80 % weniger Kohle – Chinas Energiepolitik schwenkt um
China vollzieht seine eigene Energiewende und genehmigt deutlich weniger Kohlekraftwerke. Der CO2-Ausstoß wird dennoch weiter steigen.
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Chinas Energiepolitik vollzieht eine Kehrtwende. Wurde in der Vergangenheit noch hauptsächlich billiger Kohlestrom genutzt, wendet die Volksrepublik sich nun von dem fossilen Energieträger ab. Das legen Zahlen aus dem ersten Halbjahr 2024 nahe. In diesem Zeitraum wurden 83 % weniger Kohlekraftwerke genehmigt als in der ersten Hälfte des Vorjahres, errechneten Experten der Zentrum für Forschung zu Energie und sauberer Luft (Crea) und des Global Energy Monitors. Das entspricht auch der Einschätzung von Greenpeace. Die Umweltschützer kommen mit ihren Berechnungen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass China zuletzt rund vier Fünftel weniger Kohlekraftwerke genehmigt hat als 2023. Der neu genehmigte Zubau beschränkt sich damit auf eine Leistung von etwa 9 GW. 2022 waren noch 106 GW genehmigt worden, nachdem 2021 in einigen Provinzen dramatische Energieengpässe aufgetreten waren. Chinas Regierung hatte damals darauf hingewiesen, dass sie die Klimaschutzbemühungen an die Notwendigkeit der wirtschaftlichen Entwicklungen anpassen wolle. Der aktuelle Fünf-Jahresplan-Chinas läuft von 2021 bis 2025.
Rund ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen stammt aus China
Bei Greenpeace hält man die Trendumkehr für nachhaltig. „Wir könnten jetzt einen Wendepunkt sehen“, kommentierte die Greenpeace-Expertin Gao Yuhe die jüngsten Daten. Dass China Abstand von der Kohle nimmt, ist deshalb so bedeutend, weil das Land für rund ein Drittel der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist. Damit ist China der größte Emittent der Welt. Die Kurskorrektur wird ihre Wirkung aber erst in einigen Jahren entfalten. Noch warten viele bereits genehmigte Kohlekraftwerke auf ihren Bau. In der ersten Jahreshälfte 2024 wurden beispielsweise 41 GW zugebaut, bis Jahresende sollen es 80 GW sein.
CO2-Ausstoß in China steigt bis 2030 weiter an
China rechnet entsprechend damit, dass der CO2-Ausstoß des Landes bis 2030 weiter zunehmen werde. Erst dann ist laut den offiziellen Planungen ein Maximum erreicht und der CO2-Ausstoß soll bis zum Jahr 2060 langsam absinken. Christine Shearer vom Global Energy Monitor erklärt mit Blick auf die Erfolge Chinas beim Ausbau der Erneuerbaren dazu: „Da saubere Energie nun in der Lage ist, den wachsenden Strombedarf des Landes zu decken, sollte China seine verbleibenden Kohlepläne streichen und die Stilllegung der bestehenden Kohlekraftwerke beschleunigen.“ Immerhin: Chinas Kapazität zur Stromgewinnung aus Solar- und Windenergie war im ersten Halbjahr 2024 erstmals größer als die Kapazitäten aus der Kohleverbrennung.
Elf neue Atomkraftwerke genehmigt
Parallel dazu setzt China auf Atomenergie. Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg erst kürzlich berichtete, hat China dem Bau von elf neuen Atomreaktoren innerhalb der kommenden fünf Jahre stattgegeben. Das Investitionsvolumen hierfür beträgt 31 Mrd. $. Damit sind derzeit insgesamt etwa 30 Atomreaktoren in China im Bau. Bislang stammen nur 5 % des chinesischen Stroms aus der Kernkraft.