Balkonkraftwerk – wie sinnvoll ist das und was ist zu beachten?
Mit Balkonkraftwerken können auch Menschen Sonnenstrom erzeugen, die nicht im Besitz von Eigenheimen sind. Wie sinnvoll ist das und was ist dabei zu beachten? Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um Steckersolargeräte.
Für die kleinen Solarstromanlagen, die – am Balkon, auf der Terrasse oder dem Haustürvordächlein montiert – Sonnenlicht in Strom verwandeln, gibt es keine richtige oder falsche Bezeichnung. Treffend wäre wohl „Balkonsolaranlage“, im Internet gesucht wird oft nach „Balkonkraftwerken“. Doch mittlerweile schreibt sogar die Verbraucherzentrale von Steckersolargeräten. Und weil die Minisolarkraftwerke schon in Supermarktprospekten beworben werden, scheinen sie auf dem Weg zur Massenanwendung. Solche Minikraftwerke an Balkonen oder auf Garagendächern erzeugen aus ein oder zwei Solarmodulen Strom, der sofort und direkt im jeweiligen Haushalt verbraucht werden kann.
Gab es bis Ende 2022 in Deutschland 62 200 angemeldete „steckerfertige Solaranlagen“, so der offizielle Begriff, sollen es Ende 2023 bereits über 300 000 solcher Klein-Photovoltaikkraftwerke gewesen sein. So lauten zumindest die Zahlen des sogenannten Marktstammdatenregisters der Bundesnetzagentur. Wie viele weitere Steckersolaranlagen nicht gemeldet worden sind, darüber kann nur spekuliert werden. Doch dieser Boom hat auch Schattenseiten – auch für die Sicherheit. Was Sie wissen müssen und worauf Sie aufpassen müssen, erklären wir in diesem Grundlagentext.
Inhaltsverzeichnis
- So funktioniert ein Balkonkraftwerk
- Was macht Balkonkraftwerke so attraktiv?
- Wo kann ich Balkonkraftwerke anbringen?
- Wer bietet Balkonkraftwerke an?
- Was bringt mir ein Balkonkraftwerk?
- Was muss ich beim Betrieb eines Balkonkraftwerks beachten?
- Balkonkraftwerke: Was ist legal, was nicht?
- Kann die Betriebserlaubnis entzogen werden?
- Darf ich meinen Solarstrom auf meinem Balkon speichern?
- Balkonsolaranlagen brauchen eine Balkonsteckdose!
Was macht Balkonkraftwerke so attraktiv?
Der wichtigste Unterschied zu großen Photovoltaikanlagen für Hausdächer ist einfach: Nur Kraftwerke, die maximal 600 W Solarstrom erzeugen, dürfen direkt in einen Haushaltsverbrauch-Stromkreis einspeisen. Und nur solche dürfen vom Benutzer beim Stromnetzbetreiber angemeldet werden, ohne dass ein zugelassener Elektriker mit dem Anschluss beauftragt werden muss; so steht es in der VDE-AR-N 4105: 2018-11, Absatz 5.5.3.
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Dabei spielt es keine Rolle, dass die einzelnen Solarmodule in den letzten Jahren immer leistungsstärker geworden sind: Es zählt die Leistung, die der Wechselrichter maximal auf der Wechselstromseite produzieren und ans Hausstromnetz abgeben kann. Es ist also legitim, wenn bei einer Steckersolaranlage zum Beispiel zwei Solarmodule mit jeweils 400 W, zusammen also mit 800 W, an einen 600-W-Wechselrichter verbunden werden (aktuelle Entwicklungen siehe Kasten).Wo kann ich Balkonkraftwerke anbringen?
Wo kann ich Balkonkraftwerke anbringen?
