Corona: Strömungssimulation zeigt die Wege von Aerosolen im Büro
Aktuelle Untersuchungen deuten auf die hohe Gefahr der Übertragung des neuartigen Coronavirus Sars-CoV-2 durch Aerosole hin. Ein Simulationsspezialist hat die potenzielle Verbreitung für sein eigenes Großraumbüro durchgerechnet und daraus Maßnahmen abgeleitet.
Aktuell warnen immer mehr Wissenschaftler und Mediziner vor der Aerosol-Übertragung des neuartigen Coronavirus. Von einer „unterschätzen Gefahr“ oder „Gefahr aus dem Nebel“ ist beispielsweise die Rede. Gleichzeitig fragen sich Unternehmen gerade jetzt, inwieweit sie Mitarbeiter aus dem Homeoffice wieder zurück in die Büros holen können. Wo es kleine Einzelbüros gibt, mag das Risiko abschätzbar und der Abstand zu Kollegen einzuhalten sein. Bei vielen Großraumbüros, die als Symbol für die neue Arbeitswelt gelten, ist das anders. Hier fragen sich nun viele Geschäftsführer und Büroleiter, wie sie Übertragungswege in den offen gestalteten Umgebungen effizient unterbrechen können, ohne die Kommunikationsfreiheit komplett einzuschränken. Wie das funktionieren kann, hat der Simulationsspezialist Tecosim aus Wiesbaden für seine eigenen Großraumbüros am Standort Köln durchgerechnet.
Gängige Belüftung erhöht das Risiko
Die Ingenieure haben dabei mittels Strömungssimulation unter anderem festgestellt, dass gängige Belüftungskonzepte das Risiko einer Covid-19-Infektion massiv verstärken. Ausgehend von dieser Erkenntnis habe das Management des Unternehmens die Belüftungsstrategie innerhalb weniger Tage so optimiert, dass die potenzielle Viruslast laut den Simulationsergebnissen um 70 % reduziert wird. Erreicht wurde das unter anderem durch eine Anpassung der Position der Stellwände sowie der Sitzordnung.
Hier half die Kompetenz in der Strömungssimulation dem Unternehmen quasi kostenneutral, schnell zum geordneten Geschäftsbetrieb zurückzukehren. Dabei berechnet das Unternehmen sonst eher Strömungen bei Windkraftanlagen, in der Prozessindustrie oder auch der Luftfahrt. Darüber hinaus simulieren die Ingenieure eigentlich eher die Belastungen bei Bau- und Landmaschinen sowie im Maschinen- und Anlagenbau.
„Uns war schnell klar, dass die bekannten Hygieneregeln zwar sinnvoll sind, aber alleine nicht ausreichen“, sagt Martin Westerwald, Geschäftsführer der Tecosim GmbH. Er macht deutlich: „Neben der Aufrechterhaltung des eigenen Geschäftsbetriebs steht die Gesundheit der Mitarbeitenden bei uns an erster Stelle. Deshalb haben wir unsere langjährige Expertise in der technischen Computersimulation genutzt und berechnet, wie die Luftströmungen die Konzentration von Aerosol-Wolken beeinflussen. Anschließend haben wir die nötigen Maßnahmen umgesetzt.“
Ausbreitung in Fleischfabrik gibt Impuls
Gerade Fälle wie die Ausbreitung des Virus in Fleischfabriken haben längst Belüftungskonzepte in Fabriken ins öffentliche Bewusstsein gerückt. Für die Entwicklungsingenieure entstand damit aus der Krise eine neue Chance. „Unsere bisherigen Gespräche haben bestätigt, dass das Verfahren z. B. für fast alle Produktionsbetriebe interessant ist. Auch medizinische sowie Pflegeeinrichtungen und Betreiber öffentlicher Gebäude zeigen Interesse – hier unter anderem für deren Aufenthaltsbereiche“, berichtet Westerwald. Deshalb hat Tecosim mit der Bewertung von Innenräumen jetzt ein neues Dienstleistungsangebot geschaffen. Eine weitere Erkenntnis aus den ersten Projekten: „Kunden, Besucher oder Mitarbeitende fühlen sich in derart umgestalteten Umgebungen sicherer“, so der Geschäftsführer.