Wie das Geothermiegesetz die Wärmewende voranbringen soll
Wärmewende im Untergrund statt mühseligem Heizungstausch in Millionen von Haushalten. Geothermie könnte das, hat inzwischen auch die Politik erkannt.
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Die Potenziale der Geothermie in Deutschland sind enorm, auch ausbeutbar wäre dieses Potenzial. „Geothermie ist eine Technologiefamilie. Ein Teil der Technologien ist serienreif und problemlos installierbar und nutzbar und das über den größten Teil des Landes“, erläutert Ingo Sass, Leiter der Sektion Geoenergie am Deutschen Geoforschungszentrum in Potsdam. Dennoch stand und steht die Geothermie immer noch im Schatten der meisten anderen Technologien im Bereich der erneubaren Energien, allen voran Solar und Wind. Laut Sass könne aber allein die oberflächennahe Geothermie bereits heute über 600 TWh Wärme bereitstellen – Studien gehen laut seinen Angaben davon aus, dass der Wärmebedarf Deutschlands bei rund 1400 TWh liege, erläuterte er bei einem Pressegespräch des Bundesverbands Geothermie in Potsdam.
Der Deutsche Bundestag hatte am 9. Oktober 2024 mit den Beratungen zum Geothermiebeschleunigungsgesetz (GeoWG) begonnen, mit dem erstmals die Geothermie mit einem eigenen Stammgesetz ausgestattet werde, so Gregor Dilger, Geschäftsführer des Bundesverbands Geothermie. Die neue Gesetzesvorlage, die die Bundesregierung am 4. September im Kabinett beschlossen hatt, soll den Ausbau von Geothermieanlagen, Wärmepumpen und Wärmespeichern deutlich beschleunigen. Ziel ist es, den Beitrag der Geothermie zur klimafreundlichen Wärmeversorgung erheblich zu steigern und bürokratische Hürden abzubauen.
Mit Geothermie ließe sich die Wärmewende wuppen
Sass zufolge könnte die Wärmewende sogar ausschließlich mit Geothermie und entsprechender Forschung gelingen: „Wir können mit Fug und Recht behaupten: Die Wärmewende wäre alleine mit Geothermie möglich.“ Neben den 600 TWh durch oberflächennahe Geothermie habe die unter anderem vom Geoforschungszentrum erstellte Roadmap „Tiefe Geothermie“ einen direkt abrufbaren Wärmebeitrag von 300 TWh dargestellt. „In Bezug auf die petrothermale Geothermie wird alleine für den Bereich von Störungszonen im Untergrund das Potenzial auf 1200 TWh pro Jahr festgelegt“, so Sass.
Neben der hohen Verfügbarkeit von Wärme biete die grundlastfähige Geothermie den Vorteil, dass sie auch zur Kühlung eingesetzt werden kann und die Möglichkeit bietet, überschüssige Wärme im Untergrund zu speichern – eine weitere Stärke im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energiequellen.
Der Bundesverband Geothermie begrüßt den Gesetzentwurf ausdrücklich. Dilger sieht darin einen „Meilenstein“: „Wir freuen uns sehr darüber, dass die Geothermie über Parteigrenzen hinweg starke Unterstützung erfährt.“ Besonders wichtig sei, dass das GeoWG das „überragende öffentliche Interesse“ der Geothermie betone. Diese Formulierung könne dazu beitragen, Genehmigungsverfahren zu straffen und Hindernisse schneller zu überwinden.
Geothermiebeschleunigungsgesetz soll manches einfacher machen
Mit dem GeoWG sollen vor allem Genehmigungsverfahren vereinfacht und beschleunigt werden. Ein zentraler Punkt ist die Einführung von Höchstfristen im Bergrecht: Genehmigungen für Geothermieprojekte müssen künftig innerhalb eines Jahres erfolgen. Zudem entfällt bei kleineren Projekten, wie Grundwasserwärmepumpen, die Notwendigkeit einer wasserrechtlichen Genehmigung. „Die Flexibilisierung und Laufzeitverlängerung von Betriebsplänen sind entscheidende Maßnahmen, um die Umsetzung von Geothermieprojekten zu vereinfachen“, betont Dilger weiter.
Um das Potenzial der Geothermie vollständig zu erschließen, sind laut Sass auch regulatorische und strukturelle Anpassungen notwendig. Heute nämlich ist es nicht möglich, dort oberflächennah Geothermiepotenziale zu heben, wo bereits tiefe Geothermie umgesetzt wird: „Hier gibt es keinen regulativen Raum. Wir glauben, dass so eine Möglichkeit der strukturierten unterirdischen Raumplanung auf Basis einer faktenbasierten Diskussion dringend eingeführt werden müsste. Dann wird es mit der Geothermie schon laufen“, ist Sass überzeugt.
Auch Dilger stimmt zu: „Wir brauchen Fachkräfte. Wir brauchen Daten aus dem Untergrund und über den Untergrund.“ Zudem bräuchte es einen funktionierenden Markt. „Da geht es wesentlich um das Thema CO2-Preis oder ob dieser in entsprechender Höhe verfügbar ist.“ Hinzu komme, so Dilger, eine „wirklich verlässliche Förderung“.
Das Geothermiebeschleunigungsgesetz könnte schnell beschlossen werden
Die Geothermiebranche ist also angetan vom GeoWG, aber, so Dilger: „Wir wünschen uns noch ein bisschen mehr. Wir wünschen uns bei der Flächenverfügbarkeit, noch die eine oder andere Nachbesserung.“ Gemeint ist einerseits eine allgemeine Duldungspflicht für die seismischen Messungen, andererseits sollte vor allem die öffentliche Hand in die Pflicht genommen werden, Grundstücke für Fernwärme-Infrastruktur zur Verfügung zu stellen.
Nach der ersten Lesung des Gesetzentwurfs wird dieser nun in den Bundestagsausschüssen weiter beraten. Die Federführung übernimmt der Ausschuss für Klimaschutz und Energie. Gleichzeitig berät schon der Bundesrat am kommenden Freitag. Am 18. Oktober wird der Bundesrat in Top 27 zu Änderung rechtlicher Rahmenbedingungen für den klimaneutralen Ausbau eine Stellungnahme „im ersten Durchgang“ abgeben können. Die Branche selbst trifft sich kommende Woche auf dem Geothermiekongress in Potsdam.