Deutschland ohne Russenöl – wie wir das geschafft haben
Russland lieferte noch vor drei Jahren ein Drittel aller Rohölimporte in Deutschland: 34,1 %. 2023 waren es nur noch 0,3 % – ein Erfolg der stringenten Umsetzung der EU-Sanktionen gegen Russland. „Durch die Aufstockung von Bezügen aus anderen Lieferländern und den Aufbau neuer Lieferbeziehungen konnten die bisherigen Einfuhren aus Russland bis Ende 2023 nahezu vollständig ersetzt werden“, analysierte die Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen (AGEB) in ihrer Studie.
Die Maßnahmen der EU hätten erhebliche Auswirkungen auf den internationalen Ölmarkt. „Bemerkenswert ist, dass die durch das Sanktionspaket verursachten deutlichen Lieferrückgänge nicht zu Versorgungsengpässen geführt haben und durch Lieferungen aus anderen Ländern oder Regionen ersetzt werden konnten“, so die AGEB. Allerdings gelte es, wachsam zu sein; Russland versuche die Exporte in die EU durch Lieferungen in andere Länder zu kompensieren.
Wie die EU die Rohölimporte aus Russland sanktioniert
Die Sanktionen der EU zu russischem Rohöl wirken auf mehreren Ebenen:
- Der Europäische Rat verabschiedete im Juni 2022 das sechste Sanktionspaket. Es verbietet Erwerb, Einfuhr oder Transport von Rohöl sowie bestimmter Erdölerzeugnisse auf dem Seeweg aus Russland in die EU. Rund 90 % des bisher gelieferten russischen Rohöls kamen über den Seeweg. Die Sanktionen wirken also darauf, seit Dezember 2022 für Rohöl und seit Februar 2023 für Mineralölprodukte. Auch die Lieferungen über die Pipeline Druschba nach Ostdeutschland sind inzwischen beendet.
- Es gilt in der EU eine Preisobergrenze für Rohöl (60 $/bbl), weniger hochwertige Erdölerzeugnisse (45 $/bbl) und hochwertige Erdölprodukte (100 $/bbl). Sie sollen hohe Preissteigerungen begrenzen und die Einnahmen Russlands aus dem Verkauf von Mineralöl verringern (bbl: Barrel).
- Die EU hat verboten, russisches Rohöl und Erdölerzeugnisse mit EU-Schiffen in Drittländer zu transportieren. Auch die Bereitstellung technischer Hilfe, Vermittlungsdienste, Finanzmittel oder Finanzhilfe verbietet die EU.
Wie Deutschland vom Russenöl losgekommen ist
Deutschland hat vor allem seine Lieferquellen neu geordnet. Dass der inländische Mineralölverbrauch 2023 konjunkturbedingt um rund 5 % auf 88,4 Mio. t zurückging, entlastete die Lage zusätzlich. „Auf längere Sicht ist dagegen vor allem die Ausrichtung auf neue Lieferländer und die veränderte Bedeutung der einzelnen Rohöllieferanten bedeutsam“, betont die AGEB. Die 77,2 Mio. t Rohöl, die Deutschland 2023 importierte, teilen sich wie folgt auf:
- USA: 14,2 Mio. t (18,4 %),
- Norwegen: 13,8 Mio. t (17,9 %),
- Libyen: 8,8 Mio. t (11,4 %),
- Kasachstan: 8,7 Mio. t (11,3 % ),
- Großbritannien: 7,8 Mio. t (10,1 %),
- Irak: 3,6 Mio. t (4,7 %),
- Saudi-Arabien: 2,8 Mio. t (3,6 %),
- Guyana: 2,4 Mio. t (3,1 %),
- Vereinigte Arabische Emirate: 1,8 Mio. t (2,3 %)
- Kanada: 1,3 Mio. t (1,6 %)
Der Ersatz von Öllieferungen aus Russland, bilanzierte die Arbeitsgemeinschaft, habe damit nicht zu neuen einseitigen Abhängigkeiten, sondern zu einer größeren Diversifikation der deutschen Rohölbezüge geführt.
Auch das Problem mit russischem Diesel ist fast gelöst
Deutschland konnte 2023 zwei Drittel seines Dieselbedarfs aus der heimischen Mineralölverarbeitung decken. 2020 stammten noch knapp 41 % des importierten Diesels in Deutschland aus Russland. Hier umzusteuern gelang, allerdings nicht ganz so stringent wie beim Rohöl. „Bei den Importen kamen neue Lieferländer wie Indien und die Vereinigten Arabischen Emirate hinzu. Deutliche Liefererhöhungen gab es bei den Importen aus den USA und Großbritannien“, so die AGEB. Vor allem aber sprangen die Niederlande und Belgien ein. „Da beide Länder als EU-Mitglieder den Sanktionsvorschriften unterliegen, dürften die Mengen direkt oder indirekt aus nicht russischen Quellen stammen“, so die Studie. Ähnliches gelte auch für Dieselimporte aus Schweden, Großbritannien und den USA.