Stromtrassen sollen „in hohem Tempo“ genehmigt werden
Auf der Jahrespressekonferenz stellte Jochen Homann, der Präsident der Bundesnetzagentur, nach eigenen Worten zum letzten Mal den Jahresbericht vor. In den Medien war ein Hauptthema ein starker Anstieg unerlaubter Werbeanrufe. Im Energiebereich, in früheren Jahren heiß diskutiert, war 2020 ein eher ruhiges Jahr. Homann betonte vor allem Fortschritte bei der Dauerbaustelle Stromnetzausbau.
Der Ärger bei Bürgerinnen und Bürgern über unerlaubte Telefonwerbung war im vergangenen Jahr deutlich größer als zuvor. Und das zieht sich bis in dieses Jahr hinein. Das ist eines der wichtigsten Ergebnisse des gestern am Amtssitz in Bonn vorgestellten Jahresberichts der Bundesnetzagentur. Laut Bericht des Agenturpräsidenten Jochen Homann lag die Zahl der Beschwerden über solche unerlaubten Anrufe im Zeitraum Januar bis April dieses Jahres bei rund 30 000. Das waren 12 000 mehr als im Vorjahreszeitraum. Generell waren es 2020 63 300 Anrufe, die bei der Agentur gemeldet wurden. Einen Corona-Effekt wollte Homann auf Nachfrage indes nicht bestätigen: „Das mag so sein, das vermag ich nicht zu beurteilen“, antwortete er.
Solche Anrufe sind nur erlaubt, wenn zu Beginn die angerufene Person einwilligt. Ärger gibt es auch immer wieder mit den bei solchen Anrufen abgeschlossenen Verträgen im Energiesektor. Ein Bundesgesetz, dass hier für mehr Verbraucherschutz sorgen soll, bereitet die Bundesregierung zwar vor – unklar aber ist, ob es vor der Bundestagswahl im September in Kraft treten wird. Es soll dafür sorgen, dass telefonisch vereinbarte Strom- und Gasverträge zusätzlich später schriftlich bestätigt werden müssen.
Bundesnetzagentur: Ausbau des Stromnetzes macht „weiter Fortschritte“
Im Energiebereich ging es beim Jahresbericht wieder um den Stromnetzausbau. Hier konnte Präsident Homann Positives berichten, er habe „wichtige Fortschritte gemacht“. Ende 2020 befanden sich 3524 km an Stromleitungen in Genehmigungsverfahren. Von den insgesamt 7783 km der 65 laufenden Netzausbauprojekte waren bis Ende des Jahres 2020 734 km genehmigt oder im Bau und rund 1600 km Stromleitungen fertiggestellt. Den Investitionsbedarf für Stromnetze an Land bis 2030 schätzt die Agentur auf bis zu ca. 102 Mrd. €, 55 Mrd. € für das Übertragungsnetz und 47 Mrd. € für die Verteilernetze.
„Für zentrale Projekte wie den SuedLink und den SuedOstLink haben wir zudem bereits einen Trassenkorridor genehmigt“, so Homann. 2021 würden die Genehmigungsverfahren in hohem Tempo weitergehen.
Eigenkapitalzins für Stromnetzbetreiber soll sinken, aber „auskömmlich“ bleiben
Erfreut zeigte sich Homann, dass sich 2020 die Stromnetzentgelte im bundesweiten gewichteten Durchschnitt kaum verändert hätten. Die Stromnetzentgelte werden auf den Strompreis aufgeschlagen und somit von Verbraucherinnen und Verbrauchern und der Wirtschaft bezahlt. Sie wurden neben der Umlage für die Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage) in den letzten Jahren zu einem der am meisten diskutierten Bestandteile des in Deutschland fast schon traditionell hohen Brutto-Strompreises. Das Netzentgelt für einen typischen Haushaltskunden werde bei den von der Bundesnetzagentur regulierten Netzbetreibern im Jahr 2021 bei 7,65 Cent/kWh gegenüber 7,60 Cent/kWh im Vorjahr liegen, ein Anstieg um +0,7 %.
Beim Jahrespressegespräch ging es zudem stark um den künftigen kalkulatorischen Eigenzins: Alle fünf Jahre legt die Bundesnetzagentur die kalkulatorischen Zinssätze fest, die Netzbetreiber auf das eingesetzte Eigenkapital für den Stromnetzausbau erhalten. Dabei unternimmt die Agentur regelmäßig einen heiß debattierten Spagat: Der Zins muss hoch genug sein, damit die Netzbetreiber ein lohnendes Invest unternehmen könne, sie dürfen aber für die Stromverbraucherinnen und -verbraucher nicht überhöht sein. Hier hat die Agentur einen entsprechenden Schutzauftrag. Homann bestätigte, dass im Juni ein angekündigtes Gutachten zur Höhe der Zinsfestlegung vorliegen werde. Mit der Festlegung der Zinssätze rechnet er im Herbst dieses Jahres.