Kommentar 30. Jun 2022 Von Stephan W. Eder Lesezeit: ca. 3 Minuten

Gas: Die Brückentechnologie für die Energiewende ist in Gefahr

Die modernen Gas- und Dampfturbienenkraftwerke Irsching 4 und 5 von Uniper sind zwar hocheffizient und flexibel, könnten aber im Rahmen der Maßnahmen des Notfallplans Gas aus dem Verkehr gezogen werden.
Foto: Heinz Wraneschitz bildtext.de

Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck hat letzte Woche Donnerstag die zweite Eskalationsstufe des Notfallplans Gas ausgerufen, die Alarmstufe. Die Alarmglocken klingeln denn auch bei den Betreibern ganz besonderer Gasverbraucher: der Gaskraftwerke. Vor allem solcher, die nicht in Kraft-Wärme-Kopplung laufen (also neben Strom auch Wärme bereitstellen), sondern für die hocheffiziente und flexible Stromerzeugung zum Teil vor noch gar nicht allzu langer Zeit gebaut wurde.

Was heißt das für die Betreiber dieser Gaskraftwerke? Noch nichts, vielleicht aber bald. Denn die Bundesregierung brachte ein Maßnahmenpaket unter dem schönen Namen „Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz“ ins Parlament ein. Es soll Anfang Juli verabschiedet werden. De facto geht es um Ermächtigungen durch Änderungen im Energiewirtschaftsgesetz. Der geänderte § 50f erlaubt der Bundesregierung nach Ausrufung der Alarmstufe (!) oder der Notfallstufe die Stromerzeugung aus Erdgas zu verringern oder komplett zu stoppen – bis zu sechs Monate.

Für Betreiber moderner Gaskraftwerk ist die Situation ein Déjà-vu

Schon einmal waren Gaskraftwerke hoch begehrt, nämlich zu Beginn der 2000er Jahre. Schon damals ein Versprechen für die Zukunft, um unflexible Altkraftwerke, vor allem mit Kohle befeuerte, abzulösen. Damals wurden die Anlagen gebaut, um die es heute geht. Aber dann kam der Aufschwung des Stroms aus erneuerbaren Energien, verbunden mit dem Einspeisevorrang. Und weil Strom aus Gas teurer ist als der aus Kohle, schlitterten Kraftwerke aufgrund des Merit-Order-Effekts (s. Kasten) in eine veritable Krise, etwa das in Hamm-Uentrop oder von Statkraft in Hürth-Knapsack. Stilllegungen waren teilweise geplant. Helfen mussten sich die Betreiber auch damals schon vor allem selbst. Und jetzt?

Hier wird dann verständlich, warum ein Gaskraftwerksbetreiber wie Trianel-Chef Sven Becker von einem „Ausstieg aus der Gasverstromung durch die Hintertür“ redet. Entschädigungszahlungen? Bisher nicht vorgesehen. Das könnte also wirtschaftlich eng werden für einen Kraftwerksbetreiber. Dabei ereiferte sich Becker quasi stellvertretend für die 27 Eigner. Diese sind in der Regel Stadtwerke, die an der Betreibergesellschaft beteiligt sind, der Trianel Gaskraftwerk Hamm GmbH & Co. KG.

Ist Erdgas die Zukunft?

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