Die Anbringungsmöglichkeiten sind vielseitig: Am Balkongeländer, an einer Wandfläche, auf einem Carport- oder Garagendach gibt es oftmals ein sonniges Plätzchen, das sich für diese Art der erneuerbaren Stromerzeugung eignet. Zumal 600 W nicht das Ende sein müssen: Denkbar ist sogar, dass diese Leistungsgrenze bald erhöht wird. Schon seit 2016 bezeichnet die Europäische Union alle Erzeuger unter 800 W als „nicht systemrelevant“. Schon lange wird daher auch in Deutschland eine Anhebung der Grenze gefordert. Dafür formiert sich ein größeres Bündnis, dem neben Solarverbänden und Verbraucherschützern auch die Bundesnetzagentur, das Bundeswirtschafts- und -klimaministerium angehören. Kürzlich hat sich sogar der Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e. V. (VDE) in einem Positionspapier dafür ausgesprochen.
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Eine kaum erwartete Entwicklung. Denn vor einigen Jahren war diese Anwendung noch in einer rechtlichen und technischen Grauzone. Sie wurde sogar als „Guerilla-Photovoltaik“ bezeichnet. Doch in den letzten Jahren hat der Einsatz einen beispiellosen Boom erlebt; heute sind solche Miniphotovoltaikanlagen hoffähig.
Wer bietet Balkonkraftwerke an?
Es gibt inzwischen einen großen Markt mit vielen Anbietern verschiedenster Steckersolarsets. Viele – gerade kommunale – Stromnetzbetreiber haben vorgefertigte Formulare, um die Anmeldung möglichst einfach zu machen. Es sind in aller Regel aber kleine Anbieter, die solche Steckersolarsets im Internet für wenige Hundert Euro an Mann und Frau bringen wollen. In solchen Sets befinden sich:
- die Solarmodule, die Sonnenlicht zu Gleichstrom machen,
- ein Wechselrichter, der den Gleichstrom zu Wechselstrom umformt,
- die notwendigen Kabel, die ein einfaches Zusammenstecken möglich machen.
Meistens kann in den Onlineshops auch direkt das passende Befestigungs- und Montagematerial ausgesucht werden, das zum gewählten Anbringungsort passt. Für das Ziegeldach sind es einige Dachhaken und Schienen, für die Flachdachaufstellung auf der Garage kommen dreieckige Winkel zum Einsatz, die eine Ausrichtung der Module zur Sonne erlauben und dann mit Gehwegplatten beschwert werden. Neben den Anbietern im Internet verkaufen auch manche Elektriker oder Solarfirmen solche Geräte.
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Als Solarmodule kommen meist marktgängige Standardmodule bekannter Hersteller mit Nennleistungen zwischen 370 W und 400 W zum Einsatz, dazu spezielle Kleinwechselrichter, die direkt hinter den Modulen montiert werden. Dann muss nur noch der Stecker in eine Netzsteckdose eingesteckt werden. Und wenn die Sonne scheint, dann wird Strom erzeugt.
Was bringt mir ein Balkonkraftwerk?
Ein Steckersolargerät mit einem Modul kann bis zu 400 kWh, mit zwei Modulen bis zu 800 kWh Strom pro Jahr erzeugen. In sonniger Lage lässt sich damit – je nach Stromverbrauch des Haushalts – zwischen 5 % und 10 % des notwendigen Haushaltsstroms ersetzen. Denn der erzeugte Strom wird quasi „vollautomatisch“ in das Hausnetz abgegeben und von den nächstgelegenen Haushaltsgeräten genutzt, egal ob Radiowecker, Homeoffice-PC oder Küchengerät.
Die Wirtschaftlichkeit ist abhängig von vielen Randbedingungen. Bei den aktuellen Energiepreisen – selbst mit Strompreisbremse – lohnt sich ein Steckersolargerät schon nach wenigen Jahren durch die Einsparung beim Stromeinkauf. Die Preise liegen aktuell ungefähr bei 1 €/W, ein System mit 800 W Modulleistung sollte also unter 1000 € kosten.
Ein Berechnungstool für die Wirtschaftlichkeit gibt es von der HTW Berlin.
Inzwischen gibt es eine Variante von Steckersolargeräten mit sehr schmalen Modulen: Diese werden als „Fensterbank-Kraftwerk“ angeboten, sind preiswerter, jedoch mit sehr viel weniger Leistung und Stromertrag.
