Neues Großgerät nutzt Röntgenstrahlung zur Photoelektronenspektrometrie für Materialprüfung von Festkörpern
Im Labor für Nano- und Quantenengineering haben Forschende der Leibniz Universität Hannover ein neues Großgerät eingeweiht. Mit dem Röntgen-Photoelektronenspektrometer (XPS) untersuchen sie die Oberfläche von weichen Polymeren bis hin zu Festkörpern wie Halbleiter und Metalle.
Ob weiche Materie wie Polymere oder anorganische Festkörper wie Metalle und Halbleiter: Ein Team der Leibniz Universität Hannover (LUH) kann für die Erforschung der Oberflächeneigenschaften an solchen Materialien künftig auf ein neues Großgerät zurückgreifen. Im Laboratorium für Nano- und Quantenengineering wurde dafür ein neues Röntgen-Photoelektronenspektrometer (XPS) eingeweiht.
Die experimentelle Untersuchungsmethode geht auf den schwedischen Physiker Kai Siegbahn zurück, der dafür 1981 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden war. Heutzutage werden damit die ersten Nanometer von Oberflächenschichten chemisch analysiert, wobei sowohl deren Elementarzusammensetzung als auch die chemische Umgebung der jeweiligen Elemente ermittelt wird.
Neue Materialien für Optik und Photonik entwickeln
Zur Expertise der Uni Hannover gehört seit jeher die Untersuchung und Entwicklung neuer Materialien etwa für die Optik- und Photonikforschung. Die Institute für Physikalische Chemie und Elektrochemie sowie für Anorganische Chemie betreiben die 1,19 Mio. € teure Anlage, die Kosten wurden hälftig vom Bund und dem Land Niedersachsen getragen. Künftig können Forschende aus Wissenschaft und Unternehmen damit zum Beispiel Oberflächenveränderungen durch Oxidations- oder Alterungsprozesse selbst messen oder in Auftrag geben.
Zerstörungsfreie und hoch sensitive Prüfung im Nanobereich von Proben
Das XPS-Gerät sei höchst sensitiv und arbeite zerstörungsfrei in den obersten fünf Nanometern einer Probe, sagt Dirk Dorfs, Institut für Physikalische Chemie und Elektrochemie und Mitglied im Exzellenzcluster PhoenixD. Es biete zudem die Augerelektronenspektroskopie, Ultraviolettphotoelektronenspektroskopie sowie eine Argonclusterkanone zum Abtragen der Probenoberfläche speziell für weiche Proben und eine beheizbare Probenkammer.
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„Durch seine vielen verschiedenen strukturellen wie auch elektronischen Charakterisierungsmethoden ermöglicht das Gerät eine breite Nutzbarkeit für verschiedene Fragestellungen“, ist Dorfs überzeugt. „Das ist besonders für die interdisziplinäre Ausbildung und Forschung von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern in den Fächern Chemie, Physik oder den Fachgebieten der Ingenieurwissenschaften wichtig.“
Komplexe Optiksysteme schneller und preisgünstiger herstellen als bisher
An der Universität Hannover wird daran geforscht, komplexe Optiksysteme durch moderne Fertigungsverfahren wesentlich preisgünstiger und in kurzen Entwicklungszeiten zu realisieren. Dafür braucht es neuartige optische Verbundmaterialien etwa aus Glas, Kunststoffen und Nanomaterialien. Weitere wichtige Materialklassen, die mit dem Gerät charakterisiert werden können, sind zudem metallorganische Gerüstverbindungen (MOF – Metal Organic Frameworks) und kolloidale Nanokristalle.
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„Die umfassende Untersuchung dieser neuen Materialien wird vielfach benötigt“, weiß Nadja Bigall, Mitglied im Vorstand des Exzellenzclusters PhoenixD an der LUH und federführende Antragstellerin des neuen Geräts. „Nur so verstehen wir, warum die jeweiligen Materialien entsprechende Eigenschaften aufweisen, was beispielsweise für die Anwendungen in Optik und Photonik zwingend notwendig ist.“