Forschende wollen Sensoren mit Spezialglas weiter verbessern
Sensoren in Mobiltelefonen, Fahrzeugen und Maschinen begleiten uns nahezu jeden Tag – und es werden immer mehr. Mit Spezialglas wollen Forschende der Hochschule Schmalkalden und Experten der Schott AG die mikroelektromechanischen Systeme nun mit Blick auf die hohe Packungsdichte auf den Halbleitern verbessern und robust gestalten.
Wenn sich Fachleute über Trends in der Sensorik unterhalten, nutzen sie oft den Begriff Mems. Der steht für mikroelektromechanische Systeme. Von der Anwendungsseite betrachtet sind das die Sinnesorgane, beispielsweise von intelligenten Fahrzeugen und Maschinen sowie der Konsumelektronik und Medizintechnik. Sie messen Drücke und Entfernungen, bestimmen Geschwindigkeiten und erfassen Beschleunigungen sowie Drehraten. Kollaborierende Roboter benötigen die Technik ebenso wie hoch automatiserte Automobile und präzise arbeitende Landmaschinen. Sensoren erlauben einen hohen Automatisierungsgrad, helfen Unfälle zu vermeiden oder dienen dazu, nachhaltig zu wirtschaften. Gerade in mobilen Anwendungen und beim Einsatz außerhalb geschlossener Räume werden dabei besonders hohe Ansprüche an die mikroelektromechanischen Bauteile gestellt. Zur Sicherstellung ihrer optimalen Funktion müssen die Sensoren deshalb über die gesamte Einsatzzeit sicher vor äußeren Einflüssen geschützt werden.
Verbindung aus Glas und Silizium
Im Rahmen der Arbeit zur Sensortechnologie befasst sich Roy Knechtel mit seinem Forschungsteam an der Hochschule Schmalkalden deshalb aktuell mit Glaswafern. Knechtel ist Stiftungsprofessor der Carl-Zeiss-Stiftung für autonome intelligente Sensoren. Seit 2020 arbeitet er im Bereich der bondbaren Glassubstrate eng mit dem Mainzer Glasspezialisten Schott zusammen. Denn im Bezug auf die Zuverlässigkeit der Sensoren kommt in der Mikrosystemtechnik den dünnen Scheiben (Wafern) aus Glas eine besondere Bedeutung zu. Glas bietet laut dem Experten aus Schmalkalden zahlreiche Vorteile wie hohe chemische und thermische Beständigkeit, eine gute elektrische Isolierfähigkeit, Biokompatibilität sowie einen breiten optischen Einsatzbereich.
Die Schutzfunktion der mechanisch empfindlichen Mikrosysteme gegenüber äußeren Einflüssen wird dabei durch ein spezielle Verbindungstechnik erreicht. Bestimmte Gläser können nämlich mit dem Verfahren des anodischen Bondes mit Siliziumwafern gefügt werden. Auf einer Heizplatte werden dazu polierte Siliziumwafer und sehr ebene Glasscheiben zusammen erhitzt. Zudem wird von außen eine elektrische Spannung angelegt. Durch die Bewegung von Ionen entsteht dabei zwischen dem Glas und dem Silizium eine Sperrschicht. Die angelegte Spannung sorgt dafür, dass sich die beiden Oberflächen anziehen, bis eine chemische Reaktion zwischen dem Silizium des einen Wafers mit dem Sauerstoff aus dem Siliziumoxid des Glases stattfindet. Aufgrund dieser Eigenschaften finden Glaswafer in konventionellen Mikrofabrikationsprozessen bereits breite Anwendung. Genau hier setzt die Zusammenarbeit der Hochschule Schmalkalden mit dem Stiftungsunternehmen Schott nun an.
Glaswafer ergänzen Mikrosystemtechnik
Knechtel erklärte dazu in einer Pressemeldung der Hochschule Schmalkalden: „Glaswafer sind für die siliziumbasierte Mikrosystemtechnik eine interessante und überaus wichtige Ergänzung. Ihre optische Transparenz in Verbindung mit den weiteren vorteilhaften physikalischen Eigenschaften von Gläsern und insbesondere der Möglichkeit, sie ohne Verbindungsschichten direkt mit Siliziumwafern durch anodisches Bonden fest und hermetisch dicht zu fügen, ermöglicht vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Um dieses Potenzial voll zu erschließen, sollen in der gemeinsamen Forschung die Zusammenhänge von neuen Glasbearbeitungsmethoden, Bondverfahren und Anwendungsszenarien detailliert untersucht, verstanden und beschrieben werden.“
Bezüglich der Packungsdichte erklärte Ulrich Peuchert, Product und Business Development Manager Special Flat Glass & Wafer bei der Schott AG: „Die Entwicklung und Bereitstellung von Spezialglaswafern, welche den Erfordernissen des Packagings zukünftiger Sensoren genügen, erfordern ein tiefes, interdisziplinäres Verständnis für deren Integration in halbleitertypische Prozessketten sowie für deren Endapplikation.“ Er lobte die enge Zusammenarbeit zwischen der Hochschule Schmalkalden, Professor Roy Knechtel und Schott im Hinblick auf die Realisierung von innovativen Mems-basierten Sensorlösungen.
Mit Material der Hochschule Schmalkalden