Doch auch das Gegenteil ist erhältlich: Steckersolaranlagen mit mehr Solarmodulen, deren Leistungsabgabe dann aber bei gutem Sonnenschein auf die maximal zulässigen 600 W abgeregelt wird. Fraglich dagegen scheint der Sinn jener kleinen teuren Stromspeicher, die inzwischen für Steckersolar angeboten werden: Der Strom soll ja eigentlich direkt von den Geräten im Haushalt genutzt werden.
Was muss ich beim Betrieb eines Balkonkraftwerks beachten?
Der Betrieb und die Stromerzeugung erfolgen bei Balkonkraftwerken grundsätzlich automatisch. Einige Geräte am Markt können die aktuelle Leistung und die Erträge über WLAN an eine App weitergeben, damit der Betreiber auch nachverfolgen kann, wie viel Energie erzeugt wird. Das Gerät sollte bei der Inbetriebnahme auch der Gebäudeversicherung gemeldet werden, mehr gibt es beim Betrieb eines solchen Geräts nicht zu beachten.
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Kommt ein aktuelles Vorschlagspapier des VDE zum Tragen, werden die Rahmenbedingungen für Steckersolargeräte noch weiter verbessert. Die drei wesentlichen VDE-Vorschläge: Neben der Anhebung der Grenze auf 800 W kann sich der VDE auch eine „Duldung“ des Schukosteckers vorstellen, genauso wie einen Verzicht auf die Anmeldung beim Netzbetreiber.
Doch das ist Zukunftsmusik. Denn dazu müssen neben den VDE-Vorschriften auch einige Bundesgesetze geändert werden, zum Beispiel das Messstellenbetriebsgesetz, das sich derzeit im parlamentarischen Verfahren befindet.
Einen Vorteil können die Käufer eines Steckersolargeräts für zu Hause aber heute schon nutzen: Seit Januar 2023 wird beim Kauf für Steckersolar – wie bei großen Photovoltaikanlagen – keine Umsatzsteuer mehr fällig. Es gilt also der Umsatzsteuersatz von 0 %. Aber: Wurden diese Anlagen zur Jahreswende wirklich auf einen Schlag 19 % billiger?
Kann die Betriebserlaubnis entzogen werden?
Im Juli dieses Jahres wurde die Steckersolar-Community aufgerüttelt von einigen Youtubern. Die hatten bei einem Wechselrichter eines chinesischen Anbieters nachgewiesen, dass ein wesentliches, im Gerätezertifikat genanntes Bauteil nicht eingebaut war. Dieses Relais muss als redundantes Bauteil für die Sicherheitsabschaltung des Wechselrichters vorhanden sein. Das schreiben die Regeln für den Netz- und Anlagenschutz vor. Zwar führt das Fehlen des Relais bei einem angeschlossenen Steckersolargerät zu keinem direkten Sicherheitsproblem. Doch ist es normativ vorgeschrieben, damit beim Ziehen des Steckers oder bei Stromausfall die Abschaltung mit doppelter Sicherheit gewährleistet ist.
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Dieses fehlende Bauteil führte automatisch zum Erlöschen der Betriebserlaubnis. Deshalb hat der Hersteller seinen Kunden empfohlen, diese Geräte vorläufig vom Netz zu nehmen. Inzwischen hat dieser Hersteller eine Nachrüsteinheit entwickelt und auch zertifizieren lassen, sodass diese Geräte trotz fehlendem Relais möglicherweise bald wieder in Betrieb gehen können.
Der Fall hat jedoch weite Wellen geschlagen: Einige Anbieter haben klargestellt, dass ihre Geräte normkonform sind. Andere aber haben – besonders wegen ebenfalls fehlender Relais – Rückruf- und Austauschaktionen gestartet, die aktuell noch im Gange sind.
Vorsicht bei zu leistungsstarken Anlagen – Anlagen mit mehr als 600 W sind keine Balkonsolaranlagen mehr
Die für Steckersolargeräte gültige VDE-Anwendungsrichtlinie 4105 stellt klar: Ein vereinfachter Anschluss eines solchen Systems ist nur bis zu einer Wechselrichterleistung von 600 W erlaubt. Eine Grenze der Modulleistung ist darin nicht festgeschrieben; es dürfen also z. B. auch zwei Solarmodule mit den üblichen je 360 W oder 400 W verwendet werden.
