Smarte Gesamtlösung für die heimische Energiewende
Die Dresdner Solarwatt will mit KI und Dienstleistung Komplettanbieter für smarte Energielösungen werden. Die Hardwarefertigung ist endgültig vom Tisch.
Seit über 30 Jahren stellt die Solarwatt GmbH Solartechnologien her, so stand am Anfang 1995 eine solarzellenbetriebene Baustellenbake. Heute stellte CEO Benjamin Frank im Rahmen einer Pressekonferenz in Dresden die zukünftige Solarwatt-Strategie vor: Vom Hersteller zum Lösungsanbieter für Strom, Wärme und Mobilität, so lässt sich das neue Credo auf den Punkt bringen: „Wir entwickeln uns von einem Industrieunternehmen hin zu einem Lösungsanbieter.“
Was das konkret heißt, zeigt die neue Energielösung Solarwatt Home. Damit sollen „Eigenheimbesitzer und Unternehmen in ganz Europa zu jeder Zeit die für sie günstigste und sauberste Energie verwenden können. Das funktioniert nur, indem wir alle Sektoren wie Strom, Wärme und Mobilität zusammenbringen und Solarstrom vom Hausdach intelligent mit dem Stromnetz verbinden“, sagt Frank. Genau das soll Solarwatt Home bieten, mit einem KI-basierten Energiemanagement, das die Kosten für Hausstrom, Heizung oder Elektromobilität massiv senkt.
Solarwatt setzt auf Lösungen statt Produkte
Immer dann, wenn in einer Branche die Hardware peu à peu zur Commodity wird – sich also zunehmend nur über den Preis und nicht mehr über Qualität am Markt verkaufen lässt –, steuern Unternehmen um zum Lösungsanbieter. Das ist im Bereich der Informationstechnik schon lange zu beobachten; die von chinesischer Überproduktion und entsprechendem Preisdruck gebeutelte Solarwirtschaft geht jetzt auch diesen Weg. „An PV führt kein Weg vorbei“, analysiert Frank dennoch den Markt in Europa.
Trotzdem haben die Marktzahlen dem Unternehmen und der Branche generell in diesem Jahr erheblich zugesetzt, verdeutlichte der Solarwatt-CEO in Dresden. Der Geschäftsklimaindex der Branche ist auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Als Kernmarkt von Solarwatt definiert Frank das Segment bis 30 kW Nennleistung. Da gebe es 2024 mit einer Nachfrage von 6,1 GW einen Rückgang von 40 % gegenüber 2023. Zusätzlich sanken die Erlöse: Für eine typische Einfamilienhaus-Solaranlage mit 10 kW Nennleistung lagen die im letzten Jahr bei 2350 €/kW, heute sind es noch 1950 €/kW.
„2024 war definitiv ein Jahr der Transformation für Solarwatt“, sagt Frank. Daher habe man auch die Produktion am Standort Dresden schließen müssen. Von 850 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Unternehmen sollen im kommenden Jahr 350 übrig bleiben. Die Hälfe des Stellenabbaus geht auf die Schließung der Produktion in Dresden zurück.
Dabei haben Unternehmen wie Solarwatt immer schon mehrere Hardwarearten installiert: Photovoltaikmodule, Solarspeicher, Wechselrichter und in der Regel dazu dann auch ein Energiemanagementsystem. Solarwatt hat nach eigenen Angaben seit 1993 mehr als 700.000 Solarprojekte in ganz Europa umgesetzt. Lösung statt reiner Hardware, nichts Neues also eigentlich, wie Frank sagt: „Seit 2012 setzen wir als Unternehmen bereits auf diese Sektorenkopplung. Diese Erfahrung grenzt uns von anderen Anbietern ab und vereinfacht jetzt auch unseren nächsten Entwicklungsschritt.“
KI soll Solarwatt auf dem Weg zum Lösungsanbieter helfen
Türöffner auf dem Markt für die neue Rolle als Lösungsanbieter soll jetzt also Solarwatt Home werden. „Wir bringen die Energiewende voran und machen die Sektorenkopplung zum Standard“, so Frank. Diese Lösung soll Solarmodule, Batteriespeicher, Wärmepumpe und Wallbox mit einer KI-basierten Steuerungssoftware sowie Dienstleistungen und Services zu einem maßgeschneiderten Energiepaket für Privathaushalte und Unternehmen bündeln. Ziel ist, so Solarwatts Chief Product Officer (CPO) Peter Bachmann, dass jede erzeugte Kilowattstunde genau dort verwendet wird, „wo es mit Blick auf die Kosten und die Umwelt am sinnvollsten ist. Mithilfe von KI-Algorithmen berechnen wir für unsere Kunden sehr individuell, wie die Energie aus der Solaranlage eingesetzt wird und wann sie bestenfalls Strom aus dem Netz dazukaufen sollten.“
Das Unternehmen würde auch Planung und Installation der Solaranlage, der Wärmepumpe und der Ladestationen übernehmen: „Die Kopplung von Strom, Wärme und Mobilität ist hochkomplex, deshalb kommt es darauf an, dass die verschiedenen Puzzleteile perfekt ineinanderpassen und genau das stellen wir sicher“, wirbt CEO Frank für das neue Angebot, für das die Dresdner mit Partnern wie Stiebel Eltron (Wärmepumpen), BMW (Speicherzellen) und Kiwigrid (Sektorenkopplung) zusammenarbeiten.
Solarwatt ist damit als Hardwarehersteller vom Markt. Die Produkte kommen maßgeschneidert von Auftragsfertigern aus Asien, die Fertigungslinien in Dresden will das Unternehmen in Zukunft veräußern. Bei denen setzt das Unternehmen auf Qualität, trotz des harten Wettbewerbsumfeldes. Bei seinen 450-W-Glas-Glas-Modulen betont Solarwatt, dass die Herstellung laut Berechnungen des französischen Testlabors Certisolis rund 205 kg CO2 beträgt, rund ein Drittel dessen, was für Standardmodule, „wie sie heute üblicherweise verbaut werden“, so Solarwatt, zu Buche schlagen würde. „Glasfolie nimmt ab beziehungsweise geht definitiv aus dem Markt“, schätzt Frank die Entwicklung ein. Bei den mit BMW zusammen entwickelten neuen modularen Batteriespeichern, die ab 2025 kommen, betont Solarwatt „höchste Sicherheitsstandards“ und Notstromfähigkeit.