Gas: Bei der Steuer entlastet, viel genutzt und kurzfristig im Heizungskeller wohl kaum ersetzbar
Mehr als die Hälfte der Haushalte in Deutschland heizt mit Gas, gaben heute die statistischen Ämter des Bundes und der Länder bekannt. Und das könnte noch teurer werden, wurden heute doch neue Gasumlagen bekannt. Dabei ist Ersatz für Gas, vor allem Wärmepumpen, nur mit längerem Vorlauf zu bekommen, wie eine neue Studie der Dena zeigt.
Mehr als die Hälfte (52,1 %) aller Wohnungen in Deutschland wird überwiegend mit Gas beheizt, das gaben die statistischen Ämter von Bund und Ländern heute in einem bundesweiten Vergleich auf Basis des Mikrozensus 2018 bekannt. Der Nordwesten Deutschlands nutzt Erdgas dabei häufiger als der Süden: Im Gebiet Weser-Ems sind es 85,2 %, im Gebiet Südwest im Raum Trier sind es 23,5 %, in Niederbayern 24,5 %.
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Auch in Neubauten sei Gas noch immer die am häufigsten eingesetzte primäre Heizenergie, heißt es in der Mitteilung. Laut Baufertigstellungsstatistik für neue Wohngebäude lag in den Jahren 2016 bis 2020 der Anteil von Gasheizungen bei 44,9 %, gefolgt von der Umweltthermie (das sind Luft-/Wasser-Wärmepumpen) mit 32,4 %. Auch hier gibt es eine Nord-Süd-Aufteilung: Im Landkreis Aurich stecken in 91,9 % aller Neubauten Gasheizungen, im Landkreis Bernkastel-Kues an der Mosel sind es nur 10,3 %. Neue Ölheizungen werden mit 0,9 % (bundesweit gesehen) kaum noch verbaut.
Bundesregierung entlastet Gaskunden bei Umsatzsteuer
Nachdem bereits am Montag die Trading Hub Europe GmbH (THE), ein Gemeinschaftsunternehmen der Gas-Übertragungsnetzbetreiber, die Höhe der neuen Gasbeschaffungsumlage von 2,419 Cent/kWh bekannt gab, folgten heute die Höhen der restlichen Umlagen, die ab dem 1. Oktober 2022 gelten, auch die der neuen Gasspeicherumlage. Sie fällt im Vergleich zur Gasbeschaffungsumlage mit 0,059 Cent/kWh vergleichsweise niedrig aus. Die restlichen fünf Umlagen und Entgelte auf den Gaspreis sind nicht neu, steigen aber an oder bleiben gleich. Insgesamt stehen sie für eine Erhöhung von knapp 1 Cent/kWh.
Die Bundesregierung hat heute reagiert und will die Gaskundinnen und -kunden für einen befristeten Zeitraum entlasten. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte in Berlin an, einen niedrigeren Mehrwertsteuersatz auf Erdgas zu verlangen. Die Steuer solle für Erdgas von bisher 19 % auf den niedrigen Prozentsatz von 7 % reduziert werden.
Dena: Hauseigentümer wollen Wärmepumpen als Ersatz für Gas
Doch noch mal eben schnell vor der kommenden Heizsaison aus Gas aus und auf Wärmepumpen umzusteigen, dürfte bei den meisten nicht klappen. Mit zwölf bis 18 Monaten sei zu rechnen, zumindest sagen das 45 % aller von der Deutschen Energieagentur (Dena) in einer Umfrage befragten Expertinnen und Experten für Energieberatung. Weitere 9 % gehen von mindestens neun Monaten aus. Die Dena befragte dazu Mitglieder der „Energieeffizienz-Expertenliste“, eines bundesweiten Verzeichnisses nachweislich qualifizierter Fachkräfte für Förderprogramme für energieeffizientes Bauen und Sanieren, das die Dena betreut.
Die Umfrage zeigt, dass es eine hohe Nachfrage nach einem großflächigen Einbau von Wärmepumpen gibt: „Knapp 90 % der an der Umfrage mitwirkenden Energieberaterinnen gaben an, regelmäßig bis sehr häufig nach Wärmepumpen gefragt zu werden. 80 % sagen aus, den Einsatz von Wärmepumpen regelmäßig bis sehr häufig zu empfehlen“, so die Dena in einer Mitteilung. Nach Gas- oder Ölbrennwertgeräten fragten regelmäßig bis häufig nur rund 17 % der Kunden – damit rangiert diese Technik noch hinter den Holzpelletheizungen (28 %).
Ihre Checkliste für Wärmepumen
Drängendste Frage – neben der nach der geeignetsten Heiztechnik – ist laut Dena-Umfrage vor allem, ob denn eine Wärmepumpe überhaupt für die eigenen vier Wände geeignet ist. Eine Frage, die sich vor allem im Bestand stellt; gerade hier ist aber auch das Potenzial für eine klimafreundlichere Beheizung ohne Nutzung fossiler Brennstoffe groß.
Falls das Gas knapp wird, dann trifft es einige Regionen wohl mehr als andere
Längst nicht alle, die dies auch gerne wollen, werden also im kommenden Winter ohne Gas heizen können. Dabei dürfte ein Gasmangel sich bundesweit nicht gleich auswirken, verdeutlichte heute Morgen Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, in einem Interview auf der Onlineplattform t-online.de: „Vermutlich wären die Einschränkungen erst einmal temporär und können auch wieder enden oder mehrfach auftreten“, sagte er. Eine Lösung des Problems könnte dann über die bundesweiten Gasnetze erfolgen.
Hintergrund ist auch, dass die von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ausgeflaggten 95 % Füllstand für die Gasspeicher in Deutschland Müller zufolge wahrscheinlich nicht erreicht werden können. Hintergrund, so Müller: „Das werden wir kaum hinkriegen, weil einzelne Speicher von einem sehr niedrigen Füllstand gestartet sind.“ Für den Winter 2023/24 sieht es da besser aus: Dann stehen die privaten Flüssiggasterminals voll zur Verfügung und „dann könnten wir davon ausgehen, dass wir unsere Speicher nächsten Sommer wieder schneller füllen können“, hofft Müller laut t-online.de.
Wie voll sind unsere Gasspeicher?
Nach Angaben des Lageberichts der Agentur zum Gasmarkt liegt der Gesamtspeicherstand in Deutschland bei 77,79 %. Aber wichtige Großanlagen wie der Speicher Rehden sind von niedriger Basis gestartet und heute erst zu 57,23 % gefüllt. Spannend sind da weitere Daten, die sich auf den Seiten der Bonner Behörde finden, konkret im Strommarktdatenportal Smard. Das zeigt, dass im Juli 2022 mit 4036 GWh deutlich mehr Strom von Gaskraftwerken produziert wurde als im Juli 2021 (3558 GWh). 2020 lagen die Zahlen im Juli allerdings bei 5888 GWh. Aus Expertenkreisen verlautet, dies könne mit einer höheren Exportquote nach Frankreich und in die Schweiz zusammenhängen. Sowohl die französischen Kernkraftwerke als auch die eidgenössischen Wasserkraftanlagen leiden unter der Dürre.