Energie 02. Sep 2022 Von Matilda Jordanova-Duda Lesezeit: ca. 6 Minuten

Wertvolles Gut: Abwärme aus dem Werk

Die Abwärme aus Produktionsbetrieben ließe sich noch viel effizienter zur (Heiz-)Energiegewinnung nutzen, wenn es dafür höhere Anreize und eine entsprechend ausgebaute Leitungsinfrastruktur gäbe. Dennoch gibt es hierzulande einige Leuchtturmprojekte, die eindeutig für den energetischen Einsatz der Abwärme sprechen.

Der Dortmunder Energieanbieter DEW21 beliefert rund 600 Großkunden mit Abwärme. Ein Ausbau des Netzes in der Innenstadt wird bis 2023 noch mehr Abnehmer anbinden.
Foto: DEW21

Wärmeverluste gibt es bei fast jedem thermischen oder mechanischen Prozess. „Entsprechend groß ist die Bandbreite möglicher Abwärmequellen. Sie reicht von Produktionsanlagen und Motoren über Prozesswärme und Abwässer, bei denen Abwärme entsteht, bis hin zu Druckluft-, Kühl- und Klimaanlagen“, so die Deutsche Energie-Agentur (Dena). Das Potenzial, das sich technisch erschließen ließe, schätzt die Dena auf mehr als 70 TWh jährlich: Bisher hat sich das allerdings selten gelohnt. Die zurückgewonnene Energie kann im Unternehmen selbst z. B. statt Erdgas eingesetzt oder an Dritte abgegeben werden.

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Ein Beispiel: Der Kupferproduzent Aurubis nutzt nach eigenen Angaben seit Langem die eigene Abwärme, um etwa das Elektrolyt bei der Kupferelektrolyse aufzuheizen und um seine Gebäude zu temperieren. Doch auch hier bleiben enorme Mengen ungenutzter Energie übrig: Aus jedem der drei Stränge der Kontaktanlage, in der das Gas Schwefeldioxid in Schwefelsäure umgewandelt wird, können jährlich rund 160 Mio. kWh ausgekoppelt werden. Lange fehlten Aurubis dafür jedoch die Abnehmer. Das änderte sich erst, als die Hamburger HafenCity in direkter Nachbarschaft zum Werk entstand.

Seit 2017 baut die Enercity Contracting Nord GmbH, eine Tochter des kommunalen Hannoveraner Unternehmens Enercity, die Versorgung der HafenCity und weiterer benachbarter Stadtviertel mit der klimafreundlichen Industriewärme aus. „Wir versorgen damit rund 5000 Wohneinheiten und Unternehmen in der östlichen HafenCity“, sagt Carlo Kallen von der Pressestelle des Ökoenergieanbieters. Künftig sollen es bis zu 8000 werden.

Leuchtturmprojekt für die Nutzung von Abwärme

Dafür verlegte Enercity eine Leitung zwischen dem Werksgelände und dem neuen Stadtviertel und richtete eine Energiezentrale mit einem Pufferspeicher ein. Diese soll übernehmen, wenn aus dem Werk zeitweise kein heißes Wasser kommt. Aktuell wird die Trasse nach Rothenburgsort verlängert.

Um mehr Abwärme künftig auch im Sommer zu nutzen, verwandelt sie Enercity mittels einer Absorptionskälteanlage neuerdings in Kälte. Der erste Kunde ist ein neues Schulungs- und Präventionszentrum in der HafenCity. Abwärme hat Aurubis jedenfalls noch reichlich zu bieten: Für die Versorgung der östlichen HafenCity reicht die Energie, die aus einem einzigen Strang ausgekoppelt wird. Eine Kooperation mit „Wärme Hamburg“, die an die Leitungen von Enercity andockt, soll ab der Heizungsperiode 2024/25 noch rund 20 000 Haushalte ans Werk anbinden. Es ist das bedeutendste Beispiel für die Nutzung industrieller Abwärme in Deutschland und einer der Leuchttürme der Deutschen Energie-Agentur (Dena).

Enercity hat bisher mehr als 20 Mio. € investiert. Eine ähnliche Summe setzte Aurubis für Umbauten der Kontaktanlage und die Verlegung der Wärmeleitung bis zur Werksgrenze ein. Beide Seiten wurden mit 30 % bis 40 % der Ausgaben öffentlich gefördert. „Nach unseren üblichen Investitionsmaßstäben wäre dieses Projekt nicht wirtschaftlich für uns“, sagte dennoch der Aurubis-Vorstandsvorsitzende Jürgen Schachler beim Start 2017. Man habe es der Nachhaltigkeit zulieb getan.

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In Dortmund liefert die Abwärme von DGW ganzjährig etwa 300 GWh Energie und verdrängt damit ein gasbetriebenes Kraftwerk. Foto: DEW21

Fehlende Anreize hemmen den Abwärmeeinsatz

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