Wind: Ausbau auf See in Deutschland erwartungsgemäß zu niedrig
30 GW an Offshore-Windkraft sollen in Deutschland bis 2030 installiert sein. 342 MW wurden 2022 installiert. Was laut der Windkraftbranche folgen muss, ist ein massiver Aufbau, der absehbar erst ab 2028 richtig Fahrt aufnehmen kann.
Nachdem 2020 die deutsche Offshore-Windkraft in eine veritable Flaute gesegelt war, bewegt sie sich langsam aus dieser Ausbaulücke wieder heraus. „Am 31. Dezember 2022 waren in Deutschland 1539 Offshore-Windenergieanlagen mit einer Leistung von insgesamt 8,1 GW in Betrieb“, berichtet heute (16. Januar 2023) die Deutsche Windguard im Rahmen ihres jährlichen Berichts zum Stand der Offshore-Windkraft. Neu zugebaut, ans Netz genommen und einspeisefähig sind die 38 9-MW-Anlagen des Offshore-Windparks Kaskasi in der Nordsee mit einer Nennleistung von insgesamt 342 MW.
Wind: Auch offshore beeinflussen Windparks Klima und Umwelt
Ausbauziel der Bundesregierung für das Jahr 2030 sind jedoch 30 GW, das heißt, es bleiben weniger als acht Jahre, um fast 22 GW neu zuzubauen und ans Netz zu bekommen. In Europa sollen bis 2030 150 GW neu errichtet werden. „Die Branche erwartet daher einen erheblichen Anstieg ab 2025 und vor allem gegen Ende des Ausbauziels 2030, was eine industrielle Machbarkeit voraussetzt. Für den Aufbau stabiler Lieferketten und einen zukunftsorientierten Ausbau von Fertigungskapazitäten braucht es einen stetigen und gleichmäßigen Zubaupfad. Die für das Erreichen der Ausbauziele notwendigen Produktionskapazitäten und Fachkräfte fehlen bisher in substanziellem Maße“, mahnen heute bei der Vorstellung des Berichts die sechs Branchenorganisationen BWE (Bundesverband Windenergie), BWO (Bundesverband der Windparkbetreiber Offshore), Stiftung Offshore-Windenergie, VDMA Power Systems, der nordwestdeutsche Verband WAB und der Verein Windenergy Network in einer gemeinsamen Mitteilung.
Windkraft: Branche fordert von der Bundesregierung „entschlossenes politisches Handeln“, um Ausbauziele erreichen zu können
Der Hochlauf des bis 2030 in den deutschen Küstengewässern notwendigen Zubaus erfordere, so die Branchenverbände, „entschlossenes politisches Handeln“; dies gelte auch für die Ausbauziele von 40 GW bis 50 GW bis 2035 und mindestens 70 GW bis 2045. Dabei läuft der Zubau nur langsam an – wegen einer Zeitversetzung zwischen den notwendigen Ausschreibungen, der Bezuschlagung und dem eigentlichen Baubeginn. Laut der Beratungsfirma Deutsche Windguard wird der Zubau erst ab 2028 Fortschritte machen – die dann aber substanziell sein müssen.
Windkraft: erster Offshore-Windpark mit weniger Blinken in der Nacht
Was an Projekten 2022 ans Netz kam bzw. sich anderweitig in Umsetzung befindet, wurde 2017/2018 bezuschlagt: „Weitere Projekte mit Zuschlägen aus 2021 und 2022 sowie mit Anspruch auf Netzanbindung gemäß dem Energiewirtschaftsgesetz sollen bis 2027 realisiert werden, sodass bei vollständiger Realisierung dieser Projekte die installierte Leistung bis Ende 2027 auf knapp 13,8 GW gesteigert werden kann“, heißt es im Bericht. Dann aber fehlen noch 16,2 GW bis zum 30-GW-Ziel, die dann binnen dreier Jahre – von 2028 bis 2030 – ins Feld gebracht werden müssten.
Für den Ausbau Windkraft auf See fehlen in Deutschland die Hafenkapazitäten
Die Branche weist wegen dieses enormen Zubaus von im Schnitt 5,4 GW per annum für die Zeit zwischen 2028 und 2030 darauf hin, dass die Industrie dafür erst einmal die Voraussetzungen schaffen müsse. Dies gelte zumindest, falls Deutschland die Wertschöpfungskette im Land behalten wolle. Derzeit überlebt die Branche in Deutschland mit Auslandsaufträgen: „Neben den fehlenden industriellen Kapazitäten für den Ausbau der Windenergie auf See sind Hafeninfrastrukturen erforderlich sowie eine deutliche Erhöhung des Angebots deutscher Werften für den Bau von Gründungsstrukturen, Umspann- und Konverterplattformen, Spezialschiffen für Service & Wartung und für die Errichtung“, schreiben die sechs Branchenverbände. Hinzu kämen Materialengpässe für die Offshore-Technologien.