Mittelstand: Dämpfer für die industrielle Forschung in Deutschland
Der Mittelstand mit seiner Forschung bildet das Rückgrat des Innovations- und Technologiestandorts Deutschland. Doch nun will das Bundeswirtschaftsministerium die Fördermittel drastisch beschneiden. Bereits zum 1. Januar 2023 soll eine Neuordnung in Kraft treten.
Im Koalitionsvertrag hieß es noch, dass Forschungsvereinigungen wie etwa die Industrielle Gemeinschaftsforschung (IGF) gestärkt und weiterentwickelt werden sollen. Doch dann erfuhr die Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. (Fosta) kürzlich auf „kaltem Weg“, dass das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) das bestehende Förderprogramm in der jetzigen Form beenden will.
„Was derzeit hinter verschlossenen Türen ausgearbeitet wird, ist völlig unklar. Auf Anfrage wurde uns lediglich mitgeteilt, dass zurzeit eine Neuordnung des Programms in Vorbereitung sei“, kritisiert Fosta-Geschäftsführer Rainer Salomon. Sie soll bereits zum 1. Januar 2023 in Kraft treten. Und Jens Jerzembeck, Geschäftsführer der Forschungsvereinigung Schweißen und verwandte Verfahren e. V. des DVS (DVS Forschung), ergänzt: „Zu keinem Zeitpunkt wurden die Forschungsvereinigungen in den Entscheidungsprozess einbezogen. Wir sind besorgt, dass damit ein über Jahrzehnte gewachsenes Forschungsnetz quasi im politischen Handstreich ohne Not zerstört wird.“
IGF: Erfolgsmodell der vorwettbewerblichen Kollaboration und des Technologietransfers
Mehr als 25 000 überwiegend kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie rund 1200 Forschungseinrichtungen sind aktuell in das Förderprogramm der „Industriellen Gemeinschaftsforschung“ (IGF) eingebunden. Ihre Arbeit ist es, die Deutschland bei Themen wie Mobilität, Materialforschung, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit nach vorne bringt.
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„Ein Erfolgsmodell der vorwettbewerblichen Kollaboration und des Technologietransfers, das in seiner Struktur weltweit einmalig ist und einen elementaren Beitrag zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit am Innovations- und Technologiestandort Deutschland leistet“, ist Jerzembeck überzeugt. Das BMWK stellt dafür im laufenden Jahr insgesamt 200 Mio. € bereit.
Kürzungen der Forschungsförderung dämpft deutsche Innovationskraft
Die Kürzungen, die nun aus dem Bundeswirtschaftsministerium zu befürchten sind, würden die Innovationskraft Deutschlands empfindlich dämpfen. „Der Staat investiert bereits jetzt zu wenig Mittel in die mittelstandsorientierte Branchenforschung“, meint Jerzembeck. Dabei sind gerade die KMU aufgrund ihrer geringen Größe meist nicht in der Lage, eigene Forschungskapazitäten aufzubauen oder externe Forschung zu finanzieren.
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Jerzembeck sagt: „Mit den Forschungsvereinigungen verfügt Deutschland über ein Forschungsnetzwerk, um das uns die Welt beneidet. Wir sollten alles daransetzen, dass auch künftig der Brückenschlag von der Forschung in die Anwendung optimal gewährleistet ist und dort feinjustiert wird, wo es nötig ist – gemeinsam mit allen Beteiligten, an einem Tisch.“