Quantensensor misst Energie ultragenau
Das Forschungszentrum Jülich und das südkoreanische IBS Center for Quantum Nanoscience (QNS) haben zusammen einen Quantensensor entwickelt. Der kann erstmals winzige magnetische Felder auf atomarer Skala messen.
Wenn zum Beispiel die Materialforschung wissen will, wie im atomaren Maßstab die Oberfläche eines Metalls aussieht, dann kommt standardmäßig ein Rastertunnelmikroskop zum Einsatz. Das kann Bilder einer solchen Oberfläche bis hinunter in den atomaren Maßstab, sogar in den subatomaren Bereich machen. Das ist Standard.
Einschränkung: Diese Geräte arbeiten mit Tunnelelektronen und die untersuchten Gegenstände müssen elektrisch leitend sein. Dumm nur, wenn man wissen möchte, wie groß die elektromagnetischen Feldstärken auf diesen Skalen sind. Dazu braucht es einen Sensor, der wirklich misst.
Quantensensor für hoch genaue Energiemessung
Wissenschaftler am Peter Grünberg Institut für Quantum Nanoscience des Forschungszentrums Jülich und des koreanischen IBS Center for Quantum Nanoscience (QNS) haben jetzt zu dieser Herausforderung eine Lösung gefunden, die sie als „wissenschaftlichen Durchbruch“ bezeichnen. Gemeinsam haben sie einen Quantensensor entwickelt, der winzige magnetische Felder auf atomarer und subatomarer Skala vermessen kann. Dieser Ansatz, so betonen beide Einrichtungen, sei konzeptionell neu.
Konkret haben sie an die Messspitze eines speziell präparierten Rastertunnelmikroskops (damit ist das Labor in Südkorea ausgestattet) einen im Wesentlichen aus einem Molekül bestehenden Magnetsensor appliziert (Expertise des FZ Jülich). „Das Neue ist, dass wir bei einer räumlichen Auflösung im subatomaren Bereich gleichzeitig quantitative energetische Messungen im Bereich von 100 neV erreichen können“, so Taner Esat, Hauptautor des Artikels. „eV“ ist eine in der Atomphysik gebräuchliche Energieeinheit und das „n“ steht für „nano“. Laut des in „Nature Nanotechnology“ veröffentlichten Artikels liegt die räumliche Auflösung unter 0,8 Å (Ångström). Das Ångström ist eine veraltete physikalische Einheit, ist aber in der Atomphysik noch gebräuchlich: 1 Å = 0,1 nm.
Präparation des Quantensensors ist eine Spezialität aus Jülich
Die Kunst des FZ Jülich besteht in der Präparation des Sensors. Das verwendete Molekül sei als Rohstoff (PTCDA: 3,4,9,10-perylenetetracarboxylic-dianhydride) herkömmlich zu kaufen, so Esat. Ein einzelnes PTCDA-Molekül jedoch zu manipulieren und zusammen mit Eisenatomen an die Messspitze des Rastertunnelmikroskops zu bappen, sodass es als Messsensor dort bleibt und funktioniert, bleibt aber erst mal die große Kunst.
Dieser Sensor nutzt jetzt den Elektronenspin über den Zeemaneffekt, bei dem sich das Grundniveau in einem Magnetfeld in zwei spinsensitive Zustände aufspaltet. Der energetische Unterschied dieser beiden Zustände lässt sich dann ausmessen. Je größer das Magnetfeld, desto größer der Unterschied. Je länger die Forscher messen können – je stabiler also der Sensor, desto besser die Genauigkeit der Energiemessung.
Bisherige Quantensensoren kamen nicht nah genug ran
Nicht, dass nicht bisher schon spinsensitive Quantensensoren entwickelt worden wären. Aber die sind, salopp gesagt, zu klobig. Und kommen daher gar nicht nah genug ran, um in dieser erwünschten räumlichen Auflösung messen zu können, heißt es beim FZ Jülich. Bisher, so Esat, basierten diese Quantensensoren auf einem Diamantkristall mit Stickstofffehlstellen, die aber bis zu 10 nm tief in der Kristallstruktur eingebettet sein mussten. „Daher sind sie stets in einem gewissen Abstand zum vermessenden Objekt. So sind sie typischerweise zu weit entfernt, um ein Objekt von der Größe eines einzelnen Atoms zu erfassen“, so Esat.
„Dieser Quantensensor ist ein Wendepunkt, da er Bilder von Materialien liefert, die so detailreich sind wie ein MRT, und gleichzeitig einen neuen Standard für die räumliche Auflösung von Quantensensoren setzt. Dies wird es uns ermöglichen, Materialien auf ihrer fundamentalsten Ebene zu erforschen und zu verstehen“, zeigt Esat sich begeistert über die potenziellen Anwendungen.
Neuer Quantensensor hat Potenzial für weite Verbreitung
Zugleich meinen die beteiligten Forscherinnen und Forscher, ist der Ansatz so, dass er auch anderswo umzusetzen ist. Auch wenn die Herstellung des eigentlichen Quantensensors tricky ist. Elektronenspinresonanz mit einem Rastertunnelmikroskop auf Tieftemperaturniveau zu koppeln, diese Geräte stehen zwar noch nicht überall auf der Welt, aber es gibt sie.
„Die Entwicklung des Quantensensors auf atomarer Ebene stellt einen bedeutenden Meilenstein auf dem Gebiet der Quantentechnologie dar und wird voraussichtlich weitreichende Auswirkungen auf verschiedene wissenschaftliche Disziplinen haben“, hofft das FZ Jülich.