Biogas: Große Nachfrage, wenig Zubau
Als Produzent von regionaler Wärme, bedarfsgerechtem Strom, klimafreundlichem Kraftstoff sowie Dünger und CO2 ist Biogas in diesem Jahr in den Fokus gerückt wie lange nicht mehr. Der Stoff bietet vieles von dem, was gerade fehlt. Doch bei den Anlagenherstellern kommt der Boom bislang nicht an, berichtet der Fachverband Biogas heute.
Das Umfeld für die Biogasbranche in Deutschland stimmt derzeit, ihr Produkt ist gefragt. Angesichts dessen, dass hier eine heimische Alternative zu importiertem Erdgas vorhanden ist, kein Wunder. Da gilt es, die Hauptbotschaften des Fachverbands Biogas heute bei der Jahrespressekonferenz mit Zahlen zum Jahr 2021 und einem Ausblick auf dieses Jahr erst einmal einzuordnen: „Ein leichter Zubau in den vergangenen Monaten, weniger Stilllegungen als befürchtet und eine große Nachfrage nach Biogaswärme.“
Der Nachfrageboom bei Biogaswärme ist sicherlich am wenigsten verwunderlich, die Nachfrage nach Biomethan als Alternative zum Erdgas bei den Energieversorgern wächst. Hinzu, so Manuel Maciejczyk, Geschäftsführer beim Fachverband, komme eine rege Nachfrage bei Industriekunden, Krankenhäusern oder Schulen. Unternehmen, die Holz und Holzbrennstoffe mithilfe von Biogas trocknen, würden förmlich „überrannt“.
Keine Wunder also, dass es sehr viele Betreiber von Biogasanlagen gibt, die sich mit dem Thema Biomethan beschäftigen, so der Präsident des Fachverbands, Horst Seide. Biomethan ist aufbereitetes Biogas, das direkt ins Gasnetz eingespeist werden kann. „Jeder, der Biomethaneinspeisung machen kann, sollte sich überlegen, diesen Weg zu gehen“, warb Seide – insofern es technisch möglich sei. Konkret wurden 2021 15,4 TWh Wärme extern über Biogas zur Verfügung gestellt, womit sich, so der Fachverband, ca. 1,31 Mio. Haushalte versorgen ließen. In diesem Jahr rechne man mit 17,44 TWh, die für 1,49 Mio. Haushalte reichen würden, so Maciejczyk.
Das Wachstum bei Biogasanlagen kommt vor allem durch neue Kleinanlagen
Der „leichte Zubau“ bei den Biogasanlagen beziffert sich laut Fachverband im Jahr 2022 wahrscheinlich auf 109 Anlagen, sodass zum Jahresende 9879 Anlagen in Deutschland stehen sollten. Dieser Zubau, so Maciejczyk, setze sich vor allem aus Kleinanlagen zusammen. Das wiederum hat seinen Hintergrund im Erneuerbare-Energien-Gesetz, das vor einiger Zeit so geändert wurde, dass kleinere Anlagen mit einer Leistung von unter 100 kW mit einem Festpreis gefördert werden und nicht in eine Ausschreibung müssen. Dementsprechend wird die Brutto-Stromerzeugung auch kaum zulegen, nämlich von 33,5 TWh im Jahr 2021 auf voraussichtlich 33,6 TWh in diesem Jahr.
„Wir wachsen, zwar auf niedrigem Niveau, aber wir wachsen“, sagte Seide. Die derzeitige Nachfragelage führe dazu, „dass auch Anlagen, die nicht mehr vom EEG gefördert werden, weiter betrieben werden“. Und das wirkt sich wiederum darauf aus, dass die Zahl der stillgelegten Anlagen weniger dramatisch ist, als es der Verband befürchtet hatte, weil auch diese Anlagen noch ins Geld fahren. Insgesamt legt die sogenannte „arbeitsrelevante Leistung“, also die elektrische Leistung von Biogasanlagen, die tatsächlich für die Stromerzeugung aus Biogasanlagen in Deutschland zum Jahresende 2022 zur Verfügung steht, voraussichtlich um 16 MW zu, während der Zubau von flexibler Leistung mit 66 MW deutlich höher sein dürfte. 2021 wurden 35 MW arbeitsrelevanter Leistung zugebaut und sogar 191 MW an flexibler Leistung.
Biogas: Unsicherheit in der Branche über politische Rahmenbedingungen lähmt Investitionswillen
Seide bezeichnete die Lage seiner Branche dennoch als „nicht berauschend“. Man habe zu Beginn der Energiekrise im Frühjahr die Fähigkeiten der Branche in Berlin angeboten, aber erst langsam tue sich was. „In der Branche ist sehr viel Unsicherheit vorhanden.“ Prognosen für 2023 seien kaum möglich, weil die Politik zu lange brauche, um die Bremsen für einen Ausbau zu lösen. „Wir brauchen ein klares Bekenntnis der Politik über das Jahr 2024 hinaus.“
Zusätzlich belastet die Debatte um den Gaspreisdeckel die Betreiber. Zwar sagte die EU, von der es inzwischen konkrete Vorschläge gibt, dass Biogasanlagen ausgenommen seien, aber es bleibe eine Unsicherheit für die Erlössituation. Dennoch ist Seide zum Schluss optimistisch: „Wir haben ein Produkt, was man jetzt braucht. Das Thema Biogas wird mit Sicherheit in den nächsten Jahren mehr Raum einnehmen werden“, ist er sich sicher. Und er ist sich ebenso sicher, dass die politischen Verantwortlichen den Energieträger in Zukunft weiter auf dem Zettel haben werden: „Die Gespräche mit dem Bundeswirtschaftsministerium intensivieren sich.“