Wasserkraft in Bayern: Ausbau mit gebremstem Schaum
Stromerzeugung aus Laufwasser und Pumpspeichern ist vor allem in Bayern eine etablierte Ökostromerzeugung. Ihr weiterer Ausbau hat Grenzen und stößt auch in der Öffentlichkeit auf großen Widerstand.
In der Debatte um die bayerische Energiewende spielt die Wasserkraft kaum eine Rolle. Dabei nutzt Bayern mit rund 15 % Wasserkraftanteil am Stromverbrauch des Freistaats – neben Baden-Württemberg – den Energieträger in Deutschland schon am intensivsten. Weil hier die Kernenergie mit nahezu 50 % – noch – eine Hauptrolle spielt, wäre die Nutzung vorhandener Wasserkraftpotenziale höchst willkommen.
Doch Widerstand begleitet die Nutzung der Wasserkraft von Anfang an: Schon kurz nach der Wende zum 20. Jahrhundert, als am bayerischen Alpenrand das Walchenseewerk gebaut werden sollte, gab es erbitterte Gegner: „Wohin mit dem vielen Strom?“, fragten sie damals.
Widerstand begleitet die Nutzung der Wasserkraft
Heute argumentieren sie umgekehrt: Die Wasserkraft könne nur einen so geringen Beitrag zur Bedarfsdeckung leisten, dass kein weiterer Eingriff in die Natur gerechtfertigt sei. Der Zielkonflikt liegt vor allem bei Veränderungen in der Landschaft und bei der Gefahr, dass Fische in die Turbinen geraten.
Dabei gilt die Wasserkraft – in Bayern sind im öffentlichen Netz 2,3 GW Leistung installiert – mit als die sicherste und umweltverträglichste der erneuerbaren Energien. Einerseits deckt sie mit Laufwasserkraftwerken einen Teil der Grundlast, aus Speichern wie dem Walchensee können aber auch Lastspitzen schnell aufgefangen werden.
Die großen bayerischen Wasserkraftbetreiber BEW und Eon hatten 2009 das Ausbaupotenzial in ihren Konzessionsgebieten durch neue Anlagen, Nutzung bestehender Querbauwerke und Ausbau vorhandener Anlagen ermittelt. Damals erzeugten die Wasserkraftwerke 7,6 Mrd. kWh/Jahr. Das zusätzlich nutzbare Potenzial wurde mit rund 14 % ermittelt, womit 1 Mrd. kWh jährlich zusätzlich hätte erzeugt werden können. Das ist auch heute noch Ziel der bayerischen Staatsregierung. Verwirklicht wurde indessen nur ein bescheidener Teil, lediglich beim Ausbau gab es einige Erfolge.
So hat Eon 2009 im Isar-Kraftwerk Gottfrieding in Niederbayern eine dritte Turbine mit 5 MW hinzugebaut. Weitere 5 MW konnten in Wasserburg am Inn gewonnen werden; das Werk ging inzwischen an den österreichischen Versorger Verbund über. Mitten in München installierten die Stadtwerke etwa gleichzeitig 2,5 MW im Praterkraftwerk an der Isar.
Die Rhein-Main-Donau AG (RMD) wird im kommenden Frühjahr an der Regnitz bei Neuses in Oberfranken eine Wasserkraftschnecke mit 130 kW Leistung in Betrieb nehmen, mit der sich das Restwasser, das beim Kraftwerk Hirschaid aufgrund gewässerökologischer Auflagen in die Regnitz abgeleitet werden muss, weiterhin energetisch nutzen lässt. Eine Leistungssteigerung ist deshalb damit nicht verbunden.
Wasserkraftreserven schlummern im Kleinen
Im Main-Kraftwerk Rothenfels im Landkreis Main-Spessart wird RMD ebenfalls in Kürze mit dem Bau einer unterirdischen Rohrturbine beginnen, die 2017 betriebsbereit sein soll und die bestehende Ausbauleistung von 4,2 MW auf insgesamt 6,3 MW erhöhen wird.
„Die größten Potenziale liegen in der Änderung des Nutzungsumfangs, der Erhöhung der Wirkungsgrade und in der optimierten Steuerung bei Nachrüstung und Modernisierung vorhandener größerer Anlagen“, heißt es im Energie-Atlas Bayern. Weitere Reserven schlummerten im Kleinen. Doch schon das erste Schachtkraftwerk, eine kleine, technisch neu entwickelte Anlage mit weniger als 500 kW Leistung, war kaum genehmigt, als Naturschutz und Fischerei Klage dagegen erhoben. Gebaut werden soll das Werk an der Loisach bei Großweil; die Gemeinde könnte vollständig vor Ort mit regenerativer Energie versorgt werden, was auch der Netzstabilität entgegenkäme.
Obwohl die Wasserkraftnutzung oft mit Aufgaben wie dem Hochwasserschutz, der Stabilisierung des Flussbetts und der Uferbefestigung verbunden werden kann, sind größere Vorhaben zur zusätzlichen Wasserkraftnutzung an der Salzach und am Lech bisher nicht vorangekommen. Zudem erhält die wirtschaftliche Seite mehr Gewicht: Wasserkraftanlagen rechnen sich kaum noch. Am Hochrhein wird bereits Wasser an den Kraftwerken ungenutzt „bachab“ geschickt, wenn der Strommarkt keine wirtschaftliche Einspeisung zulässt.