Weihnachtsfrage 2023 21. Dez 2023 Zusammengestellt von Bettina Reckter Lesezeit: ca. 6 Minuten

Von Fischertechnik, Modellflugzeugen und selbst gebauten Drehmaschinen

Die Redaktion der VDI nachrichten hat auch im Jahr 2023 Topmanagerinnen und -managern sowie Forscherinnen und Forschern eine spezielle Weihnachtsfrage gestellt. Die Antworten bieten sehr persönliche Einblicke.

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Foto: panthermedia.net/alphaspirit

Unsere Weihnachtsfrage: „Welcher Gegenstand oder welches technische Gerät aus Ihrer Kindheit oder Jugend lässt Sie heute noch für einen Moment die Gegenwart vergessen?“

Traum vom Fliegen

Adrian Willig, VDI-Direktor und Herausgeber VDI nachrichten. Foto: VDI

„Ich komme heute noch ins Schmunzeln, wenn ich irgendwo ein Modellflugzeug sehe. Als Jugendlicher habe ich Tage damit verbracht, einen Motorflieger mit einem Glühzündermotor zusammenzubauen. Als ich das endlich geschafft hatte, war ich natürlich megastolz und wollte das Flugzeug unbedingt ausprobieren. Gesagt, getan: Zusammen mit meinem Bruder fuhren wir zu einer großen, abschüssigen Wiese. Nach einigen Versuchen startete endlich der Motor. Schwups, war der Flieger in der Luft. Dann passierte, was passieren musste: Trotz Fernsteuerung bekamen wir das Modellflugzeug nicht in den Griff und der Flieger landete außer Sichtweite in einem hohen Baum. Nur einem kräftigen Windstoß ist zu verdanken, dass wir nach längerer Sucherei unser Bastlerstück demoliert wiederfanden. Mit der Fliegerei war es dann erst mal vorbei!“

Adrian Willig, VDI-Direktor und Herausgeber VDI nachrichten

In die Welt der Musik abtauchen

Peter Herweck, seit Mai 2023 CEO des französischen Automatisierungsspezialisten Schneider Electric SE. Foto: Schneider Electric SE

„Als Ingenieur und Innovationsfan gibt es ein technisches Gerät aus meiner Jugend, das mich immer für einen Moment die Gegenwart vergessen lässt – der Walkman. Dieser tragbare Musikplayer hat die Art und Weise, wie wir Musik hörten, revolutioniert und uns die Freiheit gegeben, unsere Lieblingssongs beim Herumspazieren zu genießen. Immer wenn ich Queens und David Bowies ,Under Pressure‘ höre, werde ich sofort in diese beseelenden Momente zurückversetzt, in denen die Welt in den Hintergrund trat und nur die Musik zählte. Der Walkman hat einen besonderen Platz in meinen Erinnerungen und bedeutete für mich damals Freude und Flucht aus dem Alltag.“

Peter Herweck,CEO von Schneider Electric SE

Mein Kumpel in der Kindheit

Alexander Heise, CEO der Hays AG. Foto: Hays AG

„Als ich im zarten Alter von vier Jahren meinen ersten ‚Walkman‘ von meinen Eltern geschenkt bekam, bin ich direkt zum glühenden Fan geworden. Der Walkman hat mich meine ganze Kindheit begleitet, bis er vom damals ‚megafortschrittlichen‘ Discman abgelöst wurde. Die beiden waren sozusagen meine unschlagbaren Kumpels in Sachen Audio. Am Anfang waren es hauptsächlich Hörbücher, denen ich gelauscht habe. Doch nach und nach wurde die Musikabteilung zum coolen Hotspot. Wer die neuesten Tracks auf Herz und Nieren prüfen wollte, musste sich in den Elektromarkt begeben. Heute ist das alles mit einem simplen Klick auf der Smartphone-App erledigt – ohne stundenlanges Warten auf den neuesten Hit und mit einer Playlist, die riesig ist. Im Nachhinein muss ich sagen: Weniger Auswahl hatte irgendwie auch seinen Charme, es war irgendwie einfacher und individueller. Mein persönliches Musikvergnügen hole ich mir heute vor allem auf Konzerten. Es geht einfach nichts über das Live-Erlebnis!“

Alexander Heise, CEO der Hays AG

Vom Farbfernseher zum Streamer

Igus-Chef Frank Blase. Foto: M. Ciupek

„Weihnachten verbinde ich mit dem ersten Farbfernseher. Er kam pünktlich zur Ausstrahlung der mehrteiligen Lederstrumpf-Serie, einer deutschen Produktion mit Hellmut Lange. Dieses technische Gerät, mit dem Hightechzusatz von Streaming und KI, verschafft mir viele Minuten „alles vergessen“ an manchen Sonntagen. Als Jugendlicher las ich einmal vom Präsidenten Eisenhower, der sich mit „Bonanza“ entspannen konnte, und verstand es nicht. Vor drei Jahren entdeckte ich Serien wie Hell on Wheels, Vikings, Napoleon, die Medici und andere. Es ist Weihnachten der Kindheit in Endlosschleife.“

