Solar: So entsteht eine Megawattanlage für solare Wärme
Alles spricht vom Solarstrom – aber das Sonnenlicht lässt sich direkt als Wärme abgreifen und nutzen. Auch mit dieser Technik, der Solarthermie, lassen sich Anlagen im Megawattbereich bauen. Wie das vorangeht, daran lassen die Stadtwerke Lemgo jetzt Internetnutzerinnen und -nutzer im Rahmen eines multimedialen Blogs teilnehmen.
Solarthermie, die Technik, die direkt die Sonnenwärme nutzt, sie steht in Deutschland oft im Schatten der Photovoltaik, die das einfallende Licht in Strom wandelt. Dabei sind nach Angaben des Solarenergie-Branchenverbandes BSW deutschlandweit 2,5 Mio. Solarthermieanlagen installiert – rund 500 000 mehr als bei der Photovoltaik. Dabei ist die Technik nicht nur für Einfamilienhäuser einsetzbar, sondern im Megawattmaßstab auch für erneuerbare Fernwärme.
„Große Solarthermie ist trotz erfolgreicher Referenzprojekte deutschlandweit und international immer noch zu wenig verbreitet. Für den einzelnen Fernwärmebetreiber und auch für viele Planungsbüros ist diese seit Jahrzehnten bewährte Technologie deshalb nach wie vor Neuland“, weiß Heiko Huther, Leiter für Forschung und Entwicklung beim Verband AGFW, der die Betreiber von Heizkraftwerken und Fernwärmenetzen vertritt. Auch der BSW sprach zu Monatsanfang davon, die solare Fernwärme, sei in Deutschland „kaltgestellt“.
Solarthermie auf 9000 Quadratmetern
Wichtig also, dass sich Interessierte jetzt im Rahmen eines neuen Blogs in Wort, Bild und Video anschauen können, wie eine solche Megawattanlage wächst. Die Stadtwerke Lemgo errichten derzeit eine 9128 m2 große Freiflächensolarthermieanlage mit 5,2 MW thermischer Leistung für die kommunale Fernwärme. Schritt für Schritt lässt sich der Fortgang jetzt auf einer Internetseite des AGFW verfolgen.
Der Blog wird laufend aktualisiert in der Art eines Onlinebautagebuches. „Wir sind sehr dankbar, dass die Stadtwerke Lemgo bereit sind, auf diese anschauliche Weise ihre Erfahrungen mit der Fachöffentlichkeit zu teilen“, sagt Huther, Leiter für Forschung und Entwicklung beim AGFW.
Drittgrößte Solarthermieanlage in Deutschland
Die Lemgoer Solarthermieanlage dürfte bei ihrer Inbetriebnahme 2022 vorerst die drittgrößte in Deutschland sein, so die AGFW. Als größte gilt mit rund 9 MW und rund 14 800 m2 Kollektorfläche eine 2018 in Betrieb genommene Anlage der Stadtwerke Ludwigsburg-Kornwestheim. Bislang einmalig in Lemgo sei, so die AGFW, dass die Solarkollektoren zusammen mit einer elektrischen Flusswasserwärmepumpe (des Flusses Bega) und zwei Blockheizkraftwerken ein sogenanntes iKWK-System bilden.
Das Kürzel iKWK steht für „innovative Kraft-Wärme-Kopplung“. Derartige Anlagen koppeln Strom und Wärme. Andererseits reagieren sie flexibel auf Anforderungen des Strommarktes. Bei kurzfristigen Stromüberschüssen aus Wind und Photovoltaik entlasten sie das Netz, indem die Blockheizkraftwerke herunterfahren, während die Wärmeversorgung über die Solarthermieanlage und die Wärmepumpe sichergestellt wird. iKWK-Systeme können im Rahmen spezieller Ausschreibungen einen Betriebskostenzuschuss erhalten.
Große Solarthermie in Deutschland kaltgestellt
Der BSW forderte Anfang November, die Politik solle „solare Fernwärme nicht länger kaltstellen“. Konkret geht es darum, dass eine geplante Bundesförderung für effiziente Wärmenetze seit Monaten auf Eis liegt und zudem aus Verbandssicht unterfinanziert sei. Deutschlands Fernwärmenetz sei „ein riesiger weißer Fleck auf der Landkarte der Energiewende“.
Angesichts der Debatte um rasant steigende Gaspreise wundert der Dornröschenschlaf der solaren Wärme im Bereich der Energiewende. Während die Photovoltaik inzwischen nach BSW-Angaben rund 10 % des Stromverbrauchs in Deutschland deckt, wird hierzulande bislang weniger als 1 % der Fernwärme aus Solarkraftwerken gespeist. Dabei, so der Verband, könne auch Solarwärme inzwischen im großtechnischen Maßstab bereits für unter 5 Cent/kWh produziert werden. „Die aktuelle Heizkostendebatte muss zu einer Modernisierung, Diversifizierung und Solarisierung der heimischen Wärmeversorgung führen“, forderte BSW-Chef Carsten Körnig.
Im vergangenen Jahr sind dem BSW zufolge rund 83 000 neue Solarthermieanlagen hierzulande installiert worden – das sind 3470 MW an thermischer Leistung. Zum Vergleich: 184 000 Photovoltaikanlagen kamen im gleichen Zeitraum hinzu. Sie stehen für eine elektrische Nennleistung von rund 4,9 GW.