Touchscreen mit Gefühl
Gerade ältere Menschen haben bei der Nutzung von Touchscreens oft Probleme. Der Grund: Viele Informationen sind weniger mit dem Tastsinn zu erfassen als viel mehr mit dem Auge. Forscher der Universität Stuttgart entwickeln deshalb eine Technologie, mit der Informationen auf der Bedienoberfläche mithilfe elektrostatischer Felder „gefühlt“ werden können. Nun werden dafür Testpersonen gesucht.
Immer mehr Geräte vor allem im Konsum- und Investitionsgüterbereich werden nicht mehr mit Knöpfen und Schaltern, sondern über audiovisuelle Anzeigen wie zum Beispiel Touchscreens bedient. Sie finden sich im Bordcomputer eines Pkw, am Küchenherd oder an der Heizungsanlage. Die meisten Displays senden dabei ihre Informationen als Signale, die man sehen oder hören kann. Nur selten wird noch der Tastsinn angesprochen, obwohl dieser einer der grundlegendsten Sinne des Menschen ist. Dadurch wird einerseits die Bedienung der Geräte komplexer, andererseits können sich Menschen schnell überlastet fühlen – wenn sie unsicher sind, ob sie alle relevanten Informationen auch richtig wahrgenommen haben. In bestimmten Situationen könnte es dadurch sogar gefährlich werden.
Menschen über 60 Jahre sind schnell überlastet
Mit zunehmendem Alter nimmt das Seh- und Hörvermögen ab, ebenso lässt die kognitive Leistung nach. Deshalb fühlen sich Menschen ab dem 60. Lebensjahr schnell gestresst, wenn es um die Bedienung von Geräten etwa im Bereich von Smart Home oder von Fahrkartenautomaten im öffentlichen Personennahverkehr geht.
In dem Forschungsvorhaben „Altersgerechte adaptiv elektrotaktile Touch-Bedienoberflächen im translatorischen Anwendungsfall“ untersuchen nun Wissenschaftler am Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design der Universität Stuttgart, wie Menschen altersgerecht entlastet werden könnten, indem die taktile Wahrnehmung in solche Geräte integriert wird. Dafür soll eine haptische Mensch-Maschinen-Schnittstelle gestaltet werden. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert das Projekt mit insgesamt 180 000 €.
Reibung zwischen Finger und Touchscreen
Mithilfe elektrostatischer Felder, die eine Wechselwirkung mit den Wassermolekülen im Finger erzeugen, wird der Touchscreen codiert. Streicht man nun mit dem Finger über die Touchbedienoberfläche, ändert sich die Reibung zwischen Touchscreen und Finger. Die Forscher wollen so erfahren, wie ein Benutzer die Felder wahrnimmt.
Dafür wird ein Slider auf dem Touchscreen implementiert und mit dem elektrotaktilen Feedback versehen. Beispielsweise geht es darum, inwiefern die Testperson eine Zunahme oder Abnahme des Feedbacks, eine Markierung an einer bestimmten Sliderposition oder gar eine Skala durch elektrotaktile Codierung empfindet. Dazu variiert die Position der elektrostatischen Felder, deren Ausdehnung sowie deren Intensität.
Taktile Übermittlung von Informationen
Wie sich bestimmte Funktionen einer elektrotaktilen Touchbedienoberfläche codieren lassen, um den immer größer werdenden Informationsfluss zu bewältigen, ist das Hauptziel der Untersuchung. Multimodale Wege der Informationsübertragung sollen dabei den visuellen Wahrnehmungskanal insbesondere älterer Menschen durch unterstützende taktile Informationsübermittlung entlasten. Ein weiteres Ziel: Altersbedingte sensomotorische Verluste, die bei Senioren oft auch die taktile Informationsverarbeitung beeinträchtigen, sollen kompensiert werden. Das könnte eine komfortablere, effizientere und effektivere Mensch-Maschine-Interaktion gewährleisten.
Gesucht: Testpersonen verschiedener Altersgruppen
Im Frühsommer 2020 wollen die Stuttgarter Forscher eine Nutzerstudie durchführen, um verschiedene taktile Feedbackmuster zu prüfen. Hierfür werden sowohl junge als auch ältere Menschen zur Teilnahme gesucht. Die Tests finden in den Laborräumen des Instituts für Konstruktionstechnik und Technisches Design, Pfaffenwaldring 9, in Stuttgart-Vaihingen statt. Informationen für Interessierte und Anmeldung per Mail bei Peter Schmid unter peter.schmid@iktd.uni-stuttgart.de.