Aktuell aber nehmen Angebote überhand mit Plug-and-play-Steckersolargeräten, die mit mehr als 600 W Wechselrichterleistung aufweisen. Solche Geräte sind keine „Steckersolar“-Anlagen. Sie dürfen auf keinen Fall selbst montiert werden. Und spätestens bei der Anmeldung beim Netzbetreiber und der Bundesnetzagentur ist Ärger vorprogrammiert. Haus-Photovoltaikanlagen mit größerer Wechselrichterleistung als 600 W müssen von einem zugelassenen Elektriker installiert und angemeldet werden.
So viele Balkonsolaranlagen dürfen Sie installieren
Grundsätzlich ist nur ein Steckersolargerät pro Haushalt erlaubt! Die genannte 600-W-Leistungsgrenze des Wechselrichters gilt pro Haushalt mit eigenem Stromzähler des Netz- oder Messstellenbetreibers. In einem Einfamilienhaus mit einem Stromzähler darf also nur ein Steckersolargerät mit max. 600 W verbaut werden, auch wenn sich hier mehrere Balkone eignen würden. Möglich ist allenfalls die Ausstattung von zwei Geräten à 300 W an zwei verschiedenen Balkonen; damit würde die Gesamtleistung von maximal 600 W nicht überschritten. Anders beispielsweise Mietwohngebäude. Hier dürfen für jede Wohnung mit eigenem Stromzähler die 600 W Wechselrichterleistung ausgeschöpft werden.
Darf ich meinen Solarstrom auf meinem Balkon speichern?
Ebenfalls immer häufiger werden aktuell Systeme mit kleinen Stromspeichern von 1 kWh bis 2 kWh Kapazität angeboten. Sehr kritisch ist hier, dass die Speicher, gekoppelt mit einem Steckersolargerät, auf dem Balkon aufgestellt werden sollen. Neben den hohen Kosten ergibt sich vor allem ein technisches Problem: Ein Batteriespeicher auf dem Balkon wäre sowohl der starken Sonne im Sommer als auch dem Frost im Winter ausgesetzt. Die großen Temperaturunterschiede wirken sich negativ auf die Lebensdauer der Batteriezellen aus. Zudem bleibt bei richtiger Wahl der Gerätegröße wegen der größtmöglichen Nutzung der Energie zum Eigenverbrauch tagsüber kaum Strom übrig, der überhaupt gespeichert werden könnte.
Bei Haus-Photovoltaikanlagen, bei denen Stromspeicher inzwischen fast schon Standard sind, wird der Einsatz von Batterien unter Witterungsbedingungen im Außenbereich praktisch von allen Anbietern ausgeschlossen. Meist werden die Speicher im Kelleranschlussraum aufgestellt, wo ein recht gleichbleibendes Temperaturniveau herrscht.
Balkonsolaranlagen brauchen eine Balkonsteckdose!
Eine weitere Produktneuerung wird inzwischen ebenfalls angeboten: Wer keine Außensteckdose am Balkon hat, soll trotzdem ein Steckersolargerät nutzen können. Dank eines speziellen Flachbandkabels soll der Strom direkt durch den Fenster- oder Türrahmen ins Gebäude eingeleitet werden. Doch Techniker haben auch hier Sicherheitsbedenken: Die Verkabelung ist nicht normgerecht. Denn die Leitung wird beim Schließen von Fenster oder Tür mechanisch stark belastet. Wird das Kabel dabei abgeknickt und beschädigt, könnte es gefährlich werden.
Im Innenraum taucht zusätzlich ein weiteres Problem auf: Das Anbringen von Mikro-Wechselrichtern auf oder unter dem Teppichboden oder unter dem Sofa ist keinesfalls zu empfehlen. Der Wechselrichter sollte gut belüftet im Außenbereich montiert werden – also auf dem Balkon, wie schon der Name Balkonsolargerät sagt.