt. Dabei handelt es sich um eine hauchdünne, nur 35 μm dicke elektronische Folie. Sie wird wie ein Abziehtattoo auf die Haut aufgetragen und kann dort den Tastsinn stimulieren. Das funktioniert ausschließlich durch elektrische Reize und ganz ohne bewegliche Teile.
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Das Besondere: Die Folie ist so dünn, dass Gegenstände aus der „realen“ Welt noch ebenso gut wahrgenommen und ertastet werden können wie ohne das smarte Tattoo. Das eröffnet neue Anwendungsmöglichkeiten. So lassen sich durch Tacttoo zum einen völlig neue haptische Erfahrungen für rein digitale Objekte erzeugen, zum anderen können auch reale Objekte um andere Sinneseindrücke erweitert werden.
Virtuelle Realität: Vielseitige Einsätze der taktilen Tattoos möglich
Durch ihre Eigenschaften ist die Technik zum Beispiel gut für den Einsatz im Produktdesign geeignet. Mithilfe von Augmented Reality und eines physischen Prototyps könnte die Haptik verschiedener Materialien ausprobiert werden, bevor es in die Produktion geht. Tacttoo könnte zudem dabei helfen, die beste Position für physische Bedienelemente und Knöpfe an Maschinen oder elektrischen Geräten zu ermitteln. Verschiedene Positionierungen könnten einfach erprobt werden, indem man diese als künstliche haptische Sinneseindrücke simuliert.
Der Forscher hält auch eine Anwendung im Bereich von medizinischer Ausbildung, beispielsweise von Chirurgen, für denkbar. Virtual-Reality-Umgebungen, die dort bereits heute zum Einsatz kommen, könnten mithilfe der smarten Folie um ein realistisches haptisches Feedback erweitert werden. Der Vorteil: Anders als bei anderen Methoden würde hierbei die Feinmotorik der auszubildenden Mediziner nicht eingeschränkt.
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Vom Forschungslabor in die Praxis
In einem vom Europäischen Forschungsrat geförderten Projekt namens „Feel-XR: Feel-through Haptic Feedback for Augmented and Virtual Reality“ wollen der Informatiker und sein Team die Technik nun verfeinern und die Produktreife vorantreiben. „Durch Marktanalysen, Entwicklung von Anwendungen sowie die Zusammenarbeit mit Partnern aus der Wirtschaft wollen wir das kommerzielle Potenzial der Technologie explorieren“, so Steimle. Ziel ist es, die taktilen Tattoos in die Praxis zu bringen.