Solar: Deutsche Branche auf Expansionskurs
Heute Vormittag nahm der Dresdner Photovoltaikspezialist Solarwatt neue Fertigungsanlagen für Solaranlagen und Batteriespeicher in Betrieb. Ein weiteres Beispiel dafür, dass sich der Standort Deutschland für die Branche lohnt.
Mehr als 100 Mio. € will der Solarspezialist Solarwatt aus Dresden in den nächsten drei Jahren investieren: 35 Mio. € allein stecken in Fertigungslinien für Glas-Glas-Module und Batteriespeicher, die Solarwatt-Geschäftsführer Detlef Neuhaus in der Elbmetropole heute Morgen offiziell in Betrieb nahm. Hinzu kommt eine Batteriezellmodul-Fab beim Fertigungspartner Webasto in Bayern. Zudem will das Unternehmen bis 2025 die Mitarbeiterzahl auf knapp 1000 Beschäftigte verdoppeln – die meisten neuen Arbeitsplätze sollen dabei in Sachsen entstehen.
Das sei kein Zufall, betont Neuhaus: Die Nachfrage steige – „nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen Welt“. Die 100 Mio. € hatte das Unternehmen bereits im Juni dieses Jahres bekannt gegeben, als die neue Batteriespeichertechnik vorgestellt wurde, die die Dresdner gemeinsam mit BMW entwickeln. Ebenfalls im Mai hatte der Schweizer Maschinenbauer Meyer Burger im sächsischen Freiberg ein neues Werk zur Produktion von Solarmodulen in Betrieb genommen.
Ostdeutschland überwindet Solartrauma
Damit erhalten genau jene Solarstandorte in Ostdeutschland wieder einen Schub, in denen vor gut zehn Jahren im Rahmen der bundesdeutschen Krise der Solar-Fabs weitgehend das Licht ausging. Die Investitionen, im Zuge des Aufbaus Ost vom Steuerzahler mit finanziert, erweisen sich so langfristig als sinnvoll, weil die Unternehmen hier heute zumindest teilweise noch jene Fachkräfte finden können, die sie jetzt für die Expansion brauchen. „Wer hat vor einigen Jahren geglaubt, dass die Solarproduktion in Europa oder Deutschland noch eine Chance hat?“, so Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer.
Die heimische Nachfrage nach Solarstromanlagen wuchs nach Angaben des Branchenverbands BSW Solar im ersten Halbjahr 2021 um 22 % gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Allerdings schlug der BDW gleichzeitig Alarm, weil aus den zugrunde liegenden Daten der Bundesnetzagentur auch hervorgehe, es gebe „eine zunehmende Investitionszurückhaltung bei der solartechnischen Erschließung von Gewerbedächern“. Generell,so berichtete der Branchen-Newsdienst solarserver.de, seien die heimischen Produktionskapazitäten aber bis in den Winter hinein ausverkauft.
Solaraufbau durch Technologievorsprung
Der Solarboom und die beharrliche Investition in Spitzentechnik als weltweites Differenzierungsmerkmal schaffen also jetzt, zehn Jahre nach der Solarkrise, den Raum für neue Expansion. Das trifft auf Solarwatt zu, das mit dem Solarwatt-Hauptanteilseigner Stefan Quandt (auch Großaktionär bei BMW) den nötigen Rückhalt hat. Im Bereich der Batteriespeicher wurde so schon vor vielen Jahren erfolgreich Technologie aus dem Formel-1-Bereich in die Serienfertigung für solare Batteriespeicher transferiert – und von den Pilotfertigungen in Frechen bei Köln in Fertigungslinien nach Dresden verlagert und hochskaliert. Bei Meyer Burger ist es das Know-how des Produzenten für Solarfertigungsanlagen der nächsten Generation, das die Schweizer jetzt ausspielen wollen, um einen Fortschritt gegenüber den vor allem chinesischen Massenherstellern gewinnen, die als Toplieferanten auf dem Weltmarkt dominieren.
Die in Dresden auf der neuen Fertigungslinien hergestellten Glas-Glas-Module zeichnen sich dadurch aus, dass die stromerzeugenden Solarzellen auf beiden Seiten von einer Glasscheibe eingefasst sind. Die mit 27 Robotern weitgehend automatisch arbeitende Fertigung liefert pro Minute zwei Module. Das ergibt eine Produktionskapazität von 300 MW Nennleistung pro Jahr. Etwas kleiner als die Solarmodulfertigung mit 3500 m2 ist die neue Batterielinie auf 2500 m2. Hier findet die Endmontage des Stromspeichers Battery flex statt, den Solarwatt gemeinsam mit der BMW Group entwickelt und im Juni vorgestellt hatte.