Solar: Neue Rekorde bei Tandemzellen aus Deutschland
Tandemsolarzellen gelten als zukünftige Leittechnik für die Photovoltaik. Die Kombination aus zwei verschiedenen stromerzeugenden Schichten verspricht mehr Ausbeute. Neue Rekorde aus den Labors von Forschungsinstituten gibt es öfters, mehr und mehr Forschungsgelder fließen.
Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) ist eines der Institute in Deutschland, die sich intensiv mit Tandemsolartechnologie beschäftigen. Diese nutzen zwei stromerzeugenden Halbleiter und erreichen so eine höhere Stromausbeute als herkömmliche Solarzellen mit nur einer Schicht. Geforscht wird an einer Vielzahl an Materialkombinationen.
Solar: Wirkungsgrade von Photovoltaikzellen lassen sich weiter steigern
Damit diese Solartandems schneller in den Markt kommen, hat das ZSW zwei leistungsfähige Beschichtungsanlagen in Betrieb genommen, berichtete das Institut gestern, eine zur Herstellung von Perowskit-Dünnschichtsolarzellen und eine für Cigs-Dünnschichtsolarzellen (Cigs: Cadmium-Indium-Gallium-Selenid). „Im Institut bestehen nun hervorragende Bedingungen für die Entwicklung von Tandemsolarzellen, insbesondere was die Prozesstechnik für die Herstellung von Solarzellen im Vakuum unter hochreinen Laborbedingungen betrifft. Damit wollen wir die physikalischen Grenzen der Technologie ausloten“, sagt Jan-Philipp Becker, Leiter des ZSW-Fachgebiets Photovoltaik-Materialforschung.
Tandemsolartechnologie: nächste Generation der Photovoltaik
Das ZSW arbeitet praxisnah: Die Anlagen dort stehen Unternehmen aus der Photovoltaikbranche zur Verfügung, um ihre Entwicklungen im Bereich der Tandemsolarzellen zu optimieren. Bei einem Tandem wandelt die obere Solarzelle das sichtbare Licht in Strom um, die darunterliegende Schicht infrarotnahes Licht. Mit den verschiedenen Materialkombinationen sollen sich Wirkungsgrade jenseits der 30 %-Marke erreichen lassen. Üblich für einschichtige siliziumbasierte Zellen sind Wirkungsgrade um die 24 % in der Serie. Tandemzellen gelten daher als zukünftige Leittechnik für die nächste Generation der Photovoltaik.
Rekordwirkungsgrad für beidseitig kontaktierte Solarzelle
Bei der Vielzahl der Forschungseinrichtungen und Unternehmen, die derzeit daran arbeiten, ist es daher folgerichtig, dass immer wieder „Rekorde“ oder „Weltrekorde“ beim Wirkungsgrad gemeldet werden. Gilt es schon bei einschichtigen Solarzellen genau hinzusehen, welches Material mit welchen Technologien kombiniert wurde, so gilt das bei der Kombination zweier lichtempfindlicher Materialien zu einem Tandem umso mehr. Allen ist heute noch gemeinsam: Fürs Dach zu kaufen gibt es sie noch nicht. Es sind Laborsamples und Forschungsergebnisse. Wichtig ist daher der Schritt in die Praxis bis hin zur Marktreife und an dieser Schnittstelle will das ZSW mit seinen neuen Anlagen arbeiten.
Solarzellen: Perowskit und Tandem sind die wichtigsten Schlagworte für die Technologieentwicklung
Für besonders interessant hält das ZSW Tandemsolarzellen mit Perowskit-Schichten. „Einige Verbindungen dieser Materialklasse zeigen hervorragende optische und elektronische Eigenschaften. Sie sind reichlich und kostengünstig auf der Erde verfügbar“, heißt es seitens des ZSW. Das Institut kombiniert Perowskite mit Cigs-Dünnschichtzellen, Silizium oder erneut Perowskit.
Ebenfalls am Mittwoch gab ein deutsches Konsortium mehrerer Institute nach eigenen Angaben einen neuen Weltrekord für ein Tandem aus Perowskit und organischer Solarzelle mit 24 % Wirkungsgrad bekannt. Beteiligt waren die Universitäten in Köln, Potsdam, Tübingen und Wuppertal sowie das Helmholtz-Zentrum Berlin und das Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf.
Zu Projektbeginn hatten die weltweit besten Perowskit-Organik-Tandemzellen laut dem Projektteam einen Wirkungsgrad von ca. 20 % gehabt. Um 24 % zu erreichen, „mussten innerhalb der Solarzelle die Verluste an den Grenzflächen zwischen den Materialien minimiert werden“, erklärt Selina Olthof vom Institut für Physikalische Chemie der Universität Köln. Maßgeblich hierfür war ein sogenannter „Interconnect“, eine 1,5 nm dicke Schicht aus Indiumoxid, die das Team der Universität Wuppertal entwickelt hat. Dieser Interconnect verbinde optisch und elektrisch die organische Subzelle mit der Perowskit-Solarzelle. Simulationen der Wuppertaler Arbeitsgruppe würden zeigen, dass mit diesem Ansatz in Zukunft Tandemzellen mit einem Wirkungsgrad jenseits der 30 % erreichbar seien, heißt es in der Mitteilung.
Solarindustrie macht mit beim Rekordwettlauf bei Tandemzellen
Die Industrie ist Teil dieses Wettlaufs um den Wirkungsgrad. Einen Monat zuvor hatten Solarhersteller Q-Cells und das Helmholtz-Zentrum Berlin eine Tandemzelle mit Perowskit-Halbleiter auf einer kristallinen Siliziumzelle mit einem Wirkungsgrad von 28,7 % gemeldet. Die Kombination biete „eine Chance für eine schnelle Kommerzialisierung der Technologie“. Dabei wird die kristalline Siliziumsolarzelle direkt mit einer perowskitbasierten Topzelle gekoppelt und das Tandem gemeinsam verschaltet. „Diese Variante hat – im Vergleich zur direkten Verschaltung der einzelnen Zellschichten – den Vorteil, dass sie einfacher produziert werden kann“, so die Mitteilung.
Es geht auch noch höher: Bereits in November 2021 meldeten drei Helmholtz-Institute einen Wirkungsgrad von 29,8 % für das Tandem einer Perowskit- und einer Siliziumschicht. Der Unterschied zum Tandem mit der Q-Cells-Solarzelle: Die Q-Cells-Silizumzelle ist eine marktgängige Technologie, die im November genutzte optimierte Nanotexturierung an zellinternen Grenzflächen noch nicht.