Ökologische Bewertung von Solarmodulen 29. Nov 2021 Von Hans-Christoph Neidlein Lesezeit: ca. 4 Minuten

Solar: Module aus Europa mit besserer Gesamtenergiebilanz

Die Photovoltaik gilt als vergleichsweise saubere und klimafreundliche Technologie, doch eine völlig weiße Weste hat sie auch nicht. Entscheidend ist der Herstellort. Wer wissen will, wie grün die eigene Anlage ist, dem hilft ein Internetrechner.

Photovoltaikherstellung China: In der EU gefertigte Solarmodule belasten die Umwelt mit 40 % weniger CO2 als jene „made in China“. Grund ist die starke Kohlestromnutzung in China.
Foto: Zhai Huiyong / Costfoto/Barcroft Media via Getty Images

Solarmodule wandeln Licht emissionsfrei in Energie um. Dennoch entstehen bei Herstellung, Betrieb und Recycling CO2-Emissionen und weitere Umweltwirkungen. Es gibt etliche Stellschrauben, dies zu optimieren.

Hierzu legten jüngst das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (Fraunhofer ISE) und das Umweltbundesamt (UBA) aktualisierte Studien vor. Betrachtet wurden verschiedene Modultechnologien, verwendete Materialien und Komponenten, der Herstellungsstandort und die Solarstromausbeute während der Nutzung.

Solarstromanlagen haben im Vergleich geringe Treibhausgasemissionen

Laut UBA ergibt sich für eine Photovoltaik­anlage mit monokristallinen Modulen an einem Standort in Deutschland ein Treibhauspotenzial von 43 g bis 63 g CO2-Äquivalenten/kWh. Der Wert für eine Anlage mit multikristallinen Modulen liegt bei 36 g bis 47 g.

Dünnschichtmodule erreichten mit 24 g CO2/kWh (Cadmium-Indium-Gallium-Diselenid (CIGS)) beziehungsweise 17 g bis 20 g CO2/kWh (Cadmiumtellurid (CdTe)) noch niedrigere Werte. Die Werte für konventionelle fossile Stromerzeugungsarten liegen ein Vielfaches darüber: Erdgas kommt laut UBA auf 490 g CO2-Äquivalente/kWh, Braunkohleverstromung auf circa 1140 g.

Solar: Umweltauswirkungen des Lebenszyklus sollten Anlagenkomponenten enthalten

Bei der Berechnung der Treibhausgasemissionen nahm das UBA für die Anlagen eine Nutzungsdauer von 30 Jahren an. Als durchschnittliche Performanceratio (Verhältnis vom realen zum idealen Ertrag der Anlage) inklusive Degradationsverlusten nahm das UBA 0,75 für Dachanlagen und 0,8 für Freiflächenanlagen an, jeweils bei einer optimalen Sonnenausrichtung. Als Sonneneinstrahlung wurde 1200 kWh/m2 zugrunde gelegt.

In die Berechnungen flossen zudem die Wirkungsgrade aktueller kommerzieller Photovoltaikmodule ein: 18 % für monokristalline, 16,8 % für multikristalline, 17 % für Cadmium­tellurid- und 14,6 % für CIGS-Module. Mit betrachtet wurden in der UBA-Studie die Umweltwirkungen des Lebenszyklus der benötigten Anlagenkomponenten wie Wechselrichter, Unterkonstruktionen und elektrische Leitungen.

Ökobilanz Solar: Energieverbrauch und Stromherkunft sind entscheiden

Bei der Modul- und Komponentenherstellung sind Energieverbrauch und die Herkunft des Stroms ausschlaggebend. Auch die Lebensdauer der Anlagen ist wichtig, denn wenn die Anlage aufgrund der kürzeren Lebensdauer weniger Strom liefert, können sich die Treibhauspotenziale signifikant erhöhen.

Eine möglichst lange Anlagennutzung wirkt sich daher besonders positiv auf die Ökobilanz der Solarstromerzeugung aus. Die energetischen Amortisationszeiten (Energy Payback Time) liegen laut UBA an einem deutschen Anlagenstandort zwischen 0,9 und 2,1 Jahren, wobei wiederum Dünnschichtmodule die Nase vorne haben.

Solarstrommodule aus China mit höheren CO2-Emissionen im Herstellprozess

Den CO2-Fußabdruck von sechs verschiedenen Photovoltaikmodulen auf Basis monokristalliner Siliziumzellen berechnete das Fraunhofer ISE in einer Studie im September 2021. Untersucht wurden Module mit Herstellort China, Deutschland und der Europäischen Union. Auch wurde nach Modulaufbau unterschieden: Glas-Folien-Module haben ein Glas auf der Frontseite, rückseitig Kunststoff. Glas-Glas-Module sind beidseitig mit Glas laminiert.

