Energiepolitik
21. Apr 2022
Von Heinz Wraneschitz
Lesezeit: ca. 5 Minuten
EEG: Kleinere Wasserkraftwerke stehen vor dem Aus
Das sogenannte Osterpaket bringt die Wasserkraftbranche auf die Barrikaden. Sie fühlt sich zu Unrecht ausgebootet und abgehängt.
Für weite Bereiche der Ökoenergieszene lagen sehr positive Überraschungen im sogenannten Osterpaket der Bundesregierung, also der geplanten Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2023. Doch für die kleine Wasserkraft hatten die Koalitionsparteien so etwas wie das Ferrero-Überraschungsei im Paket versteckt. Das Ü-Ei wurde bekanntlich dieser Tage als ungenießbar aus dem Handel genommen. Aber ob auch die Ampelkoalition das im EEG-Entwurf geplante Aus von Kleinwasserkraftwerken wieder aus dem Gesetzestext entfernt wie Ferrero die Eier aus dem Handel? Das scheint mehr als fraglich.
Größte EEG-Novelle seit zehn Jahren
Die Wasserkraftverbände kamen sich wohl vor wie Brutvögel, denen der Kuckuck im unbeobachteten Moment ein falsches Ei ins Nest gelegt hat. Zur „größten EEG-Novelle seit zehn Jahren, blumig als Osterpaket bezeichnet, gab es im März einen Referentenentwurf mit nachfolgender Verbändeanhörung“, zeichnete die Leipziger Fachanwältin Manuela Herms in einer Onlinepressekonferenz am Gründonnerstag den Weg des EEG-Entwurfs nach. Am 6. April gab die Regierung den daraufhin geänderten Entwurf an den Bundestag zur parlamentarischen Beratung weiter. „Das Förderende für kleine Wasserkraft – das stand nicht im Referentenentwurf“, erklärte Herms und machte damit die Erschütterung verständlich, die seither bei den Betreibern spürbar ist. Und gegen die sich Energieverbände in Bund und Ländern wehren.
Die Aufregung scheint begründet, wenn Recht würde, was uns eine Sprecherin des für Energie zuständigen Bundeswirtschaftsministeriums bestätigt: „Die Förderung für modernisierte und neue Wasserkraftanlagen bis zu 500 kW wird ausgeschlossen.“ Künftig werde das Wasserhaushaltsgesetz (WHG) die Stromproduktion aus Wasserkraft mitbestimmen, die sei dann „an die Einhaltung der §§ 33 bis 35 WHG gekoppelt“.
Historische Wasserkraftnutzung im Wipperkotten an der Wupper in Solingen: Das große Fachwerkhaus im Hintergrund ist der Wipperkotten in Solingen. Der Fluss im Vordergrund, die Wupper, liefert seit über 400 Jahren über ein Wasserrad die Energie für die im Kotten betriebene Messerfertigung. Es ist ein majestätischer Anblick, wenn das mächtige Wasserrad in der Welle der Schleiferei Wipperkotten seine Runden dreht. Mit dem Kabinettsentwurf der Bundesregierung zum Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) steht die kleine und mittelgroße Wasserkraft mit bis zu 500 kW Leistung vor dem Aus. Der Landesverband Erneuerbare Energien (LEE) NRW bezeichnet die Novelle als für die Wasserkraft „völlig fehlgeleitet“.
Foto: Philipp Hawlitzky
In der alten Messerfabrik Friedenthal an der Bröl in Nümbrecht im Bergischen Land wird seit 30 Jahren Wasserkraft genutzt. Seit der Sanierung und Modernisierung der Anlage im Jahr 2010 versorgt die Mühle nach eigenen Angaben bis zu 50 Haushalte mit „grünem“ Strom aus erneuerbarer Energie.
Foto: Philipp Hawlitzky
Das Wasserkraftwerk Rhede-Krechting mit 240 kW Leistung. Die von Natur betriebene Anlage nutzt die Bocholter Aa. „Diese natürliche und saubere Energie machen sich die Stadtwerke Rhede GmbH mit modernen Wasserkraftwerken zunutze. Jährlich werden so ca. 500 MWh Strom erzeugt, eine Menge, mit der sich der Strombedarf von gut 200 Haushalten decken lässt", heißt es. Das sind genau jene Anlagen, für die die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes keine Förderung mehr vorsieht. Reiner Priggen, Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW, dazu: „Sollte es im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren nicht gelingen, diese Änderungen rückgängig zu machen, droht der kleineren Wasserkraft hierzulande mittelfristig das Aus.“
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