Faszination Gehirn – das Human Brain Project
Das wichtigste Organ des Menschen ist sicher sein Gehirn. Es durch Simulation besser zu verstehen, ist Ziel von Forschern. Deren neueste Erkenntnisse zeigt jetzt eine Ausstellung in spektakulären Bildern und Filmen. Bis zum 30. Januar ist sie im NRW-Landtag in Düsseldorf zu sehen.
Letztlich geht es um nicht anderes, als das Denken, Lernen und Erinnern zu verstehen. Doch bei rund 86 Mrd. Nervenzellen und noch einmal der gleichen Menge an Gliazellen, die das Netzwerk des menschlichen Gehirns formen, ist dies gar nicht so einfach. Das „Human Brain Project“ hat sich dieser Herausforderung angenommen. Wissenschaftler aus 19 europäischen Ländern sind unter Leitung von Katrin Amunts vom Forschungszentrum Jülich (FZJ) daran beteiligt.
Das Human Brain Project
Im Human Brain Project wird ergründet, was die besondere Leistungsfähigkeit des Gehirns ausmacht. Oder welche Prozesse zu Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson führen und wie sich – so die Hoffnung – daraus recht bald Therapieansätze ableiten ließen. Und letztlich geht es auch darum, wie man nach dem Vorbild der Natur künstliche Intelligenz und neue Supercomputer weiterentwickeln könnte.
Neurowissenschaftler, Mediziner, Informatiker, Physiker und Mathematiker aus Universitäten und Forschungseinrichtungen sind angetreten, um Antworten auf diese und viele andere Fragen zu finden. Die Europäische Union fördert das Projekt über zehn Jahre mit rund 1 Mrd. €.
Von Hirnforschung zur Computertechnik
Entsprechend dieser Forschungsansätze zeigt die Ausstellung in der Wandelhalle des Düsseldorfer Landtags den aktuellen Stand in der Medizin, im Computing, in der künstlichen Intelligenz sowie in der Neurorobotik und gibt zudem Einblicke in den Aufbau einer neuartigen Forschungsplattform.
Meist sind es Fotos, Poster und kurze Videosequenzen, doch finden sich auch ein paar handfeste Exponate wie etwa eine EEG-Haube, mit der Gehirnströme von außen erfasst werden können, oder ein spezieller neuromorpher Chip, mit dem die Forscher versuchen, nicht mehr mit Nullen und Einsen zu rechnen, sondern mit elektrischen Piks, also mit Veränderungen der Signalstärke. Amunts erwartet sich davon insbesondere, Prozesse wie Lernen oder Erinnern besser zu verstehen und darzustellen. Und auch für die Robotik seien diese neuromorphen Chips von großem Interesse.
Fünf Themeninseln
Die Ausstellungsmacher haben fünf „Themeninseln“ entwickelt. Diese informieren den Besucher über die Komplexität des Gehirns, über Daten-Atlassystem-Simulationen, Medizin und Technologie sowie über Ebrains – die weltweit erste integrierte Forschungsinfrastruktur für die Neurowissenschaften. Über die Website www.ebrains.eu können Wissenschaftler aus aller Welt auf eine ständig wachsende Menge an Forschungsdaten zurückgreifen und ihre eigenen Ergebnisse mit anderen teilen.
Ein dreidimensionaler Gehirnatlas sowie verschiedene Methoden der Hirnsimulation und Modellierung finden sich ebenfalls hier. Ein in Jülich speziell entwickeltes Verfahren, das mit polarisiertem Licht arbeitet, ist dadurch in der Lage, die hauchdünnen Nervenendigungen sichtbar zu machen. Bilder dieser bunt gefärbten Axone wurden auf große Poster gezogen.
Ein virtuelles „Nachschlagewerk“
Am Forschungszentrum Jülich kartieren Neurowissenschaftler gemeinsam mit Physikern und Ingenieuren die Hirnrinde und die darunter liegenden Kerngebiete. Sie erfassen und analysieren jede Zelle und sogar einzelne Moleküle, die für die Übertragung von Reizen und Informationen wichtig sind. Das tun sie anhand von Gewebeschnitten, die gerade einmal ein 20-Tausendstel Millimeter messen. Daraus ziehen die Forscher Rückschlüsse auf die Funktionsweise des Gehirns.
Technologisch anspruchsvolle Schnittstellen zum Supercomputing, zum neuromorphen Computing sowie der Neurorobotik gehören ebenfalls zum Programm der Ausstellungsmacher. Die Partnerschaft von Hirnforschung und modernsten Informationstechnologien bereitet so den Weg, um die Komplexität des Gehirns zu entschlüsseln.