Energiewende: Spanischer Investor Asterion übernimmt Steag
Der Essener Energiekonzern Steag geht für 2,6 Mrd. € an die spanische Investorengruppe Asterion. Eine Einordnung.
Ende letzter Woche wurde es offiziell. Die spanische Beteiligungsgesellschaft Asterion Industrial Partners übernimmt für ca. 2,6 Mrd. € das Energieunternehmen Steag aus Essen. Die Steag GmbH war mal Deutschlands größter Stromerzeuger, derzeit immer noch auf Platz fünf. Zu Beginn dieses Jahres teilte sich das Unternehmen in den klassischen Steinkohlen-Kraftwerksbetreiber Steag Power und den Energiewende- und Wachstumsbereich Iqony auf. Das erinnert an die Aufspaltung des ebenfalls in Essen ansässigen RWE-Konzerns, der 2008 einen Ökoenergiezweig namens Innogy gründete, 2016 schließlich outsourcte, die Ökostromkraftwerke aber inzwischen über den 2018 eingefädelten Deal mit Eon wieder im Portfolio hat.
Dekarbonisierung der deutschen Industrie steckt erst in den Anfängen
„Asterion will Steag als Ganzes zu einem nachhaltigen Energieversorger entwickeln“, heißt es in der Mitteilung der Investorengruppe. Geplant sei, „den Geschäftsbereich Iqony durch Investitionen in grüne Technologien wie Solar- und Windenenergie, aber auch in Fernwärme und Strom erheblich auszubauen“.
Die aktuellen Eigentümer, das Konsortium Kommunale Beteiligungsgesellschaft (KSBG), ein Stadtwerkekonsortium, das Stadtwerke in den Ruhrgebietsstädten Dortmund, Duisburg, Bochum, Essen, Oberhausen und Dinslaken vertritt, hatte sich 2021 entschieden, den 2011 erworbenen Steag-Konzern nach einer Sanierungsphase wieder zu verkaufen. Die weiterhin notwendigen Investitionen wären zum damaligen Zeitpunkt absehbar nicht zu stemmen gewesen. Der doppelte Kohleausstieg bei Förderung und Verstromung trieb Steag in die roten Zahlen. 2020 standen die Essener 170 Mio. € in der Kreide. 485 Mio. € Nettoverschuldung standen unterm Strich. Die Stadtwerke des ohnehin klammen Ruhrgebiets mussten Zuschüsse bereitstellen. Zwar gab es 2021 wieder einen Gewinn von 307 Mio. € und 2022 sogar von 1,9 Mrd. €, aber die Betreibergesellschaft zog die Notbremse.
Steag soll die Energiewende unter neuer Führung schnell umsetzen
Der Käufer übernimmt nach eigenen Worten ein lohnendes Objekt. „Unser Unternehmen steht voll hinter der Energie- und Wärmewende“, so Asterion-Chef Jesús Olmos laut Mitteilung. Steag sei optimal aufgestellt, um in Deutschland und Europa einen maßgeblichen Beitrag zur Umstellung auf saubere, wettbewerbsfähige und zuverlässige Energieträger wie Solar- und Windenergie zu leisten.
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Was wohl dem bisherigen Betreiberkonsortium wichtig war, ist folgendes Bekenntnis der spanischen Gruppe. „Asterion will Steag als Ganzes zu einem nachhaltigen Energieversorger entwickeln.“ Der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) unter ihrem Vorsitzenden Michael Vassiliadis war es wichtig, das Unternehmen im Sinne der Beschäftigen zu erhalten und nicht zerschlagen zu wissen. Das aber hätte eventuell gedroht, wenn andere Bieter in dem mehrmonatigen Verfahren zum Zuge gekommen wären. Favorisiert war eigentlich der tschechische Unternehmer Daniel Kretínský mit seinem Konzern EPH, zusammen mit der RAG-Stiftung. Der schwedische Investor EQT und die US-amerikanische KKR waren vorher schon ausgestiegen. Und die Stimme der IG BCE und der Belegschaft gilt noch etwas im Ruhrgebiet.
Wer ist der neue Steag-Eigner „Asterion“?
„Unser Unternehmen steht voll hinter der Energie- und Wärmewende“, erklärte Asterion-Chef Jesús Olmos laut der Mitteilung. Der kennt sich als Ex-Chef des spanischen Versorgers Endesa (heute Eon) im Energiesektor aus. Asterion werde das Ziel von Steag, bis 2040 klimaneutral zu werden, weiter unterstützen. Iqony solle durch Investitionen in grüne Technologien und Energieträger wie Wasserstoff, Batteriespeicher, Solar- und Windenergie sowie Fernwärme erheblich ausgebaut werden. „Dadurch sollen neue, grüne Arbeitsplätze geschaffen und die Beschäftigung – vor allem im Ruhrgebiet und Saarland – gefördert werden.“ Sitz von Steag bleibt Essen, auch das Management bleibt.
Das hört sich gut an. Ob alles dauerhaft so bleibt, dafür dürfte niemand die Hand ins Feuer legen wollen. Fest steht, dass Asterion im europäischen Energiemarkt etabliert ist – in Spanien, Italien, Frankreich und Großbritannien. Steag ist das Entree in den deutschen Markt. 5 Mrd. € verwaltet die Gruppe. Zum Portfolio gehört viel mehr als regenerative Energie, sondern ebenso Glasfaserunternehmen, andere Betreiber fossil befeuerter Kraftwerke, Energiedienstleistungen bis hin zu Rechenzentren.
Die Wette, die Asterion bei der Übernahme von Steag eingeht, ist die, dass sich die Fähigkeit zur Versorgungssicherheit auszahlt. Steag hatte in der Russlandkrise jetzt gut verdient, weil die alten, teils eingemotteten Steinkohleblöcke wieder gut verdient haben. Gelingt es, den bestehenden Kraftwerkspark auf wasserstofffähige Gaskraftwerke umzuswitchen, hat Steag unter diesem neuen Eigner auch in Zukunft eine Perspektive – als ganzes Unternehmen.