Geothermie, Energiewende aus der Tiefe
Im Boden schlummern große Reserven für die Wärmeversorgung, die bislang kaum genutzt werden. Da die Zeit drängt, könnte die Geothermie bald ihre große zweite Chance bekommen.
Bislang gilt der Wärmesektor – also die Beheizung von Gebäuden und die Erzeugung von Prozesswärme für die Industrie – als sträflich vernachlässigt bei der Umstellung auf erneuerbare Energien. Wärmepumpen heutiger Technologie haben hier effizienzbedingt enge Grenzen. Wenn die Landschaft unter einer dicken Schneedecke liegt, benötigen Wärmepumpen viel Strom, um aus der kalten Winterluft die benötigte Vorlauftemperatur für den Heizkreislauf eines Hauses zu erreichen.
Vor allem bei älteren Bestandsbauten in den Städten dürften Wärmepumpen kaum ein Weg hin zu der Zielgröße sein, bis 2030 die Hälfte des Wärmebedarfes aus erneuerbaren Quellen zu decken. Bisher sind es im Wärmebereich, der mit 56 % des Primärenergieverbrauches weitaus größer als der Stromsektor ist, lediglich 15 %, die erneuerbar gedeckt werden. Und die kommen trotz vieler Wärmepumpen für gut gedämmte Neubauten noch immer vor allem aus Biomasse. Einen Ausweg könnte aber die Geothermie liefern. Sie wurde immer wieder mal hofiert, schaffte aber bisher nicht den großen Sprung über den Status einer Nischentechnologie hinaus. Das könnte sich ändern.
Geothermie könnte ein Viertel der benötigten Wärme in Deutschland bereitstellen
Bislang wird jedoch nur in wenigen Einzelfällen das natürliche Wärmepotenzial im Boden genutzt. Rolf Bracke, Leiter der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG), sieht hier ein technisch nutzbares Potenzial von mindestens 25 % des Wärmebedarfs von Deutschland. Die Wärme liegt ohne jahreszeitliche Schwankungen an, ist zu günstigen Preisen zu haben und das – sofern die politischen Weichen unverzüglich gestellt werden – bereits zum größten Teil bis 2030.
Doch derzeit dreht sich in Deutschland die öffentliche Debatte mehr um Wind und Sonne als um diesen regenerierbaren Energieträger. Nur 42 Anlagen mit 359 MW Leistung zur Nutzung der Tiefengeothermie sind derzeit in Betrieb oder im Bau. Bracke hat daher zusammen mit zahlreichen anderen Akteuren aus Forschung und Praxis eine umfassende Potenzialstudie auf den Tisch gelegt und – inklusive Handlungsempfehlungen an die Politik – eine konkrete Roadmap vorgestellt.
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