Das Resultat: Die in der EU hergestellten Module erzeugen 40 % weniger CO2 als diejenigen „made in China“. Das liegt vor allem am Energiemix der jeweiligen Länder und weniger an den Emissionen, die beim Transport entstehen. China hat hierbei einen hohen Kohlestromanteil. „Mit 50 % bis 63 % ist der Anteil am Energiebedarf bei der Herstellung der einflussreichste Faktor auf den CO2-Fußabdruck eines Solarmoduls“, so Holger Neuhaus, Abteilungsleiter für Modultechnologie am Fraunhofer ISE. Für ein Photovoltaikmodul aus China machten die CO2-Emissionen, die beim Transport in die EU entstehen, etwa 3 % der Gesamtemissionen aus.

Der Großteil der in Europa und Deutschland verbauten Solarmodule kommt aus chinesischer Fertigung. Schaut man sich den ökologischen Rucksack dieser Module an, dann fällt er schwerer aus, weil der Kohlestromanteil im Strommix Chinas höher ist und damit auch die Treibhausgasemissionen, die bei der Herstellung von Solarzellen und -modulen in China entstehen. Foto: panthermedia.net/sjenner13

Solarmodul: Aufbau relevant für Treibhausgasemissionen

Der ISE-Studie zufolge verursachen rahmenlose Glas-Glas-Module bei der Herstellung 7,5 % bis 12,5 % weniger CO2 als Glas-Folie-Module. Das gilt für alle untersuchten Module, unabhängig vom Herstellort. Ursache ist, dass Glas-Glas Module keinen Aluminiumrahmen benötigen, dessen Herstellung sehr energieintensiv ist. Module mit Glas auf der Front- und auf der Rückseite haben eine längere Lebensdauer und eine geringere jährliche Degradation als solche mit Folie, was ihren CO2-Fußabdruck zusätzlich verbessert. Bezogen auf die erzeugte Kilowattstunde verursachen Glas-Glas-Module 22 % bis 27 % weniger CO2-Emissionen als Glas-Folien-Module.

Insgesamt ermittelte die Studie für Glas-Folie-Module CO2-Emissionen von 810 kg CO2-Äquivalente/kW (China), 580 kg/kW (Deutschland) und 480 kg/kW (EU). Für Glas-Glas-Module liegen die Werte bei 750 kg CO2-Äquivalente/kW (China), 520 kg/kW (Deutschland) und 420 kg/kW in der EU.

Der Studie liegen neue Produktionsdaten zugrunde, die am Fraunhofer ISE zusammen mit der Industrie erhoben wurden. „Verglichen mit Lebenszyklusanalysen basierend auf älteren Datensätzen zeigte sich, dass sich der CO2-Fußabdruck von Photovoltaikmodulen in den letzten Jahren um etwa 80 % verbessert hat. Hierfür ist eine Verbesserung der Siliziumausbeute, der Herstellungsprozesse, der Moduleffizienz und der CO2-Intensität der Stromerzeugung verantwortlich“, so Neuhaus.

Blei und Silber in Solarmodulen ersetzbar

Es gibt noch eine Reihe von weiteren Optimierungsmöglichkeiten und Herausforderungen für eine weitere Verbesserung der Nachhaltigkeit bei der Herstellung und des Designs (sowie auch des Recyclings) von Photovoltaikmodulen. So weist das Fraunhofer-ISE darauf hin, dass Module auf Basis von Siliziumwafern häufig noch Blei in der Zellmetallisierung (ca. 2 g Blei pro 60-Zellen-Modul) und in den eingesetzten Loten (ca. 10 g Blei) enthalten. Doch lasse sich Blei in waferbasierten Modulen bei geringen Mehrkosten durch unbedenkliche Materialien vollständig ersetzen, so Harry Wirth, Bereichsleiter Photovoltaikmodule und Kraftwerke am Fraunhofer ISE.

Eine weitere Stellschraube ist die Minimierung beziehungsweise der Ersatz von Silber bei der Zellherstellung. Die Photovoltaikindustrie verbraucht weltweit ca. 1500 t Silber jährlich, das entsprach knapp 6 % der globalen Fördermenge in Jahr 2020. Laut Wirth lässt sich das Silber auf der Solarzelle weitgehend durch Kupfer substituieren. Etliche Hersteller, so der Experte, würden dies bereits tun.

Auch beim qualitativ hochwertigen Solarglas für die Frontscheiben der Module, welches im relevanten Spektralbereich des Lichts zwischen 380 nm bis 1100 mn eine sehr geringe Absorption aufweist, gibt es in puncto Nachhaltigkeit noch Optimierungsbedarf. Denn manche Glashersteller läutern die Glasschmelze und erhöhen die Lichttransmission durch Beigabe von Antimon (Sb). Wenn dieses Glas auf Deponien entsorgt wird, kann Antimon ins Grundwasser gelangen. Alternative Läuterungsverfahren ohne Antimon-Beigabe sind laut Fraunhofer-ISE verfügbar.

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