Bioprinting: 3D-Druck von körpereigenen Knorpelzellen fürs Knie
Personalisierte Implantate aus körpereigenen Zellen könnten Knorpelschäden heilen. Ein Fraunhofer-Team tüftelt an speziellen Biotinten für den 3D-Druck.
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Manchmal passiert es beim Sport, manchmal beim Einsteigen ins Auto: Eine falsche Bewegung – und der Knorpel im Kniegelenk geht kaputt. Wird das medizinisch nicht gut versorgt, kann der Knorpeldefekt im Alter sogar Arthrose verursachen. Und die ist aktuell praktisch nicht heilbar. Bei größeren Knorpelschäden könnten künftig Implantate aus körpereigenen Zellen helfen, die per 3D-Druck exakt an die beschädigte Stelle angepasst werden. Spezielle Biotinten dafür entwickelt ein Team des Fraunhofer-Instituts für Angewandte Polymerforschung IAP und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg (BTU). Das Projekt fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit Januar 2024 mit rund 2 Mio. €.
Bislang lassen sich bei Knorpelschäden bereits körpereigene Knorpelzellen entnehmen, im Labor vermehren und in den geschädigten Bereich des Gelenks transplantieren. Bei größeren Knorpeldefekten funktioniert das allerdings nur bedingt. Deshalb tüftelt das Team jetzt an einem 3D-Druckverfahren, das mit Biotinte arbeitet. Damit lässt sich biologisches Gewebe, in das lebende Zellen eingebettet sind, in einem dreidimensionalen Format herstellen.
Biotinten für den 3D-Druck
„Im Projekt BioPol-3D entwickeln wir Tinten für den 3D-Biodruck, die bereits die Knorpelzellen der Patientin oder des Patienten enthalten. Die Zellen sind dabei in ein Hydrogel eingebettet. Diese Biotinten können während oder nach dem Druck vernetzt oder stabilisiert werden, um die gewünschte Form und Struktur zu erzeugen“, erklärt Ruben R. Rosencrantz, Leiter des Forschungsbereichs „Life Science und Bioprozesse“ am Fraunhofer IAP und Inhaber des Lehrstuhls „Biofunktionelle Polymermaterialien“ an der BTU.
Den Forschenden dienen dabei Glykopolymere als Hydrogelmatrix. Glykopolymere sind synthetische und natürlich vorkommende Polymere, die als Zuckerkomponente eine Glykaneinheit in der Seitenkette des Polymers tragen. Nach Ansicht der Forscher eignen sie sich hervorragend dafür, die natürliche Umgebung von Knorpelzellen im Körper nachzubilden. „Bei der Entwicklung dieser Glykopolymere vereinen wir unser chemisches und biotechnologisches Know-how am Fraunhofer IAP in einzigartiger Weise. Diese Kombination spielt für BioPol-3D eine entscheidende Rolle, da die Materialoptimierung sehr genau auf die biologischen Vorgänge abgestimmt werden muss“, so Rosencrantz.
Biotinten müssen biokompatibel und kontrolliert abbaubar sein
Der Ansatz, die Knorpelzellen zu verdrucken, geht über herkömmliche Verfahren hinaus. Denn: „Wir bringen die biologische Komponente – also die Knorpelzellen – direkt in Form“, ergänzt Ursula Anderer, die an der BTU die Arbeitsgruppe „Zellbiologie und Tissue Engineering“ leitet. Es wird also nicht erst ein Gerüst gedruckt, auf dem später Zellen angesiedelt werden.
Zahlreiche Parameter sind dabei zu berücksichtigen. Die empfindlichen Knorpelzellen müssen vital bleiben, die Tinten biokompatibel und kontrolliert bioabbaubar sein und schließlich muss die gewünschte Knorpelform eine hohe Stabilität und Festigkeit aufweisen. „Unser Ziel ist es, eine fortschrittliche 3D-Zellkultur für die Therapie von Knorpelschäden zu etablieren und gleichzeitig die Herstellung solcher Formkörper durch additive Fertigung zu revolutionieren“, beschreibt es Anderer.