Biomasse 09. Mai 2014 Dierk Jensen Lesezeit: ca. 3 Minuten

Effizienzsteigerung im Fermenter

Die Idee ist nicht neu, aber beflügelt die Fantasie: Mithilfe von speziellen Mikroben soll aus Wasserstoff und Kohlendioxid speicherbares Methan (Erdgas) erzeugt werden. Die Ansätze in der Branche sind vielfältig, als größtes Marktzugangshemmnis gilt der Strompreis für die Bereitstellung des Wasserstoffs

Es ist mehr Effizienz drin: Der Prozess Biomasse (im Vordergrund) zu Biogas (Fermenter im Hintergrund) birgt noch Potenzial, mehr nutzbare Energie bereitzustellen.
Foto: Dierk Jensen

Es herrscht schlechte Stimmung in der Biogasbranche. Sehr schlechte Stimmung, denn das Bundeskabinett will mit seinem Anfang April verabschiedeten Entwurf zur Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) die Vergütung für Strom aus Biogasanlagen drastisch kürzen.

„Die Existenz Hunderter Biogasanlagenbetreiber ist gefährdet“, meldete der Fachverband Biogas, der 5000 Mitglieder zählt, kürzlich. Viele Branchenkenner interpretieren die neuen EEG-Regelungen sogar so, dass damit eine Energiewende eingeläutet werde, die langfristig ohne den Einsatz von Biogas aus Energiepflanzen auskommen soll.

„Die Aufbereitung von Biogas zu Biomethan und dessen Einspeisung ins Erdgasnetz wird mit dem Entwurf des neuen EEG praktisch abgeschafft“, meint Benjamin Görges von der CarboTech AC GmbH in Essen, die Absorptionstechnologien für die Biogasbranche herstellt.

Unterdessen heißt es aus den Reihen der Großen Koalition, Biogas sei zu teuer, zu ineffizient. Dabei hat die Produktion von Biogas, die im größeren Maßstab überhaupt erst seit knapp 20 Jahren praktiziert wird, eine bemerkenswerte Lernkurve durchschritten. Und zwar in allen Bereichen: im Anlagenbau, bei den Gasmotoren, der Fermenterbiologie und in der gesamten Verfahrenstechnik.

Zudem stehen jetzt neue Verfahrensansätze im Raum, die der Biogasgewinnung ein neue Effizienzdimension bescheren könnten: So soll das im Biogas enthaltende Kohlendioxid (bis zu 50 %) nicht mehr ungenutzt emittiert werden, sondern mithilfe von Wasserstoff zu Methan umgeformt werden.

Die Idee beruht auf einem chemischen Verfahren, dass der französische Chemiker Paul Sabatier vor über 100 Jahren entwickelte und wofür er im Jahre 1912 den Nobelpreis in Chemie erhielt. Doch setzte sich sein „Sabatier-Prozess“ nicht durch, weil Steinkohle und Erdöl als ausreichend vorhanden galten.

Heute greifen Unternehmen wie die Etogas GmbH, GP Joule, Enertrag und andere auf die Erkenntnisse von Sabatier zurück. Unter dem Titel „Power-to-Gas“ wollen sie aus überschüssigem Ökostrom Wasserstoff erzeugen und daraus zusammen mit Kohlendioxid am Ende speicherbares Methan (Erdgas) herstellen.

Ähnliches intendiert auch der Österreicher Alexander Krajete, allerdings bedient sich der Chemiker der Biologie. Er greift auf Archaeen zurück, Urmikroben, die als einzige Lebewesen auf dem Globus aus Kohlendioxid und Wasserstoff Methan bilden können.

Krajetes Verfahren klingt im ersten Moment nach fremdem Zauber, doch ist der Ansatz bei näherer Betrachtung einleuchtend. Sind doch Verwandte der Urmikroben auch im Magen einer Kuh oder in den Fermentern von Biogasanlagen aktiv und erzeugen aus Vergorenem Methan.

Der einzige Unterschied: Sie holen den Kohlenstoff aus der Biomasse, während die im österreichischen Linz ansässige Krajete GmbH ihre Archaeen mit Gasen füttert. Entweder mit einem Gemisch aus Kohlendioxid und Wasserstoff oder direkt mit Biogas und Wasserstoff.

Der Chemiker erklärt, dass sein Reaktor nur Wasser enthalte, ohne große Drücke auskomme und überdies moderate Prozesstemperaturen von 50 °C bis maximal 100 °C erfordere. „Wir veredeln mit unserem Verfahren das Biogas direkt zu Erdgas und erhöhen den Wirkungsgrad der Biogasanlagen auf ungefähr 81 %.“

Krajete bezieht sich dabei auf die biologische Methanisierungsstufe. Etwa 80 % Wirkungsgrad erzielt auch der Mitwettbewerber MicrobEnergy. Die mit herkömmlichen Biogasanlagen erreichbaren Wirkungsgrade liegen nur zwischen 50 % bis 60 %.

Dabei ist Krajete bei Weitem nicht der einzige Akteur, der sich mit der biologischen Synthese von Kohlendioxid und Wasserstoff beschäftigt. Die MicrobEnergy GmbH, eine Tochtergesellschaft der Viessmann Werke GmbH & Co. KG, arbeitet seit vielen Jahren genau an diesem Thema.

Allerdings verfolgt die Biogassparte von Viessman darüber hinaus noch einen anderen verfahrenstechnischen Ansatz. Projektleiter Thomas Heller will den Wasserstoff neben dem Einsatz im separaten Reaktor auch direkt in den Fermenter einführen. Noch im Laufe des Jahres soll das Verfahren in der Biogasanlage in Allendorf, direkt am Hauptstandort von Viessmann, installiert werden.

Darüber hinaus versucht das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt iC4 (integrated Carbon Capture, Conversion und Cycling), Kohlendioxid für die geplante Energiewende nutzbar zu machen. Unter der Federführung von Bernhard Rieger, Inhaber des Lehrstuhls für Makromolekulare Chemie an der Technischen Universität München, forschen die Großkonzerne Clariant, E.on, Linde, Man Diesel & Turbo, Siemens und Wacker an der chemischen Abtrennung von Kohlendioxid aus Erdgas und Biogas, aber auch aus Industrieabgasen.

Hingegen fokussieren Microb-Energy, Krajete & Co. ihre Forschung auf das Kohlendioxid im dezentral erzeugten Biogas. Zwar hat Alexander Krajete vier Patente dazu angemeldet, doch muss er noch viel Überzeugungsarbeit leisten, bevor eine erste praxistaugliche Anlage an den Start geht. Dennoch gibt er sich weiterhin optimistisch und spricht vom baldigen Bau einer Demonstrationsanlage. Wann und wo sie gebaut wird, bleibt allerdings sein Geheimnis.

Nicht die marinen Mikroben, die sehr anpassungsfähig sind und deren Produktion in vielen Forschungslaboren bereits gängige Praxis ist, stellen das ökonomische Nadelöhr bei der Umwandlung des Kohlendioxids dar. Entscheidend ist die Frage, zu welchem Preis der Wasserstoff bereitgestellt werden kann.

Bisher sind alle Projekte am Faktor Stromkosten für die Wasserstoffproduktion gescheitert, räumt auch Krajete ein. Sicher ist nur: Wenn sein oder ein vergleichbares Verfahren der Wettbewerber auch für Biogasanlagen in der Größenordnung von 50 kW bis zu 1 MW wirtschaftlich und technisch darstellbar sein wird, dann würde die dezentrale Idee der derzeit arg ins Kreuzfeuer geratenen Biogasproduktion einen neuen Schub erhalten.

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