Klimapolitik 23. Jun 2022 Von Thomas A. Friedrich Lesezeit: ca. 4 Minuten

Emissionshandel: CDU-Politiker Peter Liese bringt das EU-Parlament bei der Klimapolitik wieder zurück in die Spur

Im zweiten Anlauf verständigte sich das Europaparlament auf tragbare Kompromisse zur Reform des Emissionshandels. Verkehrssektor und Gebäude werden nur im gewerblichen Bereich einbezogen. Eine CO2-Grenzabgabe kommt ab 2027.

Geld bezahlen für den Ausstoß von CO2: Im zweiten Anlauf verständigte sich gestern das Europaparlament auf tragbare Kompromisse zur Reform des Emissionshandels. Verkehrssektor und Gebäude werden nur im gewerblichen Bereich einbezogen. Eine CO2-Grenzabgabe kommt ab 2027. Zu verdanken ist der Kompromiss nach einer Abstrimmungsniederlage unter anderem Peter Liese, dem Berichterstatter des Parlaments.
Foto: panthermedia.net/ Hans-Joachim Bechheim

Peter Liese, Sohn eines Bäckermeisters und selbst Kinderarzt aus dem südwestfälischen Olsberg, hat in Brüssel als Berichterstatter für die Reform des Emissionshandels im Europäischen Parlament Geschichte geschrieben. Der CDU-Europaabgeordnete musste nach einjährigen zähen Verhandlungen mit den Grünen, der liberalen Fraktion sowie den Sozialdemokraten und der eigenen Parteienfamilie, den Europäischen Volksparteien (EVP), Anfang Juni seine wohl bitterste Niederlage im EU-Parlament einstecken.

Klimagesetze fallen im EU-Parlament durch

Sein in vielen Nachtsitzungen mit Schattenberichterstattern aller Fraktionen austariertes Kompromisspaket um die Ausweitung des Emissionshandels auf Verkehr- und Gebäudebereich, die Einführung einer Grenzausgleichssteuer (CO2-Grenzabgabe) für energieintensive europäische Industrieunternehmen sowie die Einführung eines Klimasozialfonds für sozial Benachteiligte fiel in der Abstimmung im Plenum des EU-Parlaments in Straßburg krachend durch.

Aber zwei Wochen später konnte er gestern Vollzug melden: Mit der satten Mehrheit von 439 gegen 157 Stimmen (bei 32 Enthaltungen) beschloss das EU-Parlament einen Kompromissvorschlag, den er in den letzten beiden Wochen verhandelt hatte. Danach soll der CO2-Ausstoß für Industrie und Gewerbe schneller teurer werden als zunächst von der EU-Kommission für den Zertifikatehandel vorgeschlagen. 

Dem Osterpaket fehlt die Verbindung zu Europa

Der sonst so gefasste und auf Ausgleich bedachte 57-jährige CDU-Europaabgeordnete verstand nach der Abstimmungsniederlage vor zwei Wochen die Parlamentswelt nicht mehr. Mit zitternder Stimme sprach er von „einer Schande für das Hohe Haus“. Der seit 28 Jahren dem EU-Parlament angehörende Politiker stand vor dem Scherbenhaufen seiner Arbeit als federführender Berichterstatter.

Um den mit seinem Namen verknüpften Bericht nicht gänzlich zu versenken, zog er gleich nach der Abstimmungsniederlage um den Emissionshandel die beiden verknüpften Dossiers zu CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und Klimasozialfonds vor der Abstimmung zurück und beantragte die Zurücküberweisung an den federführenden Umweltausschusses. Die Nachverhandlungen mit den um Details ringenden anderen Fraktionskolleginnen und -kollegen waren am gestrigen Mittwoch dann im zweiten Anlauf erfolgreich.

Liese gelang binnen zwei Wochen eine Lösung für die Reform des Emissionshandels

Seit gestern steht Liese nicht länger als Loser da, sondern darf für sich in Anspruch nehmen, in Rekordzeit von unter 14 Tagen die komplexe Materie zu einem parteiübergreifenden tragfähigen Kompromiss geführt zu haben. Warum nicht gleich so? Grüne und Sozialdemokraten stimmten seinem Bericht zur Verschärfung des EU-ETS (European Union Emissions Trading System) mit großer Mehrheit zu. Begründung: Der Vorschlag sei jetzt im Gegensatz zur Abstimmung vor zwei Wochen mit dem 1,5-Grad-Ziel kompatibel. „Das ist, ehrlich gesagt, grober Unfug“, twitterte Liese wenige Minuten nach der Abstimmung am Mittwoch.

Peter Liese bei einer Pressekonferenz zum Thema „Fit for 55“, dem EU-Klimaschutzprogramm im Europäischen Parlament. Dem CDU-Europaabgeordneten gelang ein Kompromiss zur Zukunft des EU-Emissionshandels. Sein erster Vorschlag war vor zwei Wochen im Parlament gescheitert. Foto: imago images/Future Image/D. Anoraganingrum

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