Nobelpreis für Physik: Elektronen in Echtzeit über die Schulter geschaut
Die Forschenden Ferenc Krausz, Pierre Agostini und Anne L‘Huillier haben den diesjährigen Nobelpreis für Physik für die Begründung der Attosekundenphysik erhalten. Doch was bedeutet Attosekundenphysik und was wird damit möglich?
Das Fachgebiet Attosekundenphysik ist vermutlich nur wenigen Menschen geläufig. Nicht verwunderlich, da es sich um ein noch recht junges Forschungsgebiet handelt. Es geht dabei um die Verwendung extrem kurzer Lichtimpulse, um Informationen über die Bewegung sehr kleiner und schneller Teilchen zu gewinnen.
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Um eine Vorstellung zu bekommen, wie „lang“ eine Attosekunde ist: Der milliardste Teil einer Milliardstel Sekunde ist es, oder wissenschaftlich beschrieben 10-18 s. Abgekürzt wird die Attosekunde mit „as“. Mit diesen kurzen Lichtimpulsen lässt sich das Verhalten von Elektronen messen, insbesondere der quantenmechanische Prozess des Tunnelns beobachten. Der Tunneleffekt ist beispielsweise mit dafür verantwortlich, dass die einzelnen Strukturen im Chip eines Computers nicht beliebig verkleinert werden können, ohne dass es zu Funktionseinbußen kommt. Mithilfe der kurzen Lichtimpulse können die Forschenden den Effekt nun besser analysieren und die Abläufe erfassen. Die Analyse funktioniert nicht nur in Gasen und Halbleitern, sondern sogar auch in Metallen.
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Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft gratuliert zum Nobelpreis
„Ich freue mich sehr, dass die Pioniere der Attosekundenphysik den Nobelpreis des Jahres 2023 für Physik erhalten“, sagte Joachim Ullrich, Präsident der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG). „Die Arbeiten von L‘Huillier, Agostini und Krausz haben das Tor zur Untersuchung von Prozessen im Innern von Atomen und Molekülen aufgestoßen“, so Ullrich weiter.
Nobelpreisträger: Anwendungsgebiete auch in der Medizin
Aktuell arbeiten die Forschenden mit Pulsdauern von nur rund 50 as. Das entspricht einer Lichtlauflänge von 15 nm – etwas mehr als der Durchmesser der DNA. Ferenc Krausz, Direktor am Max-Planck-Institut für Quantenoptik und Professor an der Ludwig-Maximilians-Universität München, erläuterte in einer Pressekonferenz am 3. Oktober 2023 die Anwendungsmöglichkeiten. So gebe es unter anderem auch medizinische Anwendungen für die Attosekundenphysik. So könne damit Blut auf frühe Stadien von Krebs untersucht werden. Es lasse sich so nämlich die Molekularstruktur des Blutes analysieren und kleinste Veränderungen können per Infrarot-Fingerabdruck schnell diagnostizieren werden. In Ungarn sei bereits eine Studie mit 10 000 Teilnehmern gestartet worden, um für das Gebiet der Diagnostik weitere Erkenntnisse zu gewinnen.
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