Tandem-Solarzelle auf Basis von Perowskiten 09. Aug 2024 Von Stephan W. Eder Lesezeit: ca. 3 Minuten

Ultradünne, flexible Solarzelle ohne Silizium vorgestellt

Wissenschaftler der Universität Oxford haben eine Solarzelle entwickelt, die sehr dünn, sehr flexibel und so leistungsfähig wie eine herkömmlich Solarzelle ist – ohne dass sie Silizium enthält. Sie soll sich auf beliebige Gegenstände aufbringen lassen – ob Rucksäcke, Autos oder Smartphones.

Shuaifeng Hu, Wissenschaftler am Physics Department der Universität Oxford, zeigt ein Laborsample des neuen ultradünnen Solarzellentyps, eine Dreifach-Tandem-Zelle auf Basis von Perowskiten.
Foto: Martin Small/ Oxford University

Ein Forschungsteam des Physics Department der Universität Oxford hat eine neue Tandem-Solarzelle (auch Stapel- oder Multijunction-Zelle genannt) auf Basis von Perowskiten entwickelt. Sie sei „dünn und flexibel genug, um auf die Oberfläche fast jedes Gebäudes oder alltäglichen Gegenstands aufgetragen zu werden“, heißt es in einer Mitteilung der Universität. Mit nur etwas mehr als 1 µm Dicke sei sie fast 150-mal dünner als ein Siliziumwafer und könne daher „auf fast jede Oberfläche aufgetragen werden“. Die Universität ist für ihre Solarzellenforschung bekannt, die Perowskite wurden dort maßgeblich entwickelt.

„Innerhalb von nur fünf Jahren Experimentieren mit unserem Stapel- oder Multi-Junction-Ansatz haben wir die Stromumwandlungseffizienz von etwa 6 % auf über 27 % erhöht, was nahe an den Grenzen dessen liegt, was einschichtige Photovoltaik heute erreichen kann“, sagte Postdoktorand Shuaifeng Hu. Diese 27 % hat jetzt das National Institute of Advanced Industrial Science and Technology (AIST) in Japan zertifiziert; eine entsprechende wissenschaftliche Studie komme erst später in diesem Jahr, so die Universität.

Tandem-Solarzellen gibt es auch hauchdünn mit gutem Wirkungsgrad

Henry Snaith ist Professor für erneuerbare Energien an der Universität Oxford. Er entwickelte Perowskit-Solarzellen maßgeblich mit und treibt über ein eigenes Unternehmen, Oxford PV, deren Kommerzialisierung voran. Foto: Martin Small/Oxford University

Hu arbeitet im Team von Henry Snaith, der als Professor für erneuerbare Energien die Solarforschung in Oxford leitet und der 2010 Oxford PV gegründet hat; ein britisches Unternehmen, das die Perowskit-Solartechnik derzeit in einem Werk in Brandenburg kommerzialisiert. Oxford PV setzt dabei ebenfalls auf Tandem-Solarzellen, allerdings bestehen diese aus einem Perowskit-Silizium-Verbund, wie sie auch in deutschen Forschungsinstituten wie dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) oder dem Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) erforscht und entwickelt werden.

Die neue Technik aus Oxford enthält kein Silizium und besteht aus drei übereinanderliegenden Schichten. Diese absorbieren jeweils unterschiedliche Bereiche des optischen Spektrums. Auf diese Weise lässt sich prinzipiell die Effizienz der Gesamtzelle gegenüber einer Einschicht-Zelle – die heute üblichen Silizium-Solarzellen haben nur eine aktive Schicht – deutlich erhöhen. Allerdings sind siliziumfreie Tandemzellen auch nichts Neues. Die gibt es schon lange. Tandemzellen sind seit Jahrzehnten auf dem Markt und werden für Anwendungen, zum Beispiel für Solarzellen für die Stromversorgung von Satelliten, eingesetzt. Dafür werden etwa Tandem-Solarzellen, bestehend aus drei Schichten mit GaInP, GaInAs und Ge, genutzt. Wirkungsgrade über 40 % sind so in der Praxis erreichbar.

Solarzellen auf vielen verschiedenen Flächen könnten Solarausbau beschleunigen

Ein Laborsample des neuen ultradünnen Solarzellentyps auf Perowskitbasis. Da diese Solarzellen nur 1 µm dünn und sehr flexibel sind, sollen sie sich auf sehr viele Oberflächen auftragen lassen. Foto: Martin Small/ Oxford University

Der Clou aus Oxford bleibt die Flexibilität, damit auch die Möglichkeit, ohne explizites Solarpanel auszukommen, und die Herstellung in einem Beschichtungsprozess. „Durch die Verwendung neuer Materialien, die als Beschichtung aufgetragen werden können, haben wir gezeigt, dass wir Silizium nachahmen und übertreffen können, während wir gleichzeitig Flexibilität gewinnen. Dies ist wichtig, weil es mehr Solarstrom ohne den Bedarf an so vielen siliziumbasierten Panels oder speziell gebauten Solarparks verspricht“, sagte Junke Wang, wie Hu Postdoktorand am Physics Department der Universität Oxford.

Die Forscher glauben, dass ihr Ansatz die Kosten für Solarstrom weiter senken könne, weil neue Materialien wie dünne Perowskitschichten den Bedarf an Silizium-Panels und speziell gebauten Solarparks reduzieren könnten. „Wir können uns vorstellen, dass Perowskitbeschichtungen auf breitere Arten von Oberflächen aufgetragen werden, um billigen Solarstrom zu erzeugen, zum Beispiel auf den Dächern von Autos und Gebäuden und sogar auf den Rückseiten von Mobiltelefonen“, fügte Wang hinzu.

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