Service-Robotik 26. Apr 2022 Von Fabian Kurmann Lesezeit: ca. 3 Minuten

Roboter statt Minibar

In Wien fährt der erste Serviceroboter mit dem Aufzug. Ein Hotel setzt auf ein automatisiertes Liefersystem statt auf den klassischen Getränkevorrat im Zimmer.

Abgeliefert: Vor dem Hotelzimmer ist der Übergabepunkt für Bier, Zahnbürste & Co. Die Minibar hat hier ausgedient.
Foto: Kone/Philipp Lipiarski

In Nordrhein-Westfalen stellte die Polizei Anfang des Jahres einen Roboter vor, der selbst Treppen steigen kann. In Wien hingegen hat ein Roboter seinen Dienst angetreten, der wie die meisten Menschen den bequemeren Weg wählt: Er fährt Aufzug – und zwar als erster Serviceroboter in Österreich.

Das Hotel Radisson Red Vienna in Wien nutzt ein Produkt des Münchner Start-ups Robotise. Es trägt den Namen „Jeeves“, bekannt aus der britischen Serie „Jeeves and Wooster – Herr und Meister“ (1990–1993), in der Stephen Fry als der Butler Reginald Jeeves auftritt.

Jeeves bringt den Hotelgästen automatisiert Getränke und Snacks aufs Zimmer. Dafür kann der Roboter zwei Hotelaufzüge nutzen, mit denen auch die Hotelgäste unterwegs sind. Der kleine Jeeves hat nämlich aktuell noch keine Priorisierung in den Aufzügen des Wiener Hotels. Er kann also keine sogenannte Vorzugsfahrt für sich anfordern. Laut dem Hersteller dieser Aufzüge, Kone, ist die generelle Umsetzung einer solchen Option aber in Überlegung.

Robotereinsatz lohnt sich durch Verzicht auf Minibars

Wein vom Robo-Butler: Serviceroboter Jeeves im Hotel in Wien. Foto: Kone/Philipp Lipiarski

Dass im Wiener Hotel ein Serviceroboter arbeitet, liegt nicht etwa an einem technikbegeisterten Management. Die simple Wahrheit ist, dass der kleine Jeeves in diesem Szenario offenbar wirtschaftlicher ist als die klassische Minibar im Zimmer. Auf die verzichtet das 2022 eröffnete Hotel folglich.

„Mit dem Serviceroboter kommen wir den Erwartungen vieler Gäste nach einer Minibar nach, ohne das knappe Personal mit dem Füllen von Kühlschränken in den Zimmern zu binden“, begründet Daniel Twerenbold das Projekt. Er ist Regional Director Switzerland, Italy, Austria & South East Europe der Radisson Hotel Group. Nun könnte es auf weitere der mehr als 40 Häuser der Radisson Hotel Group ausgedehnt werden.

Der Serviceroboter kann heute schon Hunderte Minibars ersetzen und zusätzlich Speisen sowie Gastgeschenke und Aufmerksamkeiten für VIP-Gäste auf die Zimmer liefern. Der Hersteller von Jeeves, das Münchner Start-up Robotise AG, hat bereits eine volle Roadmap für weitere Serviceroboter.

So läuft die Roboterbestellung per Aufzug ab

Der Serviceroboter Jeeves fährt mit dem Hotelaufzug wie ein normaler Gast. Foto: Kone/Philipp Lipiarski

Nachdem eine Bestellung per App aufgegeben wird, ruft Jeeves den nächsten verfügbaren Aufzug in seine Etage, wählt die Zieletage und hält die Aufzugtüren so lange offen, bis er in die Kabine hineingerollt ist. Die Kommunikation erfolgt über eine offene Schnittstelle einer Cloud-basierten digitalen Plattform des Aufzugherstellers.

Die Aufzüge der DX-Klasse, wie die im Wiener Hotel, sind bereits ab Installation mit dieser Plattform vernetzt. Das heißt, sie können nicht nur von Servicerobotern gerufen werden, sondern unterstützen auch die Gebäudetechniker. So lasse sich nach Bedarf auch „die KI-gestützte prädiktive Wartung“ per Software hinzubuchen, ebenso wie „der Aufzugruf per Smartphone“, erklärt Erik Kahlert, Geschäftsführer bei Kone Deutschland, Österreich und Schweiz.

An der Schwelle zur Zimmertür ist Schluss

Das Radisson Hotel Wien führt Serviceroboter ein. Es wurde 2022 eröffnet. Foto: Schubert Photography

Der Roboter greift zur Navigation im Hotel auf eine eigene, sozusagen innere Karte zurück. Jeeves bewegt sich damit allerdings nur auf dem Hotelflur. Er fährt also nicht ins Zimmer, sondern hält davor an. Seine Fahrt endet immer schräg vor der Türschwelle der Zimmer, sodass der Hotelgast noch an ihm vorbeikommt. Grund dafür ist das Brandschutz- und Evakuierungskonzept: Im Notfall müssen die Gäste so schnell wie möglich die Zimmer verlassen können. Dann darf kein Roboter den Zimmerflur und damit den Weg versperren.

Mehrere Serviceroboter gleichzeitig sind machbar

Das System, das es dem Roboter erlaubt, einen Aufzug zu rufen, kann auch zur vorausschauenden Wartung der Gebäudetechnik eingesetzt werden. Foto: Kone/Philipp Lipiarski

In Wien fährt aktuell nur ein Robo-Butler. Aus Sicht der Aufzüge wird er wie ein normaler Fahrgast gerechnet, hier wäre also noch Luft nach oben. Kone: „Der Einsatz mehrerer Roboter ist machbar und wird sehr wahrscheinlich schon bald der Fall sein. Wir gehen davon aus, dass durch die voranschreitende Serviceautomatisierung sehr schnell weitere Serviceroboter für verschiedene Use Cases Einzug halten.“ Zu diesem Zweck soll das Steuerungssystem des Herstellers dann „den Verkehr smart managen, so dass sich Fahrgäste und Roboter nicht gegenseitig stören“.

Aktuell taugt der Serviceroboter sogar zur Attraktion: „Viele Gäste nutzen Jeeves nur, weil sie den rollenden Butler im Einsatz erleben möchten“, sagt Twerenbold. Falls in Zukunft einmal eine Lieferung doch nicht den Wünschen des Gastes entsprechen sollte, wird der Roboter außerdem selbst bei einem fulminanten Wutausbruch eines VIP-Gastes stoische Gelassenheit bewahren. Ob das tatsächlich als Deeskalationsstrategie geeignet ist, wird sich dann zeigen.

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