Deutscher Zukunftspreis 2021: BioNTech-Team für Entwicklung des mRNA-Impfstoffs ausgezeichnet
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat gestern Abend das Mainzer Unternehmen BioNTech mit dem 25. Deutschen Zukunftspreis geehrt.
Es ist der wichtigste deutsche Forschungspreis überhaupt, den Ugur Sahin, Özlem Türeci, Christoph Huber und Katalin Kariko gestern für die Entwicklung eines mRNA-Impfstoffs gegen das Coronavirus erhalten haben. Mit dem Preis des Bundespräsidenten für Technik und Innovation werden herausragende technische, ingenieur- und naturwissenschaftliche Leistungen geehrt, die zu anwendungsreifen Produkten führen. Der Deutsche Zukunftspreis ist mit 250 000 € dotiert.
Das Team des Mainzer Unternehmens BioNTech hat es als erstes geschafft, einen Impfstoff gegen Corona zu entwickeln und zur Zulassung zu bringen. Zugleich wurden Produktionsstätten und Lieferkapazitäten aufgebaut, um sicherzustellen, dass Millionen von Menschen innerhalb kürzester Zeit einen Impfstoff erhalten können. Basis für den Erfolg war die Entwicklung der mRNA-Technologie, mit der auch die Behandlung von Krebs und Autoimmunerkrankungen möglich sein wird.
Impfstoff gegen das Coronavirus
Für die Entwicklung des Mainzer Teams ist mRNA das zentrale Molekül. Es ist ein Botenmolekül, das Bauanleitungen für Proteine vom Erbgut auf den Chromosomen zu den Ribosomen transportiert. Dort wird das Protein dann der Information entsprechend hergestellt.
Doch wie kann das gelingen, wenn ein Stoff hergestellt werden soll, dessen Anleitung gar nicht im Chromosom verankert ist? Die Forschenden haben Bestandteile der Virusoberfläche, die Spike-Proteine, ausgewählt und im Labor dafür eine mRNA erzeugt. Verpackt in eine schützende Lipidkugel kann diese in die Zellen eindringen und die Ribosomen zur Produktion der Spike-Moleküle anregen. Mit diesen Fragmenten kann wiederum das Immunsystem seine Abwehrkräfte trainieren für den Fall, dass „echte“ Coronaviren in den Körper eindringen.
Mainzer Biotechnologieunternehmen BioNTech kooperiert mit Impfstoffhersteller Pfizer
„Die Entwicklung dieses Impfstoffes basiert auf 20 Jahren Forschungsleistung“, sagte Ugur Sahin, Vorstandsvorsitzender von BioNTech. Zusammen mit Özlem Türeci, Vorständin für Medizin, und Christoph Huber, wissenschaftlicher Berater und Mitglied im Aufsichtsrat, hatte er 2008 das Mainzer Biotechnologieunternehmen gegründet. Katalin Kariko forschte zunächst in den USA an mRNA, bevor sie 2013 ins Unternehmen einstieg. Seit 2019 fungiert sie als Senior Vice President des Unternehmens.
Eine besondere Herausforderung für die Forschenden war es, innerhalb von kürzester Zeit Kapazitäten aufzubauen, um Milliarden von Impfstoffdosen herzustellen. Dazu wurde das Unternehmen Pfizer als kompetenter Impfstoffproduzent ins Boot geholt, der seine Produktionsstätten ausweitete.
mRNA-Technologie stammt aus der Entwicklung personalisierter Krebstherapien
Eine Hürde bei der Nutzung von mRNA ist es, das Molekül so potent zu machen, dass das Immunsystem tatsächlich auch Immunzellen und Antikörper als Schutz generiert. Und natürlich muss ein Impfstoff auf Verträglichkeit getestet werden. „In 20 Jahren Forschung haben wir es geschafft, alle Grundlagen zu erarbeiten und auch die pharmazeutische Entwicklung sicherzustellen“, erklärt Vorstandsvorsitzender Sahin. „Wir hatten mehrere Jahre zuvor Impfstoffe für eine personalisierte Krebstherapie entwickelt, die das Immunsystem gegen Krebszellen aktiviert.“
Personalisierte Therapie bedeutet, dass jeder Patient sein individuell auf ihn zugeschnittenes Krebsmedikament bekommt. Dazu aber muss die Produktion des jeweiligen Impfstoffs innerhalb von wenigen Wochen gewährleistet sein, weil der Patient auf dieses dringend benötigte Medikament wartet. „Dementsprechend waren wir vorbereitet, Impfstoffe zu entwickeln, die sehr starke Immunantworten induzieren und wir waren vorbereitet auf die sehr schnelle Herstellung innerhalb von wenigen Wochen“, erzählt Sahin. Das war der Schlüssel für einen wirksamen Covid-Impfstoff.
Eigene Impfstoffproduktion in ärmeren Ländern der Welt
Zwei Ziele hatten die Mainzer Biotechnologen von vorne herein: Einen sicheren Impfstoff so schnell wie möglich herzustellen und ihn weltweit verfügbar zumachen. Sahin: „Wir haben in den ärmeren Ländern eine andere Preisgestaltung, die nicht auf Profit basiert. Wir verdienen dort nichts, aber wir können den Impfstoff in großen Mengen bereitstellen.“ In diesem Jahr werden über 1,1 Mrd. Dosen in Länder mit niedrigem Einkommen gebracht. Mehr als 150 Länder wurden beliefert. „Dafür nutzen wir auch neueste Technologie zum Ausliefern, zum Beispiel Drohnen in Afrika, um den Impfstoff gekühlt dorthin zu bringen, wo er angewendet wird“, erzählt der BioNTech-Vorstand.
Das Mainzer Unternehmen möchte in Afrika aber auch Impfstoffe direkt herstellen lassen. Dort sollen Produktionsstätten durch heimische Unternehmen aufgebaut werden.