Energiewirtschaft 14. Feb 2025 Lesezeit: ca. 4 Minuten

Wasserstoffwirtschaft in Deutschland: Warum der Hochlauf stockt

Fehlende Infrastruktur, hohe Kosten, politische Unsicherheiten – warum die Wasserstoffwirtschaft in Deutschland nicht vorankommt.

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Beladung von Wasserstoffspeichertanks im Industriehafen: Fehlende Infrastruktur, hohe Kosten, politische Unsicherheiten – warum die Wasserstoffwirtschaft in Deutschland nicht vorankommt.
Foto: PantherMedia / Bennu W

Die deutsche Wasserstoffwirtschaft ist eine Baustelle in vieler Hinsicht. Es fängt beim Rohstoff an, der eigentlich ja grüner Wasserstoff sein soll und den es kaum gibt. Falls es ihn gibt, ist er sehr teuer, und das dürfte er langfristig auch bleiben. Es fehlen die großen Elektrolyseure, um mit Massen an Ökostrom grünen Wasserstoff massenhaft herzustellen (und grünen Wasserstoff so preiswerter zu machen); es fehlt das Netz, um diese Massen an Wasserstoff zu verteilen; es fehlen die Abnehmer. Eigentlich fehlt alles, weil keiner in Vorlage gehen will. Ein klassisches Henne-Ei-Problem.

Apropos Baustelle: Es ist nicht so, als ob sich nichts täte. Schließlich fördern sowohl die EU wie die Bundesrepublik große (und auch kleinere) Projekte, damit das Ökosystem einer Wasserstoffwirtschaft Gestalt annimmt. Bei RWE am Kavernenspeicher in Epe wird tatsächlich richtig gebaut, in Beton und Stahl: die Epe-H2-Erweiterungsprojekte. Der Gasspeicher der RWE-Tochter RWE Gas Storage West liegt am geplanten Wasserstoffkernnetz – mit dem ist Deutschland weiter als der Rest Europas. Geplant ist in einer ersten Baustufe die Nutzung von zwei Kavernen zur Lagerung von ca. 70 Mio. m3 Wasserstoff, wobei ein durch Kunden nutzbares Volumen von 38 Mio. m3 Wasserstoff ermöglicht wird. Hinzu kommen sollen in einer zweiten Stufe zusätzliche Speicheranlagen. Am Ende sollen 80 Mio. m3 Wasserstoff mit einem durch Kunden nutzbaren Volumen von 45 Mio. m3 Wasserstoff stehen.

In Deutschland sind viele Wasserstoffprojekte genehmigt

Das RWE-Projekt ist eines unter vielen. Allein am 15. Februar letzten Jahres hatte die EU-Kommission für Deutschland 23 Projekte der sogenannten dritten Hy2Infra-Welle des IPCEI Wasserstoff (Important Projects of Common European Interest) beihilferechtlich genehmigt. Es sind vor allem Projekte zum Bau von Elektrolyseuren und Leitungen.

Oder eben den Kavernenspeicher in Epe. Der Wasserstoff für ihn kommt aus dem RWE-Kraftwerk im Emsländischen Lingen – hier baut RWE mehrere Elektrolyseure. Im Rahmen des Projekts GET H2 Nukleus plant das Unternehmen bis 2027 in drei Schritten 300 MW an Elektrolysekapazität. Und 2027 soll dann auch die Wasserstoffpipeline seitens OGE stehen, die den erzeugten Wasserstoff nach Epe in die Kavernenspeicher liefert.

Die Freude in der Wasserstoffbranche über das Wasserstoffkernnetz verblasst

Läuft also für Wasserstoff? Nicht so ganz. Ja, auf der Energiewirtschaftsmesse E-World in Essen, die am 13. Februar zu Ende ging, war Wasserstoff ein Thema. Doch die Freude über das Wasserstoffkernnetz, die Timm Kehler, Chef des Gas- und Wasserstoffverbandes, noch am ersten Messetag verbreitet, verblasste. Nachrichten aus den letzten Wochen und Monaten von gestrichenen und verschobenen Projekten drücken auf die Stimmung.

Nicht nur die Transformation bei Thyssenkrupp, bei der die Wasserstoffroute für die Stahlsparte infrage gestellt wird, schlägt durch. Industrielle Abnehmer für den grünen Wasserstoff fragen sich, ob es nicht zu teuer wird mit dem grünen Wasserstoff, auch wenn es einen IPCEI-Förderbescheid gibt. Denn Geld müssen die Unternehmen in die Hand nehmen – Förderung hin oder her. Und wenn der Kanzlerkandidat der CDU, Friedrich Merz, sagt: „Wo soll der Wasserstoff denn herkommen? Den haben wir nicht“, dann verunsichert das Unternehmen und Banken. EU-Förderung über IPCEI hin oder her.

Es brauche weitere politische Unterstützung, um den Hochlauf des Wasserstoffmarktes weiter voranzutreiben, so Kehler: „Die Tendenz im Wasserstoffbereich ist sehr erfreulich, allerdings klafft noch eine sehr große Lücke zwischen realisierten und geplanten Projekten. Beschleunigte, unbürokratische Genehmigungsverfahren sowie stabile Nachfrage von Wasserstoff durch Klimaschutzverträge und Leitmärkte sind erforderlich, um aus den geplanten Projekten auch reale Elektrolyseleistung entstehen zu lassen.“

Statkraft setzt bei Wasserstoff auf Mobilitätsanwendungen

Bei den vorgestellten Wasserstoffaktivitäten in Essen fiel auf: Die Abnehmer waren nicht große Industrien, nein, eher ein regionales Modell wie bei Trianel im westfälischen Hamm und der Schwerlastverkehr als Endabnehmer. Das verteilt Risiken und braucht kein deutschlandweites Wasserstoffnetz. So gab der norwegische Energiekonzern Statkraft bekannt, dass die Friedrich Vorwerk Group die Errichtung eines 10-MW-Elektrolyseurs am Kraftwerksstandort in Emden als Generalunternehmer übernimmt.

