Auf dem Weg zum Wasserstoffkraftwerk
Der deutsche Energiekonzern RWE und der japanische Technologiekonzern Kawasaki planen in Lingen die Errichtung einer der weltweit ersten wasserstofffähigen Gasturbinen im Industriemaßstab. Japan gilt als Pionier für eine Wasserstoffwirtschaft, Kawasaki selbst hatte schon vor Jahren entsprechend wasserstoffkompatible Turbinen erprobt.
Der Essener Energiekonzern RWE gab heute eine Zusammenarbeit mit Kawasaki Heavy Industries (KHI) bekannt, in deren Rahmen die Japaner ihre wasserstofffähigen Turbinen im heutigen Gaskraftwerk im niedersächsischen Lingen einsetzen sollen. RWE hatte bereits Anfang November bekannt gegeben, mindestens 2 GW an Gaskraftwerkskapazität zuzubauen, um die Energiewende mit flexibler Leistung zu unterstützen – versehen mit einem „klaren Dekarbonisierungspfad“, wie der Konzern betont. Auch bestehende Anlagen seien „grün umzurüsten“.
Am Kraftwerksstandort Lingen ist jetzt die Rückverstromung von grünem Wasserstoff als erster Schritt mit einer 34-MW-Anlage ab 2024 geplant. Turbinenhersteller wie Kawasaki entwickeln inzwischen seit Jahren wasserstofffähige Turbinentechnik, so auch Siemens (zum Beispiel im Projekt Hyflexpower), GE oder Mitsubishi Power. Es gibt bereits erste Aggregate, die eine erhöhte Wasserstoffbeimischung bei Erdgasturbinen erlauben. Siemens Energy zum Beispiel erprobt eine umgerüstete Turbine (s. Bild) im Rahmen des EU-Projekts Hyflexpower.
Kawasaki investiert in Wasserstoff
Für die Japaner waren die Olympischen Spiele 2020 die ursprüngliche Initialzündung. Im Rahmen dieser Aktivitäten lief 2019 bei KHI der erste Wasserstofftanker vom Stapel, und schon 2018 startete eine 1-MW-Testanlage im Hafen von Kobe ein Blockheizkraftwerk, das reinen Wasserstoff verarbeitete. Diese Technik soll jetzt in Lingen von 1 MW auf 34 MW in den industriellen Maßstab hochskaliert werden. Zwei der bereits für Kobe von KHI entwickelten Verbrennungssysteme sollen dabei zum Einsatz kommen.
Das von RWE und KHI in Lingen ist nach Angaben der Unternehmen „eines der ersten weltweit, bei dem eine Gasturbine 100 % Wasserstoff in industriellem Maßstab in Strom umwandelt“. Kawasakis Gasturbine ist multifuel-fähig: Sie könne mit jeder beliebigen Kombination aus Erdgas und Wasserstoff betrieben werden, heißt es. „Das ist unverzichtbar, weil die zur Rückverstromung verfügbare Menge an grünem Gas während des Hochlaufs der Wasserstoffwirtschaft häufig schwanken wird, bevor ein durchgängiger Betrieb damit möglich ist.“
Angefangen bei grünem Wasserstoff fokussiert RWE am Standort Lingen
Beim Zukunftsthema Wasserstoff engagiert sich RWE inzwischen in über 30 Wasserstoffprojekten. Der Standort Lingen spielt in der hauseigenen Wasserstoffstrategie nach Unternehmensangaben „eine Schlüsselrolle“.
So ist geplant, im Rahmen des Projekts GET H2 an der Ems bis 2024 eine erste 100-MW-Elektrolyseanlage zu errichten, die unter Einsatz von Offshore-Windstrom aus der Nordsee grünen Wasserstoff erzeugen wird. Die Kapazität dieser Anlage soll bis 2026 auf 300 MW und bis 2030 auf 2 GW ausgebaut werden. „Ziel des GET-H2-Projekts ist es, … die kritische Masse zu schaffen, die erforderlich ist, um den Aufbau einer überregionalen europäischen Wasserstoffinfrastruktur in Gang zu setzen und einen starken europäischen Wasserstoffmarkt zu entwickeln, so RWE.