Deutschlands größte Solaranlage auf einem Baggersee eingeweiht
Im Ländle befindet sich die derzeit größte schwimmende Photovoltaikanlage auf einem Baggersee in Deutschland. Floating PV ist ein Trend mit enormem Potenzial.
Es ist immer ein Rennen um den richtigen Zeitpunkt, wenn Rekorde vermeldet werden sollen: So weihte heute Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Floating-PV-Anlage auf dem Philippsee in Bad Schönborn ein. Es ist die nach Angaben des Projektentwicklers Nexentury aus Starnberg mit fast 9 ha Fläche und 14,98 MW Nennleistung derzeit größte und leistungsstärkste schwimmende Photovoltaikanlage auf einem Baggersee in Deutschland und eine der größten Floating-PV-Anlagen in Deutschland überhaupt. Seit dem 1. August produzierten die Solarmodule Strom, erst einmal für das anliegende Kieswerk, der Überschuss geht ins öffentliche Netz.
Und die nächsten Anlagen – und damit die nächsten Rekorde – werden kommen, denn Deutschland steht beim Bau von Floating PV noch recht am Anfang. So ist auf dem Cottbuser Ostsee – einem gefluteten Braunkohletagebau in der Lausitz – eine Anlage mit 29 MW geplant; die Montage läuft seit Mai. Eine Studie des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) aus dem Juli bezifferte das wirtschaftlich-praktisch erschließbare Floating-PV-Potenzial für Deutschland auf 1,8 GW Nennleistung bei einer Südausrichtung der Solarmodule und auf 2,5 GW bei einer Ost-West-Ausrichtung, wie sie jetzt auf dem Philippsee umgesetzt wurde.
In Deutschland gebe es laut Fraunhofer ISE 6043 künstliche Seen mit einer Größe von mindestens 1 ha, die gemeinsam eine Fläche von über 90.000 ha bilden. Die meisten von ihnen liegen in Sachsen und Baden-Württemberg, bei etwa 70 % handelt es sich um Kiesgruben; daneben untersuchte die Studie Stauseen, Rückhaltebecken, Talsperren und Bergbauseen.
Die Anlage auf dem Philippsee bedeckt bis zu 15 % der künstlichen Wasserfläche, die durch den Kiesabbau entstanden ist. Schwimmende Photovoltaikanlagen werden – wie auch die Agri-PV – zu den innovativen Photovoltaiktechnologien gezählt, die es neben den üblichen Dach- und Freiflächenanlagen gibt. Diese Konzepte zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass es neben der Solarstromerzeugung einen weiteren Zusatznutzen gibt und neue Flächenpotenziale erschlossen werden. So entlastet Floating PV zum Beispiel den derzeitigen Druck auf landwirtschaftliche und andere größere Freiflächen, in reine Freiflächen-PV-Parks umgewidmet zu werden. Floating PV nutzt die kühlende Wirkung des Wassers, um die Effizienz der Solarmodule zu steigern; auch die schwimmenden Trafos lassen sich mit dem Seewasser kühlen. Darüber hinaus verringern Floating-PV-Anlagen die Wasserverdunstung.
Bei Floating-PV machen die Niederlande Deutschland vor, wie es gehen kann
Das Philippsee-Projekt ist Teil einer größeren Initiative, Deutschland auf dem Weg zur Klimaneutralität zu unterstützen und gleichzeitig innovative Technologien zur nachhaltigen Energiegewinnung zu fördern. In den letzten Jahren ist daher die Förderung von Floating PV auch in Deutschland in Schwung gekommen. In den benachbarten Niederlanden sind bereits 2020 Anlagen dieser Größenordnung in Betrieb gegangen, weil es frühzeitig dort ein entsprechendes Förderregime gab.
Die Installation der PV-Module erfolgt in Ost-West-Ausrichtung auf einem Stahlrahmen, der mithilfe von HDPE-Pontons schwimmt. Eine Technik namens ZIM-Float, die der Lieferant, die Zimmermann PV-Steel Group, vor rund fünf Jahren zur Marktreife entwickelt hat und seitdem ausrollt. Der größte bisher realisierte Floating-PV-Park von Zimmermann ist nach eigenen Angaben mit einer Gesamtnennleistung von 41,1 MW und 22,5 ha das Projekt Sellingen in den Niederlanden. Es sei sogar das größte schwimmende PV-System außerhalb Asiens.
Am Philippsee wurde der Montageabstand der Modulreihen für größere Lichtdurchlässigkeit erweitert. Die einzelnen Modulrahmen werden dann zu Modulbooten verbunden und mit Motorbooten an Ort und Stelle geschleppt. Zum Schutz der Uferzone wurde aus Gründen des Umweltschutzes hier eine Verankerung am Gewässergrund favorisiert.