Shell verkaufte Millionen CO₂-Zertifikate, ohne tatsächlich Emissionen einzusparen
Shell profitierte über Jahre von der Ausgabe zusätzlicher CO₂-Zertifikate durch die kanadische Provinz Alberta. Die realen Einsparungen waren nur halb so hoch.
Inhaltsverzeichnis
Der Ölkonzern Shell hat CO₂-Zertifikate für das Einsparen von 5,7 Mio. t CO₂ erhalten und weiterverkauft. Der Ölkonzern profitierte von dem Geschäft. Das Klima aber nicht. Denn die Zertifikate waren als staatliche Subvention an Shell ausgegeben worden. Ihnen stand keine tatsächliche Reduktion des Ausstoßes von klimaschädlichem CO₂ gegenüber, berichtet die Financial Times.
„Phantom-Zertifikate“ wurden über acht Jahre ausgegeben
Möglich wurde das Zertifikate-Manöver durch eine Regelung im Subventionsrecht der kanadischen Provinz Alberta. Die dortige Regierung gab großzügig Zertifikate im doppelten Wert der tatsächlichen CO₂-Einsparungen aus. Shells Anlage zur Kohlenstoffabscheidung (CCS) in Alberta profitierte von dieser Regelung seit dem Jahr 2015. Erst 2022 wurde die Förderung heruntergefahren und lief schließlich Ende 2022 aus.
Zertifikate wurden weiterverkauft
Insgesamt 5,7 Mio. t CO₂ konnte Shell so zusätzlich als eingespart ausweisen, obwohl dies nicht der Fall war. Die entsprechenden Zertifikate wurden eigenen Unternehmen zur Verfügung gestellt oder an andere kanadische Ölsandunternehmen weiterverkauft. Darunter Canadian Natural Resources, ConocoPhillips, Imperial Oil and Suncor Energy.
Shell forderte ursprünglich noch höhere Zuschüsse
Dokumente, deren Veröffentlichung Greenpeace Kanada kürzlich eingeklagt hat, belegen, dass Shell ursprünglich sogar den Faktor drei an Zertifikaten im Vergleich zur tatsächlichen CO₂-Reduktion gefordert hat. Ausschließlich Shell kam in den Genuss dieser Förderung über CO₂-Zertifikate. Das Unternehmen argumentiert, die Kosten für die Einsparung von CO₂ lägen bei rund 168 $ und damit deutlich höher als der Preis für CO₂-Zertifikate in Höhe von rund 50 $ im Jahr 2022. In einer Stellungnahme gab Shell an, dass es notwendig sei, „jetzt Marktanreize zu schaffen“, um die Technologie zur CO₂-Abtrennung und Einspeicherung wirtschaftlich zu machen.
Gesamte Ölsandindustrie profitierte von den zusätzlichen Zertifikaten
Das Umweltministerium von Alberta reagierte auf die Berichte mit dem Hinweis, dass durch die Subventionen in Form von CO₂-Zertifikaten „keine zusätzlichen Emissionen“ an anderer Stelle verursacht worden seien. Zumindest dürfte die Verfügbarkeit der zusätzlichen Zertifikate aber den Preis für die Kompensationszahlungen gesenkt werden und somit letztlich der gesamten Ölindustrie des Landes zugute gekommen sein. Entsprechend äußerte sich auch Kanadas Energieminister, Jonathan Wilkinson. Er nannte das System der Phantom-Zertifikate, wie es in Alberta praktiziert wurde, „wahrscheinlich unangemessen“.
„Unfassbare Menge“ an CCS-Anlagen nötig, um Klimawandel zu stoppen
Die Abscheidung und das Einspeichern von CO₂ ist generell umstritten. Die Internationale Energieagentur (IEA) warnte erst kürzlich, um bei gleichbleibendem Verbrauch an Öl und Gas ausreichend CO₂ einzuspeichern, um den Klimawandel zu stoppen, sei eine „unfassbare Menge“ solcher Abscheidungsanlagen nötig.