Frank Blase, Geschäftsführer von Igus

Aus kleinem Dreher wird großer Dreher

Gisbert Krause, Geschäftsführer der Hommel GmbH. Foto: Privat

„Tatsächlich gibt es ein Gerät, welches mich schon in meiner Kindheit fasziniert hat. Ich war ca. sechs Jahre alt, als unser Nachbar mir in seinem Hobbykeller eine kleine Drehmaschine Marke Eigenbau, ausgestattet mit einem alten Waschmaschinenmotor, vorgeführt hat. Unser Nachbar war ein gelernter Spitzen-Dreher und sehr stolz auf seinen Beruf und seine kleine Drehmaschine. Er hat mir viele Geschichten erzählt, was er als Dreher mit so einer Drehmaschine alles herstellen kann.

Eine kleine Drehmaschine Marke Eigenbau, ausgestattet mit einem alten Waschmaschinenmotor. Foto: Krause

Ich war dann so begeistert, dass ich fünf Jahre später die Lehre als Dreher begonnen habe, was ich bis heute nicht bereue. Alleine jetzt kurz davon zu berichten, hat mir ein Lächeln ins Gesicht gezaubert – und das, obwohl ich jeden Tag mit Drehmaschinen zu tun habe…und das seit 47 Jahren!“

Gisbert Krause, Geschäftsführer der Hommel GmbH

Ein Plädoyer für mehr Lametta

Margit Harting, Vorstand und Gesellschafterin der Harting Stiftung. Foto: Harting

„Technische Geräte und ich haben im Laufe meiner vielen Lebensjahre kein liebevolles Verhältnis miteinander finden können; vor allem deshalb, weil sie – meistens – im entscheidenden Augenblick mir ihre Dienste verweigern! Deshalb – und auch aus anderen Gründen – kommen keine elektrischen Kerzen an unseren Tannenbaum. Seit meiner Teenagerzeit durfte ich immer unseren Weihnachtsbaum schmücken: silberne Kugeln, weiße Kerzen und vor allem: silbernes Lametta – viel Lametta; kunstvoll einzeln aufgesetzt, sodass die Zweige wie kleine Vorhänge aussahen. Und später dann sorgfältig „abtakeln“ für das nächste Jahr! Wir haben diese Bäume geliebt und gelebt – bis zu meiner Heirat. Und dann? Seit über einem halben Jahrhundert jedes Jahr ein wunderschöner, bunter Weihnachtsbaum – ohne Lametta …, aber immer noch ohne elektrische Unterstützung. Früher war echt mehr Lametta!“

Margit Harting, Vorstand und Gesellschafterin der Harting Stiftung

Der Silberling

Andreas Lüning, Mitgründer und Vorstand G Data CyberDefense. Foto: G DATA CyberDefense

„Da muss ich nicht lange überlegen. Über mehrere Feste in den 1970ern wie Geburtstag und Weihnachten habe ich drei Baukästen der Elektronik-Serie von Fischertechnik geschenkt bekommen – ec1 (Elektromechanik), ec2 (Elektronik) und ec3 (Optik/Akustik). Mit den Bausteinen und -platten sowie diversen Motoren und Schaltern habe ich durchs Zusammenbauen die ersten Grundbegriffe der Elektrotechnik kennengelernt. Besonders gerne erinnere ich mich an einen silbernen Baustein (genannt „Silberling“)“ aus dem ec2-Baukasten, der im Prinzip ein Differenz-Operations-Verstärker war. Dieser bildete die Grundlage, um Schaltungen aufzubauen und um mit dem Relais aus Baukasten ec1 Steuer- und Regelungsaufgaben zu erfüllen. Da ich für einige meiner Aufbauten zwei dieser Verstärker brauchte, habe ich aus Kostengründen versucht einen nachzubauen. So habe ich angefangen, im örtlichen Elektronik-Heimwerker-Fachgeschäft Widerstände, Kondensatoren sowie Transistoren und Platinen einzeln zu kaufen und zusammenzulöten.“

Andreas Lüning, Mitgründer und Vorstand von G Data CyberDefense

Schwarze Box aus Ausbildungszeiten

Reinhold Groß, CEO der Robotersparte von Kuka, mit seiner Box zur Steuerung von Elektrogeräten aus Ausbildungszeiten. Foto: privat

