Eon macht Ernst beim Wasserstoff
Während alle davon reden, wie wir möglichst schnell weniger Gas aus Russland und generell weniger Gas verbrauchen können, nimmt die Entwicklung für eine langfristige Ablösung Fahrt auf: Wasserstoff. Klimaneutral erzeugter, grüner Wasserstoff kann uns nicht kurzfristig helfen, aber auf Dauer trägt er zur gewollten diversifizierten Energieversorgung bei und erhöht die Resilienz gegenüber Krisen.
Sowohl im Forschungs- und Entwicklungs- als auch im Marktbereich werden derzeit auf dem Weg in die Wasserstoffwirtschaft wichtige Weichen gestellt.
Eon setzt auf grünen Wasserstoff aus Australien
So teilte Eon am Dienstag mit, grünen Wasserstoff aus Australien in großem Stil vermarkten zu wollen. Zusammen mit dem australischen Unternehmen Fortescue Future Industries (FFI) will der Essener Energiekonzern bis 2030 bis zu 5 Mio. t jährlich an grünem Wasserstoff nach Europa bringen. Das ist ein Drittel des gesamten Wasserstoffportfolios, das FFI nach eigenen Angaben bis 2030 aufbauen will. Der erste Wasserstoff aus Down Under soll in Europa demnach 2024 eintreffen. Eon und FFI unterzeichneten zunächst eine entsprechende Absichtserklärung. Als weiter Schritt sollen Machbarkeitsstudien folgen. FFI ist Teil des australischen Bergbaukonzerns Fortescue Metals Group.
Eon hat dabei vor allem die Industrie im Blick. Gerade wird deutlich, wie intensiv die deutsche Industrie vom Energieträger Gas für wärmeintensive Prozesse abhängig ist. Längst nicht alle lassen sich auf Strom umstellen. Die Energiedichte von Wasserstoff beträgt 33,3 kWh/kg. 5 Mio. t Wasserstoff können entsprechend 166,6 TWh bereitstellen. Zum Vergleich: Laut Branchenverband Zukunft Gas benötigt allein die chemische Industrie jährlich 120 TWh auf Gasbasis. Das macht die Ambition und Größe des Eon-Projekts deutlich.
Wasserstoff: Weltweit erster Betriebsversuch im Gaskraftwerk in öffentlicher Produktion geplant
Eon setzt bei Wasserstoff auf den Standort Wilhelmshaven
Tags darauf gab Eon bekannt, mit dem Start-up Tree Energy Solutions (TES) eine strategische Partnerschaft einzugehen, um in großem Umfang grünen Wasserstoff nach Deutschland zu importieren. Man suche „gemeinsame Vorhaben entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette“. Ziel ist eine sichere Grundlage für die langfristige Versorgung mit grünem Wasserstoff.
Kern ist dabei der Standort Wilhelmshaven. Dort soll zukünftig Wasserstoff großem Stil anlanden und zwar in Form von Methan (CH4), das aus grünem Wasserstoff synthetisiert wurde. TES ist kein einfaches Start-up, sondern ein im Herbst 2021 von der Stadt und der belgischen Atlas Invest aufgesetztes Unternehmen, das in Wilhelmshaven ein grünes Energy-Hub etablieren soll. Die Anlage werde ein Anlieferungsterminal, Speicheranlagen und ein sauberes, emissionsfreies Oxyfuel-Kraftwerk umfassen. „Der Aufbau einer funktionierenden Wasserstoffwirtschaft muss in Deutschland und Europa höchste Priorität haben“, betont Patrick Lammers, COO bei Eon.
Wasserstoff: Kooperation der Spitzenforschung für die Elektrolyseurentwicklung
Eine Zusammenarbeit haben auch das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) vereinbart, um die Entwicklung leistungsfähiger und konkurrenzfähiger Elektrolyseure für die Wasserstoffgewinnung voranzutreiben. „Für den Markthochlauf von Elektrolyseuren müssen Test- und Prüfkapazitäten sowie Beratungsangebote für die Industrie auf Hersteller- und Anwenderseite geschaffen werden“, teilten beide Forschungseinrichtungen gestern mit.
„ElyLab“ heißt das nach Angabe von ZSW und DLR erste technologieübergreifende Test- und Innovationszentrum für die Wasserelektrolyse in Deutschland. Beide bündeln darin ihre Kompetenzen in diesem Sektor. „Bisher fehlen in der Elektrolysetechnologie allgemein akzeptierte beschleunigte Alterungsverfahren und es existiert wenig Erfahrung in der neutralen Bewertung von Elektrolyseuren“, erläutert Andreas Friedrich, Abteilungsleiter Elektrochemische Energietechnik am DLR, die technischen Aufgaben des Zentrums.
Auf dem Weg zum Wasserstoffkraftwerk
Siemens setzt bei Elektrolyseuren auf den Standort Berlin
Der Münchner Siemens-Konzern will nach eigenen Angaben seine Elektrolyseuraktivitäten am Traditionsstandort Huttenstraße in Moabit konzentrieren, an dem seit Jahrzehnten bis heute Gasturbinen für Kraftwerke gefertigt werden. Ab kommendem Jahr würden dort in industriellem Maßstab Elektrolysemodule auf Basis von PEM-Elektrolyse (Proton Exchange Membrane) hergestellt. Damit bringe man „das Herzstück der Wasserstofftechnologie in die Hauptstadt“, heißt es heute in einer Mitteilung. Siemens will dort in einer vorhandenen Halle auf rund 2000 m2 für rund 30 Mio. € eine neue Fertigungslinien errichten.