TDK präsentiert Megamaterial für Feststoffbatterien
Ein neues Material für Festkörperbatterien von TDK kann die Sicherheit und Effizienz von Feststoffbatterien in kleinen Geräten wie drahtlosen Kopfhörern oder Smartwatches verbessern. Diese neue Technik kann Auswirkungen auf die Zukunft der Batterietechnologie haben.
Japan ist das Mutterland der modernen Lithium-Ionen-Batterietechnik, obwohl China und Südkorea ihm inzwischen auf dem Markt den Rang abgelaufen haben. Technologisch hat Japan die Rückeroberung seiner Spitzenstellung längst in Angriff genommen. So stellt der Elektronikkonzern TDK am 17. Juni in Tokio ein neues Batteriematerial vor, das laut TDK eine 100-mal höhere Energiedichte habe als die bisherigen Materialien des Herstellers.
Vergleich zu bisherigen Feststoffbatterien
Apple-Zulieferer TDK stellte heute schon Feststoffbatterien unter dem Markennamen Ceracharge her. Das sind kleine Batterien in Mehrschichtbauweise, die in Gadgets oder IoT-Geräten (IoT: Internet of Things) für Industrie und Unterhaltungselektronik zum Einsatz kommen. Der Elektrolyt, in normalen Lithium-Ionen-Batterien flüssig, ist hier fest. Und das Material, das TDK jetzt entwickelt hat, soll eine 100-mal höhere Energiedichte als die bisherigen Batterien, nämlich rund 1000 Wh/l. Wattstunden pro Liter (Wh/l) ist eine weltweit branchenübliche Einheit für die Energiedichte haben. Mit den 1000 Wh/l soll das Elektrolytmaterial heute schon Werte erreichen, die die EU als oberen Wert für die dritte Batteriegeneration mittelfristig zwischen 2025 und 2030 anpeilt.
Sicherheitsvorteile von Feststoffbatterien
Ein Vorteil von Feststoffelektrolyten: Sie sind sicherer als übliche Lithium-Ionen-Akkus, sie sind nicht so schnell entflammbar, denn sie enthalten keine brennbaren Flüssigkeiten. TDK sieht den Einsatz seiner neuen Ceracharge-Generation als Knopfzellen daher vor allem für kleine Geräte, die am Körper getragen werden sollen. Dazu gehören Kopfhörer, Hörgeräte oder Smartwatches. Laut TDK beginnt nach der Materialentwicklung jetzt der Übergang in die Produktentwicklung. Ein Datum für erste marktfähige Produkte nannte das Unternehmen nicht.
Feststoffbatterien in der Elektromobilität und Industrie
Feststoffbatterien (manchmal auch Festkörperbatterien) spielen aber vor allem dann eine Rolle, wenn es um den nächsten großen Schritt in der Elektromobilität geht: Elektroautos mit mehr Reichweite, mit Speichern, die sicherer und zuverlässiger sind als die heutigen.
Ein Blick auf die Ankündigung der großen Automobil- und Batteriehersteller zeigt, wohin die Reise geht. So teilte der südkoreanische Batteriekonzern Samsung SDI im März dieses Jahres mit, 2027 mit der Massenproduktion von Feststoffakkus für Elektroautos zu beginnen. Auf der Fachmesse Interbattery in Seoul sprach Samsung SDI von 900 Wh/l. Das seien 40 % mehr als bei den bisherigen Lithium-Ionen-Zellen, die das Unternehmen liefert. Auch Hyundai Motors peilt für die Massenproduktion das Jahr 2027 an.
TDKs heimischer Konkurrent Maxell stellt auch Batterien in Feststofftechnik her und baut dabei auf Fabrikautomation als Zielmarkt. Dort sind langlebige Batterien gesucht, die auch bei Temperaturen über 100 °C eingesetzt werden können. Neben den Fabrikautomatisierern hätten sich Auto- und Reifenhersteller als Interessenten gemeldet, berichtet die japanische Nikkei Asia.
Nikkei Asia zufolge peilt Nissan die Produktion von Feststoffbatterien in einem kleinen eigenen Werk ab 2025 an, Toyota ist wesentlich zurückhaltender und datiert den Beginn auf 2028, sieht eine Massenproduktion allerdings erst nach 2030. Honda spricht von Ende der 2020er-Jahre.
China hingegen hat ein Konsortium unter der Führung von BYD und Catl gegründet, um bis 2030 eine komplette Wertschöpfungskette für Feststoffbatterien im Land aufbauen zu können.
Zukunft und Marktstrategien für Feststoffbatterien
Die Feststofftechnik soll in fünf Kenngrößen mehr bieten als die heutige Lithium-Ionen-Technik, wie das Karlsruher Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI) vor zwei Jahren in einer Roadmap darlegte. Dazu gehören:
- Energiedichte: besonders wichtig für mobile Anwendungen. Materialkombinationen für Feststoffelektrolyte könnten „hochmodernste Lithium-Ionen-Batterien LIB in Bezug auf die Energiedichte übertreffen“, so das Fraunhofer ISI. Erreichbar seien volumetrische Energiedichten bis zu 1150 Wh/l. Wobei das Institut in seiner Technologie-Roadmap Werte um 1000 Wh/l bis 2030 avisiert, den erreichbaren Spitzenwert aber erst nach 2035 als „Vision“.
- Sicherheit: wird auch auf Zellebene als hoch eingeschätzt, da es keine brennbaren Flüssigkeiten gibt. Sicherheitsrisiken gibt es dennoch. Metallisches Lithium sei „hochreaktiv“, Sulfid-Feststoffelektrolyten könnten mit Wasser reagieren und dann Schwefelwasserstoff bilden.
- Langzeitstabilität und Lebensdauer: gleich oder besser als die der Flüssigelektrolyt-Lithium-Ionen-Batterien.
- Kosten: waren laut Fraunhofer ISI 2022 noch nicht realistisch einzuschätzen.
- Schnellladefähigkeit ist der Knackpunkt im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien und für Elektromobilität extrem wichtig. Das ISI blickt hier vor allem auf die begrenzte ionische Leitfähigkeit der meisten Feststoffelektrolyten.
An unsere Leser: Laut golem.de soll unsere Meldung nicht gründlich recherchiert worden sein. Es wird in dem Artikel damit argumentiert, dass die Verhundertfachung der Energiedichte im Vergleich zu gebräuchlicher Akkutechnik nicht stattgefunden haben kann. Der Autor verweist auf einen möglichen Übersetzungsfehler. Eine Anfrage der VDI nachrichten bei TDK ergab, dass diese Einschätzung auf einem Missverständnis beruhe. „Unsere Pressemitteilung verweist auf eine Energiedichte von 1000 Wh/L, welche etwa 100-mal höher ist als die Energiedichte der herkömmlichen TDK-Produkte“, betonte TDK gegenüber den VDI nachrichten.