So will der Bund Geothermie in Deutschland voranbringen
Mit Geothermie könnte die Wärmewende in Deutschland endlich vorankommen. Das Geothermiebeschleunigungsgesetz soll den Weg dafür frei machen. Eine Einordnung.
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Ende Juni machte das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) die Energiewirtschaft offiziell mit einem weiteren Kürzel im Energierecht vertraut, mit dem (GeoWG). Das steht für das „Gesetz zur Beschleunigung der Genehmigung von Geothermieanlagen, Wärmepumpen sowie Wärmespeichern“ und damit sollen, so das BMWK, „genehmigungsrechtliche Hemmnisse bei der Erschließung der Geothermie sowie dem Ausbau von Wärmepumpen und Wärmespeichern“ abgebaut werden. Bis zum Mittwoch dieser Woche, dem 17. Juli 2024, geht die Länder- und Verbändeanhörung. Der zuständige Bundesverband Geothermie gab sich am Montag zuvor (15. Juli 2024) ziemlich angetan, „begrüßt diesen Entwurf ausdrücklich“ und spricht von einem „Meilenstein“.
Jetzt, so der Verband, hat die Bundesregierung „den Handlungsbedarf erkannt“, damit die Geothermie als „Schlüsseltechnologie der Wärmewende“ auch loslegen kann. Aus gutem Grund, wie der Verband erläutert. Schließlich liege der Wärme- und Kältebedarf Deutschlands bei 1155 TWh (Zahlen für 2022), mehr als die Hälfte davon, nämlich 718 TWh, könnte alleine durch Geothermie bereitgestellt werden. Die Bundesregierung hatte schon 2022 angekündigt, sich um die Förderung der Geothermie zu kümmern, ist also aktuell etwas in Verzug. Angesicht der Umsetzungspflicht kommunaler Wärmekonzepte eilt es langsam, denn sowohl klassische Geothermie wie Großwärmepumpen gehören bei diesen Konzepten zur kommunalen energiewirtschaftlichen Grundausstattung. Damit die Geothermie doch noch in dieser Legislaturperiode den Turbo einlegen kann, sollen durch den vorliegenden Entwurf des GeoWG als Artikelgesetz Bergrecht, Naturschutz- und Wasserschutzrecht sowie die Verwaltungsgerichtsordnung (s. Kasten) geändert werden.
Mit diesen zwei Maßnahmen soll die Geothermie flottgemacht werden
Es gibt dabei zwei Hauptpunkte, die beim GeoWG ineinandergreifen sollen. Der eine ist, dass Geothermie wie auch Windkraft und Photovoltaik von überragendem öffentlichen Interesse ist. Die „Privilegierung“, wie Karin Thelen es nennt. Sie ist Präsidentin des Bundesverbands Geothermie und beruflich Geschäftsführerin Regionale Energiewende bei den Stadtwerken München (SWM), einem in Sachen Geothermie sehr agilen Unternehmen. Privilegierung bedeutet zum Beispiel bei kommunalen Planungen, mit denen Thelen sich zu beschäftigen hat: Geothermie fällt bei Betrachtung konkurrierender Interessen nicht einfach hinten runter. Der andere Punkt ist die Verfahrensbeschleunigung. „Dann könnten Projekte der tiefen Geothermie statt in fünf Jahren und mehr (teilweise in zehn Jahren), wenn alles ineinandergreift, in zwei bis drei Jahren umgesetzt werden“, hofft Gregor Dilger, Geschäftsführer des Bundesverbands Geothermie.