Am Statkraft-Kraftwerksstandort Emden sind gleich zwei Anlagen geplant. Der erste Elektrolyseur soll zukünftig den regionalen Verkehrssektor mit 1000 t grünem Wasserstoff versorgen – das soll für rund 100 Wasserstoff-Lkw reichen. Ferner sei geplant, die 10-MW-Anlage mittelfristig um einen 200-MW-Elektrolyseur (20.000 t Jahresproduktion) zu erweitern, wofür Statkraft derzeit über eine Zuwendung in Höhe von 107 Mio. € mit dem EU-Innovationsfonds verhandelt. Damit will Statkraft dann an das Wasserstoffkernnetz; zusätzlich soll grüne Fernwärme mittels eines Großwärmepumpen-Systems geliefert werden.

Eine FID (Final Investment Decision) gebe es aber noch nicht, für keine der beiden Ausbaustufen, so Statkrafts Wasserstoffexperte Helge-Jürgen Beil auf Nachfrage. „Diese ersten Piloten tragen sich ganz wesentlich, wenn sie nicht direkt neben einer Raffinerie stehen, aus dem Verkehrssektor.“ Und damit vor allem auf den Schwerlastverkehr mit Wasserstoff-Lkw. Berichte wie die Pleite des bayerischen Herstellers Quantron im Oktober letzten Jahres oder die Schwierigkeiten beim US-Rivalen Nikola setzen hinter diese Zielgruppe aber auch ein Fragezeichen. Doch Beil zufolge stehen Statkrafts Pläne im Emdener Hafen durch diesen Standort auf mehreren Beinen: Zum ersten könne das Unternehmen sich „durch den Hafen maritime Anwendungen vorstellen“. Der Zeithorizont für maritime Wasserstoffantriebe ist allerdings eher mittel- bis langfristig. Zum zweiten gebe es durch die Nähe zu den Niederlanden einen weiteren Absatzmarkt. „Es gibt Interessenten“, so Beil.

Trianel setzt für Wasserstoff-Hub auf die Regionalkarte

Auch der Stadtwerkekonzern Trianel setzt auf ein gemischtes Modell mit Zielmarkt Verkehr. Gemeinsam mit den Stadtwerken Hamm, den Stadtwerken Bochum und den Dortmunder Stadtwerken DSW21 plant Trianel ein nach eigenen Angaben erstes „rein kommunales Elektrolyseprojekt“. In unmittelbarer Nähe zum Trianel Gaskraftwerk Hamm soll ein 20-MW-Elektrolyseur entstehen, der bei 4000 Volllaststunden im Jahr etwa 1500 t grünen Wasserstoff produzieren soll. Der könnte bei den Stadtwerken der beteiligten Kommunen im ÖPNV vertankt werden.

Das Projekt würde den regionalen Wasserstoffhochlauf in Westfalen und im Ruhrgebiet beschleunigen. Und auch ein Wasserstoffkraftwerk will Trianel bauen, die Pläne sind schon älter. Am Standort des Gaskraftwerks Hamm soll ein dritter wasserstofffähiger 500-MW-Kraftwerksblock hinzukommen. Das Trianel Wasserstoffkraftwerk Hamm soll künftig gesicherte Leistung zur Verfügung stellen und damit einen Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten.

Gashändler: Anschluss bei der Wasserstoffmarktentwicklung nicht verlieren

Nach Ansicht des Energiehandelsverbandes Energy Traders Deutschland wurde in den letzten Jahren einiges für die Entwicklung des Wasserstoffmarktes getan. Zentrale regulatorische Themen seien adressiert worden, zum Beispiel durch die laufenden Festlegungsverfahren der Bundesnetzagentur zu den Grundmodellen für ein Ausgleichs- und Bilanzierungssystem, zum Kapazitätsangebot und zur Abwicklung des Netzzugangs. Die notwendige Klarheit sei da.

„Wesentlich für die Marktentwicklung wäre grundsätzlich eine Bekenntnis zur Nachfrage nach Wasserstoff“, so der Verband. Da sind wir dann beim Unsicherheitsfaktor Politik. Was hier eine neue Bundesregierung will, wie es in Brüssel weitergeht in Sachen Green Deal (und damit auch Wasserstoff), wie sich Donald Trumps zweite Legislatur als US-Präsident auswirkt – eine klare Bekenntnis fehlt derzeit.

„Derzeit sind viele Wasserstoffprojekte in Deutschland ins Stocken geraten“, weiß der Verband. Konkret macht er aber nicht die große Politik dafür verantwortlich. Ein Grund dafür ist die unklare Zertifizierung von Wasserstoff in Deutschland. „Dies ist wichtig für die Vermarktung von Wasserstoff an Kunden, die selbst verschiedene Nachhaltigkeitsanforderungen erfüllen müssen oder Förderungen erhalten wollen“, so Energy Traders Deutschland.

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