„Seit den späten 80er-Jahren begleitet mich eine schwarze, auf den ersten Blick recht unscheinbare Box. Tatsächlich steckt in ihr aber Technik, die damals sehr fortschrittlich war: Eine individuell programmierbare Schaltsteckdose mit vier Ausgängen, quasi eine Zeitschaltuhr. Die habe ich zu Beginn meiner Ausbildung zum Elektroniker gebaut und sie begleitet mich bis heute. Alles daran ist selbst gemacht: vom Gehäuse und dessen Lackierung bis hin zum Löten der Platine. Für meine Studienzeit habe ich sie dann so programmiert, dass die Kaffeemaschine noch vor dem Aufstehen lief, nur 10 min später mein Röhrenradio langsam an Lautstärke zulegte und mein Toaster startete. Ein Stück automatisierte Morgenroutine, an die ich mich noch heute sehr gerne erinnere.“

Reinhold Groß, CEO der Robotersparte von Kuka

Fotografie, bevor es Insta, Snapchat & Co. gegeben hat

Fenja Feitsch, Chair VDI Young Engineers. Foto: privat

„In meiner Jugend besaß ich eine beeindruckende Spiegelreflexkamera, die ich mit etwa 13 Jahren zu Weihnachten erhielt. Die Faszination für dieses technische Gerät entführte mich in die Welt der Fotografie, wo ich mich als aufstrebende Fotografin wähnte – trotz vorwiegendem Einsatz des Automatikmodus … Die eigentliche Magie entfaltete sich bei der Bildnachbearbeitung.

Foto: privat

In einer Ära vor Snapchat und Instagram experimentierte ich eigenhändig, ohne Ahnung von professioneller Bildbearbeitung. Naiv schraubte ich die Kontraste hoch, im Glauben, meinen Aufnahmen eine künstlerische Note zu verleihen. Die ausgedruckten Bilder wurden zu Weihnachten und Co. in selbst gestaltete Kalender für Familie und Freunde integriert. In der heutigen Ära von instantanen Posts und perfekt inszenierten Bildern lässt mich der Gedanke an diese Spiegelreflexkamera für einen Moment die Gegenwart vergessen. Sie repräsentiert eine Zeit, in der ich mit stolzgeschwellter Brust und einem Hauch von Expertentum durch die Welt der Fotografie streifte – unbedarft, begeistert und auf der Suche nach meinem eigenen visuellen Ausdruck.“

Fenja Feitsch, Chair VDI Young Engineers

Erste Schritte im globalen Dorf dank DFÜ

Mirko Ross, Gründer und Geschäftsführer des Sicherheitsspezialisten Asvin. Foto: Asvin

„Unvergesslich die Stunden mit dem Akustikkoppler von Woerltronic aus Cadolzburg bei Nürnberg (!). 300 Baud Übertragungsrate (300 bit/s) und trotzdem hatte mir dieses De­vice die Tore zur Welt geöffnet. Zwar zu einem hohen Preis, denn 1986, da war ich 14, hatte die Deutsche Post bekanntlich noch ein Monopol und die Tarife waren hoch. Zu hoch für Taschengeldbezieher. Aber wer die DFÜ mochte, wusste auch, mit welchen Hacking-Methoden sich die Tarife senken ließen. Mit Captain Crunch (John T. Draper) als Vorbild blieben die Tore weit offen. Herrlich: Es gab Boards, auf denen wir mit Leuten aus Skandinavien und den USA Nachrichten und vor allem Spiele austauschten. Das globale Dorf tat seine ersten Schritte.“

Mirko Ross, CEO der Asvin GmbH

Kassettenrekorder als Tor zur Welt

Marianne Janik, Chefini von Microsoft Deutschland. Foto: Microsoft

„In den 70er-Jahren war mein bereits alter Kassettenrekorder mein Tor zur Welt. Jederzeit griffbereit, Kassette reingeschoben, Start gedrückt und schon ging es ab in Märchenlandschaften („Die Schneekönigin“ habe ich rauf und runter gespult) oder in Abenteuergeschichten von Charles Dickens bis Herman Melville. Irgendwann war ich als ,viertes‘ der „Drei Fragezeichen???“ mittendrin! Später habe ich Radiomoderatoren lieben gelernt, die sich nicht auf meinen Mixtapes verewigten. Und ja, das war alles analog. Hat sich nie ,aufgehangen‘, manchmal Bandsalat produziert, aber vor allem jede Menge Spaß gemacht. Ein Foto meines Schmuckstücks gibt es leider nicht mehr. Aber eine Illustration, wie KI mich als Mädchen mit meinem Kassettenrekorder sieht. So trifft die Vergangenheit die Zukunft.“

Marianne Janik, Chefin von Microsoft Deutschland

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