Wie wichtig die tiefe Geothermie für Deutschland ist, lesen Sie hier:
Es bleibt noch viel zu tun, um die Geothermie weiter nach vorne zu bringen
Wer meint, damit ist alles gut, irrt. Die Geothermie ist bisher weder von der Gesetzgebung noch von der Praxis her verwöhnt. Und das GeoWG ist noch kein eigenes Geothermiegesetz, wie Dilger es als Fernziel anführt. So ist eines der wesentlichen Gesetze, die die Geothermie regelt, das Bundesberggesetz (BBergG), kurz auch Bergrecht genannt. Das sei, so Dilger „ein ganz gutes“ Gesetz, aber eben dafür ausgelegt, klassischen Bergbau zu regeln, und nicht dafür, eine kleine Geothermiesonde im eigenen Garten niederzubringen: „Das findet sich in den Genehmigungsbedingungen nicht immer wieder.“ Sprich: Das Bergrecht schießt hier mit Kanonen auf Spatzen. Dadurch, dass die oberflächennahe Geothermie – die ist definiert also solche mit Teufen von weniger als 400 m – gar nicht mehr unter das Bergrecht fallen soll, würde sich die Lage in der Praxis spürbar entspannen können.
Konkret führt der Bundesverband Geothermie in drei Punkten wesentlichen „Anpassungsbedarf“ an und hofft, dass sich der im weiteren parlamentarischen Beratungsverlauf realisieren lässt.
- In § 2 GeoWG wird nur auf Anlagen zur „Gewinnung von Tiefengeothermie“ Bezug genommen. Damit das auch auf jeden Fall explizit mit abgedeckt wird, würde der Verband gerne hier lesen „Gewinnung und Nutzung von Tiefengeothermie“. Nicht, dass sich die gewonnene Erdwärme nachher nicht nutzen lässt.
- § 7 regelt Ansprüche bei Nutzungsbeeinträchtigung und führt als Bedingung ein, dass sich die Untergrundtemperatur nicht um mehr als 6 K verändert. Der Verband würde das lieber streichen, so ein konkreter Temperaturwert sei „ohne Definition der Tiefenlage, der Betriebsdauer und des örtlichen Bezugspunktes nicht sachgerecht“. Zielführender sei der Bezug auf die technische Richtlinie VDI 4640 Blatt 2.
- In Artikel 3 bezieht sich das GeoWG auf Änderungen in § 11a und § 46 des Wasserhaushaltsgesetzes, um den Einsatz von Großwärmepumpen zu erleichtern. Laut Verband sollte das auch für Großkälteanlagen gleichermaßen gelten.
Wichtige Knackpunkte bei der Geothermie werden noch nicht angegangen
Karin Thelen weist deutlich darauf hin, dass auch das Baurecht einen deutlichen Einfluss auf die Umsetzung von Geothermieprojekten vor Ort habe. So spricht § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch explizit nur die Windkraft und die Wasserkraft an, um die Zulässigkeit von Vorhaben zu charakterisieren. Da explizit Geothermie mit hineinzuschreiben, wäre hilfreich, sieht aber das GeoWG aktuell noch nicht vor.
Was das GeoWG nicht anpackt, ist der föderale Regelungsdschungel, wie ihn Christoph Knepel, Präsidiumsmitglied beim Verband und Geschäftsführer der BauGrund Süd Gesellschaft für Geothermie mbH, kennt. Sein Unternehmen ist vor allem auf die oberflächennahe Geothermie spezialisiert. Er erhofft sich durch das GeoWG einen wichtigen „Impuls, den wir draußen erwarten“. Aber es bliebe die inhomogene Genehmigungspraxis, die es allen Beteiligten unnötig schwer mache. In Hamburg brauche es zum Beispiel einen deutlich größeren Bohrdurchmesser als in Hessen. „In Baden-Württemberg wird ein spezieller Baustoff für die Verfüllung der Bohrungen verlangt und ein Sachverständiger muss die Bohrungen begleiten“, weiß Knepel. In Bayern gebe es Beschränkungen für die Bohrtiefe.
Geothermie bleibt damit ein sehr lokales Geschäft, sicherlich auch bedingt durch eine spezifische Geologie. Das GeoWG, wenn es denn im Großen und Ganzen wie als Entwurf eingebracht kommt, ist also ein Anfang mit Potenzial nach oben.