Strompreise: TransnetBW will mehr Freileitungen statt Erdkabel für Stromnetze
Stromnetze mit Höchstspannung sind sehr umstritten. Um die Akzeptanz zu steigern, werden sie immer öfter als Erdkabel verlegt. Das aber erhöht die Strompreise deutlich; darauf weist der Übertragungsnetzbetreiber TransnetBW hin.
Es hat lange gedauert, bis für die großen Stromtrassen, die per Höchstspannung in Deutschland Strom von Nord nach Süd und Ost nach West – oder umgekehrt – verteilen, eine Ausführung als Erdkabel in den Stromnetzentwicklungsplänen möglich war. Zu viele Proteste von Bürgerinnen und Bürgern gaben hierzu maßgeblich einen Ausschlag. Inzwischen wird eine Höchstspannungsgleichstromübertragung, kurz HGÜ, wie die des Nordwestlinks und Südwestlinks als Erdkabel geplant, seit Anfang 2016 ist das sogar gesetzlich vorgegeben.
Energiewende: Der deutsche Stromnetzausbau muss Fahrt aufnehmen
Allerdings war allen Beteiligten von vornherein klar: Erdkabel sind teurer, der Bau dauert länger. Wo Freileitungen eine andere Infrastruktur in der Höhe überwinden können, ob Straße oder Kanal, gilt es bei der Erdverlegung zu bohren. Das brachte am heutigen Montag, den 11. Dezember 2023, Werner Götz, Chef des südwestdeutschen Übertragungsnetzbetreibers TransnetBW wieder in Erinnerung: „Bei neuen Großprojekten muss wieder das Thema Kosten im Vordergrund stehen“, sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Bei neuen Trassenplanungen ließen sich bis zu 20 Mrd. € einsparen, Götz spricht von einer Halbierung der Kosten. TransnetBW ist sowohl als federführendes Unternehmen für den Bau von Nordwestlink als auch den von Südwestlink mit verantwortlich.
Neue Trassen für Stromnetze sollen ohne Erdkabel auskommen dürfen
TransnetBW ist da nicht alleine, auch Tennet und 50Hertz schließen sich dem an. Warum, erschließt sich mit einem Blick in den Netzentwicklungsplan für 2037: Dort stehen vier HGÜ-Projekte mit Umsetzungsstand „0: Noch keine Aktivität“. Dort ließe sich also noch etwas ändern:
- DC35: 461 km von Övelgönne (West-Hamburg) bis Marxheim (Bayerisch-Schwaben), verantwortlich ist Amprion.
- DC40: 594 von Leer (Ostfriesland) nach Streumen bei Meißen (Sachsen). Verantwortlich sind 50Hertz und Tennet.
- DC41: 607 km von Alfstedt im Landkreis Rotenburg (Wümme) in Niedersachsen bis nach Obrigheim (Baden), hieran ist TransnetBW neben Tennet beteiligt.
- DC42: 737 km vom Kreis Herzogtum Lauenburg (südöstliches Schleswig-Holstein in den Landkreis Böblingen, südlich von Stuttgart), ebenfalls unter Beteiligung von TransnetBW, in diesem Fall aber zusammen mit 50Hertz
Freileitungen statt Erdkabel könnten Strompreise entlasten
Auch die Natur kann bei der Verlegung von Erdkabeln – je nach der Verlegemethode – mehr oder weniger stark beeinträchtigt werden. Weshalb sich auch gegen die Verlegung von Erdkabeln Widerstand in der betroffenen Bevölkerung regt. Ganz ohne Bedenken lassen sich solche Großprojekte generell nicht umsetzen. Warum also jetzt das Werben für die Freileitung? Was neu ist an der Einlassung von Götz ist, dass er die Kosten wieder in den Vordergrund rückt. Denn der Netzausbau wird umgelegt auf alle Stromkundinnen und -kunden, sowohl auf Privatleute als auch auf Unternehmen. Diese Netzentgelte fallen natürlich niedriger aus, wenn die umlagefähigen Kosten geringer ausfallen – sprich, die Trasse weniger gekostet hat.
Es braucht rund 200 Mrd. € bis 2030, um die Netze fit für die Energiewende zu machen
In der Debatte um den Bundeshaushalt 2024 mit dem Tenor: „Die Zeit der Geldgeschenke ist vorbei“, sind Vorschläge zur Kostensenkung immer willkommen. Denn auch die Geldgeschenke an alle, die Steuern und Umlagen zu zahlen haben, stehen – zumindest in der Wahrnehmung – latent auf der Kippe. Also vielleicht besser eine Freileitung bauen, als Erdkabel zu verbuddeln. Allerdings wäre die Debatte doch so sehr verkürzt, und schließlich ist die Erdkabelverlegung für HGÜ nicht ohne Grund in ein Gesetz gegossen worden. So leicht lässt sich das nicht ändern. Spannend aber ist es, dass ausgerechnet TransnetBW-Chef Götz sich via dpa zu Wort gemeldet hat, denn vor rund einem Monat erst ist der Bund über seine Förderbank KfW mit einem Minderheitsanteil von 24,95 % beim Übertragungsnetzbetreiber eingestiegen.