Forscher zeigen Lösungen für eine nachhaltige Produktion
Resilienter, nachhaltiger und effizienter als bisher soll die industrielle Produktion in Zukunft werden. Die Forschungsgemeinschaft WGP stellt dazu auf der EMO Hannover wegweisende Projekte vor.
„Wir öffnen in Hannover ein Fenster zur Zukunft der Produktion“, sagte Jens P. Wulfsberg, Präsident der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP). Als Aussteller in der „Future of Sustainability in Production Area“ (Halle 16, F11) ist der Zusammenschluss führender deutscher Professorinnen und Professoren der Produktionstechnik dort mit einem Gemeinschaftsstand vertreten. „Der Auftritt auf diesem Sonderstand macht Sinn, weil sich die WGP seit vielen Jahren mit effizienter, nachhaltigerer Produktionstechnik beschäftigt“, betonte Wulfsberg im Vorfeld der EMO Hannover.
Ergebnisse der Effizienzinitiative: Einige Maßnahmen sind kurzfristig umsetzbar
Ein konkretes Projekt, das daraus entstand, ist die Effizienzinitiative der Vereinigung. „Wir haben sie anlässlich der Energiekrise nach dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ins Leben gerufen. Wir haben zahlreiche Lösungen, die der Industrie helfen, zum Teil drastisch Energie einzusparen – selbst die energieintensive Industrie hat großes Potenzial. Und einige der Sparmaßnahmen sind kurzfristig und ohne großen finanziellen Aufwand umsetzbar. Die Maßnahmen müssen allerdings noch bekannter werden – und die Menschen müssen sie umsetzen wollen“, so Wulfsberg.
Lesetipp: WGP-Präsident Wulfsberg plant Updates für die nachhaltige Produktion Neben den Erkenntnissen der Effizienzinitiative zeigen die WGP-Institute einige Forschungsergebnisse. Das Institut für Produktionstechnik (wbk) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) beispielsweise beschäftigt sich seit Jahren mit elektrischen Traktionsmotoren für hybride und vollelektrische Fahrzeuge. So entwickeln sie einen modularen Baukasten, mit dem unterschiedliche Typen von Traktionsmotoren flexibler und damit wirtschaftlicher gefertigt und montiert werden können.
E-Mobilität: Lösungen für die autonome Demontage von Elektromotoren
Auf der EMO Hannover präsentieren die Forschenden nun einen Demonstrator für eine autonome, adaptive Demontage dieser Motoren. „Der Bedarf an Elektromotoren wird in Zukunft stark steigen. Wir müssen daher heute schon innovative End-of-Life-Lösungen für diese Motoren entwickeln, um sowohl den Bedarf an neuen Ressourcen als auch den Energieeinsatz und die CO2-Emissionen bei der Produktion neuer Motoren zu minimieren“, mahnt Jürgen Fleischer, Institutsleiter Maschinen, Anlagen und Prozessautomatisierung des wbk Karlsruhe. „Kritische Materialien wie Kupfer oder Permanentmagnete können so recycelt werden.“
In Hannover zeigen die Forschenden die simulationsbasierte Planung bis hin zur physischen Demontage unter Einsatz von Robotern anhand eines vereinfachten Motormodells. „Wir zeigen aber auch, wie künftig Abweichungen zwischen Simulation und Realität etwa durch Prozessfehlschläge erkannt werden können, um eine autonome Adaption des Demontageplans möglich zu machen,“ so Fleischer.
Digitaler Zwilling und KI: Selbstlernende Werkzeugmaschine erkennt Formabweichungen
Darüber hinaus ist die WGP auf dem Sonderstand Future of Connectivity Area (Halle 9, H22) mit Exponaten vertreten. Hier zeigt beispielsweise das Institut für Fertigungstechnik und Werkzeugmaschinen (IFW) der Leibniz Universität Hannover seine selbstlernende Werkzeugmaschine. Der digitale Zwilling der Maschine kann Formabweichungen mithilfe Künstlicher Intelligenz (KI) bereits vor dem Fertigungsprozess prognostizieren und adaptiv darauf reagieren. Zudem hilft eine KI-gestützte Prozessüberwachung dabei, unvorhersehbare Prozessfehler in Echtzeit zu erkennen und abzuwenden.
Die Forschenden aus Hannover stellen aber auch ihr Mittelstand-Digital Zentrum vor. Dort werden Best-Practice-Beispiele zu KI vorgestellt; Unternehmen können passgenaue Lösungen für den Bereich Produktionstechnik erfragen.
Praxistaugliche Lösungen präsentieren die norddeutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zudem im Rahmen des Verbundvorhabens IIP-Ecosphere. Im Fokus steht dabei die eigene IIoT-Plattform, die die Entwicklung und Ausführung servicebasierter KI-Applikationen in der industriellen Produktion unterstützt. Insgesamt vier Demonstratoren werden vor Ort zu sehen sein. Ein Highlight ist das Abschluss-Symposium am 19. September 2023. Die Mitarbeitenden stellen hier ihre Projektergebnisse und -erkenntnisse aus über drei Jahren Forschung im Bereich der intelligenten Produktion vor und zeigen die zukünftigen Anwendungsmöglichkeiten auf.
Bidirektionaler Informationsaustausch zwischen Forschung und Industrie
„Die EMO ist für uns eine ideale Plattform, um Kooperationsmöglichkeiten mit Industriepartnern, anderen Forschungseinrichtungen und potenziellen Forschungspartnern zu identifizieren“, freut sich Berend Denkena, Leiter des IFW Hannover. „Unser Anspruch ist es, nicht nur als Impulsgeber für Unternehmen zu agieren, sondern auch wertvolle Impulse aus der Praxis zu erhalten, die als Grundlage für neue Forschungsansätze dienen. Unser Ziel ist es, den Wissenstransfer von der Forschung in die Industrie voranzutreiben und gemeinsam mit den Unternehmen die Zukunft der Produktionstechnik zu gestalten.“
Ganz in diesem Sinne handelt auch das ProKI-Netz. Koordiniert wird es vom Werkzeugmaschinenlabor (WZL) der RWTH Aachen, vertreten sind darin acht Standorte. Pro-KI-Hannover zeigt auf der Messe die automatisierte Qualitätsprüfung mittels Künstlicher Intelligenz. Am Beispiel von geschliffenen Oberflächen erfahren Besucherinnen und Besucher, wie Kratzer oder unregelmäßige Schliffbilder automatisiert erkannt werden können.
Wissenschaftliche Gesellschaft für Produktionstechnik (WGP)
Halle 16, F11: Future of Sustainability in Production Area
Halle 9, H22: Future of Connectivity Area