Wie aus rollenden Tropfen ein Miniaturantrieb wird
Mechanische Antriebe stoßen bei der Miniaturisierung an physikalische Grenzen. Forschende der Ruhr-Universität Bochum nutzen deshalb Tropfen auf Mikrochips als Rollen für kleine Platten.
Das Prinzip klingt simpel: Flüssigkeitstropfen werden durch das Anlegen einer elektrischen Spannung und durch die damit erzeugte elektrostatische Kraft in Rotation versetzt. „Nur die Wasserkugeln zu bewegen, ist aber nichts Besonderes“, erklärt Martin Hoffmann, Professor am Lehrstuhl für Mikrosystemtechnik der Ruhr-Universität Bochum (RUB). „Das kann man schon lange. Wir wollen die Tropfen als Rollen verwenden, um damit winzige Objekte zu transportieren oder präzise auszurichten“, fügt er hinzu. Mit seinem Team nutzt er den Effekt, um kleine Platten zu bewegen, auch ein Zoomobjektiv soll damit aufgebaut werden können.
Miniaturantrieb: Basis sind Siliziumchips und Flüssigkeitstropfen
Hoffman und sein Team nutzen dazu Standardmethoden aus der Mikrochipproduktion. Ein Miniantrieb besteht beispielsweise aus einem Siliziumchip und einem Flüssigkeitstropfen, der elektrostatisch zielgerichtet in eine Rollbewegung versetzt wird. Um damit Dinge bewegen zu können, haben die Forschenden eine rollende Plattform aufgebaut, indem sie eine quadratische Platte auf vier Wassertropfen gesetzt haben. Zu den Herausforderungen erklärt Hoffmann: „Die Unterseite der Platte müssen wir dazu mit einer wasserabweisenden Schicht versehen, die das Benetzen verhindert.“ Nur an den vier Eckpunkten gebe es deshalb Stellen, an denen das Wasser an der Platte haftet. Diese dienen als Lagerstellen für die Rollen an der Platte.
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Was in der Ebene funktioniert, wollen die Forschenden der RUB nun auch in ein dreidimensionales System übertragen. Geplant ist eine Art Hochregallager, in dem Tropfen auf verschiedene Ebenen fahren können. Fungieren die Tropfen als Linsen, ließen sich damit winzige Zoom-Objektive bauen. In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt will Hoffmanns Team dazu Tropfen nicht nur in unterschiedliche Positionen bewegen, sondern auch gezielt verformen.
Bewegte Systeme auch ohne Flüssigkeit fertigen
Das Forschungsteam berichtet zudem davon, dass es möglich ist, die beweglichen Systeme auch ohne Flüssigkeiten zu fertigen – nur aus Silizium-Strukturen. Diese Technik nutze das Team beispielsweise, um auch ohne eine große Schüssel eine kompakte Radarantenne zu bauen, und für ein System, in dem das Verhalten lebender Zellen unter Druck erforscht werden kann. Details dazu hat die Ruhr-Universität Bochum in ihrem aktuellen Wissenschaftsmagazin Rubin im Schwerpunkt mit dem Titel „In Bewegung“ zusammengefasst.