ZVEI: Chipmangel beschäftigt deutsche Elektroindustrie noch länger
Zum Auftakt der Hannover Messe zeichnet der Elektrotechnik- und Digitalindustrieverband ZVEI zwar ein positives Bild für das Geschäft im laufenden Jahr, aber ausgerechnet der Chipmangel droht zur Dauerbaustelle zu werden.
„Kraftvoll“ sieht sich die deutsche Elektro- und Digitalindustrie ins laufende Jahr 2023 gestartet, so der ZVEI am Montag der Woche zum Auftakt der Hannover Messe. „Die preisbereinigte, reale Produktion zog um 6 % an“, so der Industrieverband. Der Auftakt war so gut, dass der ZVEI bereits seine Jahresprognose von einer Stagnation auf ein 1- bis 2-prozentiges Wachstum erhöht hat. Beim nominalen Umsatz verzeichnete der ZVEI gegenüber dem Vorjahr bisher ein Plus von 16 %.
ZVEI-Präsident: „Das Wachstum ist nachhaltig und wird sich auch so fortsetzen“
Eine gute Nachricht für die Branchenbetriebe ist, dass die Materialengpässe laut ZVEI-Präsident Gunther Kegel zwar noch nicht gänzlich vorbei sind, aber sich „dramatisch entschärft“ haben. „Das fängt jetzt so langsam an, sich glatt zu ziehen“, führte er aus.
ZVEI: Bis neue Fabriken für Chips gebaut sind, dauert es mindestens zwei Jahre
Anders beim Chipmangel, so Kegel. Der sei „nicht durch den Abriss der Lieferketten infolge von Corona entstanden, sondern durch fehlende Investitionen“ über viele Jahre hinweg. Und diese Lücke schließe sich nicht von heute auf morgen. Eine Halbleiterfabrik vom Spatenstich bis zum Produktionsbeginn benötige „mindestens zwei Jahre, bei Strukturgrößen unter 10 nm mindestens drei Jahre“, weiß Kegel. Weltweit würden Halbleiterfabriken derzeit ausgebaut, „aber wir sind noch nicht da“.
Hannover Messe setzt voll auf Automation und Energiewende
Die Energiepreiskrise hat die durch den ZVEI vertretenen Unternehmen laut Kegel längst nicht so intensiv getroffen wie andere Bereich der deutschen Industrie. Die Elektro- und Digitalindustrie sei „wenig energieintensiv“, sie sei durch die „Schockwellen“ nicht wirklich existenzbedrohend betroffen. „Die Elektrotechnik hat weniger als 2 % Energieintensität“, sagt Kegel. Allerdings habe sie auch im Schnitt nur eine Umsatzrendite von 8 %. Ginge hier nur ein Prozentpunkt durch die Energiepreiserhöhung weg, dann setze auch das „entsprechend Potenzial frei für Energiesparmaßnahmen“, stellte Kegel fest.
Das für das Wachstum notwendige Personal scheint die Branche zu finden. Der ZVEI-Präsident sprach von einem „anhaltenden Beschäftigtenaufbau“. Mit knapp 901 700 Beschäftigen ist der Personalbestand so hoch wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Dennoch sprach Kegel weiterhin vom Fachkräftemangel.
ZVEI sieht Zukunft der Produktion in Gleichstromtechnik – weil Energie und Rohstoffe eingespart werden
Wichtigste Technologietrends sind Elektrifizierung und Digitalisierung – diese aber sind bereits seit vielen Jahren Treiber für die Branche. Die Umsetzungspotenziale dieser Technologien verdeutlichte Kegel anhand der Gleichstromtechnologien: Eine Versorgung mit Gleichstrom benötige schließlich nur die Hälfte des Kupfers, die für eine Wechselstromversorgung eingesetzt werde, die Stromersparnis liege bei einem Fünftel, so Kegel.
Wohin die Energie- und Umweltberichterstattung in Zukunft auch dank Digitalisierung führen kann, zeigt der ZVEI in Hannover mit dem Show-Case PCF@Schaltschrank, bei dem der „Product Carbon Footprint“ (PCF) sämtlicher verbauter Einzelteile in solch einem Schaltschrank herstellerübergreifend gezeigt wird. Aus Sicht von Kegel sind solche PCF-Systeme eine „wesentliche Voraussetzung, um weitere Verbesserungen bei der CO2-Reduktion erreichen zu können“.