Teilchenphysik 10. Apr 2024 Lesezeit: ca. 3 Minuten

Zum Tode von Peter Higgs: Ohne „Gottesteilchen“ bliebe die Erde dunkel

Der britische Physik-Nobelpreisträger Peter Higgs ist tot. Seine bedeutendste Entdeckung konnte erst nach Jahrzehnten experimentell nachgewiesen werden.

Peter Higgs 2013 anlässlich der Verleihung des Physiknobelpreises.
Foto: IMAGO/TT

Der britische Physik-Nobelpreisträger Peter Higgs ist tot. Der 94-Jährige starb am Montag in seinem Zuhause, wie die schottische Universität Edinburgh am Dienstag mitteilte. Mit seiner Theorie zur Masse von Elementarteilchen wurde der Engländer weltberühmt. Die Entdeckung des Higgs-Bosons – auch „Gottesteilchen“ genannt – am Forschungszentrum Cern in der Schweiz brachte ihm gemeinsam mit dem Belgier François Englert 2013 den Nobelpreis ein.

VDI nachrichten berichtete anlässlich des Nachweises des Higgs-Teilchens 2012 am Kernforschungszentrum Cern über Higgs bedeutendste Entdeckung:

Ohne Gottesteilchen keine Kernfusion

Von den Medien wird das Higgs-Teilchen gerne als „Gottesteilchen“ bezeichnet. Zwar mögen Physiker diese Bezeichnung nicht, doch sie betont die wichtige Rolle des Partikels als Baustein des Universums. Ohne das Higgs-Teilchen würde die Welt, wie wir sie kennen, nicht existieren. Denn nach dem Standardmodell der Elementarteilchenphysik gibt das berühmte Partikel Elementarteilchen wie Elektronen oder Quarks ihre Masse, was sich auf die Physik enorm auswirkt: Ohne das Gottesteilchen könnten etwa Sterne wie die Sonne keine Energie durch Kernfusion erzeugen – die Erde bliebe dunkel.

Das Higgs-Teilchen ist das letzte Partikel des Standardmodells, das bislang seiner Entdeckung harrte. Obwohl sich die Wissenschaftler des Cern offiziell noch zurückhaltend äußern, da noch weitere Daten für die eindeutige Identifikation als Higgs-Teilchen gesammelt werden müssten, sprechen Teilchenphysiker von der spektakulärsten Entdeckung seit Jahrzehnten. „Wir sind dem Traum der Menschheit, zu verstehen, was die Welt im Innersten zusammenhält, ein wichtiges Stück nähergekommen“, kommentiert Thomas Müller vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT), der als Experimentalphysiker am Bau des hausgroßen CMS-Detektors beteiligt war.

Higgs-Teilchen verhalten sich wie Gäste in einem Ballsaal

Unter dem Unwissen, das Goethes Faust noch frustrierte, müssen Teilchenphysiker zwar schon seit einiger Zeit nicht mehr leiden, denn sie haben mit dem Standardmodell der Elementarteilchenphysik eine Theorie entwickelt, die die Grundbausteine der Materie und die Kräfte, die zwischen ihnen wirken, schlüssig beschreibt. Allerdings ließ dieses Modell bis in die 1960er-Jahre eine entscheidende Frage offen: Wie kann es sein, dass Elementarteilchen eine Masse besitzen, obwohl sie keine räumliche Ausdehnung haben, also punktförmig sind? Dabei geht es nicht um Peanuts: Das schwerste Elementarteilchen, das Top-Quark, ist so schwer wie ein Goldatom, obwohl es keinen Raum beansprucht.

Peter Higgs fand 1964 einen Mechanismus, der erklärt, wie Elementarteilchen ihre Masse erhalten. Seine Theorie lässt sich mit einem anschaulichen Bild plausibel machen. Demnach bevölkern Higgs-Teilchen das Universum wie Gäste einen vollen Ballsaal. Tritt ein Prominenter in den Saal, bildet sich sofort eine Traube von Gästen um ihn herum, um ihm die Hand zu schütteln. Er wird dadurch gebremst und kann sich nur noch unter Kraftaufwand weiterbewegen. Auf analoge Weise erhält ein Elementarteilchen seine Masse durch die Wechselwirkung mit Higgs-Teilchen, die sich um das Teilchen herumscharen, sobald es irgendwo auftritt.

Die „Gottesteilchen“ können nur indirekt nachgewiesen werden

Für den Nachweis des Higgs-Teilchens fahren Forscher mit dem Large Hadron Collider (LHC) das schwerste Geschütz auf, das sie haben. Zwar sind Higgs-Teilchen allgegenwärtig, doch die Partikel tauchen aus dem Nichts auf und verschwinden gleich wieder darin, besitzen also keine für eine Beobachtung ausreichende Beständigkeit. Erst durch Zufuhr von ausreichend viel Energie kann aus der Stippvisite ein beständiges, nachweisbares Partikel gemacht werden. Der LHC erzeugt dank der enormen Energie, die er den Protonenkollisionen zuführt, so viele Higgs-Teilchen wie noch kein Beschleuniger zuvor. Doch weil die Higgs-Teilchen schnell zerfallen, können sie nur indirekt nachgewiesen werden, nämlich indem man nach typischen Zerfallsprodukten wie Elektronen oder Photonen sucht. Letztere treten aber auch durch den Zerfall anderer Teilchen auf, die bei Protonenkollisionen im LHC entstehen. Daher müssen die Physiker Daten sehr vieler Zusammenstöße auswerten, um sicher sein zu können, dass die vermeintlichen Spuren des Higgs-Teilchens keine zufälligen Schwankungen dieses immer vorhandenen Hintergrundes an Zerfallsprodukten sind.

Dieser Beitrag erschien zuerst 2012 in der Ausgabe 29/30 und wurde aus aktuellen Anlass noch einmal für unsere Leserinnen und Leser verfügbar gemacht.

 

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