Qualitätssicherung in der Medizin 30. Mai 2024 Von Martin Ciupek Lesezeit: ca. 3 Minuten

Computertomograf hilft, Medikament transportfähig zu machen

In anderen Bereichen der zerstörungsfreien Materialprüfung sind CT-Systeme längst etabliert. Forschende der TU Kaiserslautern-Landau nutzen das Verfahren nun, um Medikamente und Katalysatoren zu verbessern. Details werden auf der Messe Achema vorgestellt.

Blick in den Computertomografen: Sergiy Antonyuk und sein Team nutzen die Technik, um kleinste Materialstrukturen zerstörungsfrei zu erfassen.
Foto: RPTU/Koziel

Tabletten sollen ihre Form idealerweise so lange behalten, bis sie geschluckt werden. Keinesfalls sollten sie durch Erschütterungen beim Transport in mehrere Stücke zerfallen. Hintergrund: Bei Tabletten wird der Wirkstoff mit Füll- und Binderstoffen in eine feste Form zusammengepresst.

Die Mischung aus gebundenen feinen Partikeln der Wirk- und Füllstoffkomponenten nennen Fachleute Agglomerat. Die dabei entstehenden Strukturen untersucht Sergiy Antonyuk vom Lehrgebiet für Mechanische Verfahrenstechnik an der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau mit einem Computertomografen. Er sagt: „Wir wollen wissen, wo mögliche Bruchstellen liegen sowie wann und warum es zu einem Bruch kommt.“ Im Fokus stehen dabei die mechanischen Eigenschaften solcher Strukturen, die wichtig für die Festigkeit von Tabletten sind.

Bruch von Tabletten mindert Wirkstoffqualität

Für den Erfolg eine Behandlung mit Tabletten ist eine Mischung aus Porosität und Festigkeit wichtig. Denn die Medikamente sollen keinesfalls beim Transport und der Lagerung zerfallen. „Die Bruchprozesse führen zur Abnahme der Produktqualität und verursachen die Bildung von Staub“, begründet Antonyuk und fügt hinzu, die Tablette dürfe zugleich aber nicht zu stark komprimiert werden, „um sich durch einen hohen Porenanteil zum Beispiel in Wasser auflösen zu können, um ihre Wirkung zu entfalten“.

Bei der Untersuchung erlaubt der Computertomograf (CT) ihm und seinem Team in hoher Auflösung Einblicke in die Materialienstrukturen. Um dabei das Bruchverhalten der Partikelagglomerate untersuchen zu können, ist während der CT-Messung jedoch ein weiteres Gerät nötig. „Wir setzen die Proben mit einer sogenannten In-situ-Druck-/Zug-Einheit direkt einer bestimmten Kraft aus und überprüfen, an welcher Stelle es zu einem Bruch oder Riss kommt. Wir untersuchen, wie die Zusammensetzung und die Mikrostruktur die Festigkeit beeinflussen“, beschreibt der Hochschulprofessor den Ansatz. Dabei spiele es auch eine Rolle, wie die Komponenten im Agglomerat verteilt sind und wie die Einzelpartikel bei Kontakten aneinanderhafteten. Anhand der CT-Ergebnisse arbeiten die Forscher daran, die innere Struktur solcher Agglomerate zu optimieren.

Neben Tabletten optimieren die Forscher auch Katalysatoren und Filter im CT

Interessant für Besucher der Messe Achema dürften auch andere Anwendungsbereiche der CT-Technik sein, mit denen sich die Forschenden aus Kaiserslautern beschäftigen. Denn auch Katalysatoren und Filter haben sie im Fokus. Bei chemischen Katalysatoren untersuchen sie mit dem Gerät beispielsweise, ob und an welchen Stellen Katalysatorpartikel brechen können. Antonyuk dazu: „Bei vielen industriellen Prozessen werden sie in Reaktoren hohen Belastungen ausgesetzt und können durch Bruchprozesse mit der Zeit ihre Funktion verlieren oder den Durchströmungswiderstand erhöhen.“ Er und seine Ingenieure prüfen dabei unter anderem, inwieweit eine mechanische Beanspruchung die Funktion von Katalysatoren beeinträchtigt und wann sie ausgetauscht werden müssen.

Ebenso nimmt das Forscherteam mit der Technik verschiedene Filtermaterialien ins Visier. Diese finden in der Industrie beispielsweise Verwendung, um Feststoffe aus Fluiden herauszufiltern. Aufgebaut sind sie ähnlich wie wasserabweisende Funktionsjacken: Auf einem Gewebe ist eine Membran aufgebracht, die über Klebepunkte daran haftet. In den Industriefiltern dringt dabei Wasser durch das Filtermaterial, lässt aber wegen der Membran keine Luft hindurch. Durch diese Art der mechanischen Entfeuchtung werden in der Industrie feste Wertstoffe energieeffizient herausgefiltert. Das Interesse der Forscher gilt dabei den Klebepunkten. „Wir untersuchen, wie sie über die Fläche verteilt sind und wie das den Filtrationsvorgang und die mechanische Stabilität des Filtermaterials im Betrieb einer Filteranlage beeinflusst“, verdeutlicht Antonyuk.

Auch die Wirksamkeit bzw. Schutzwirkung von medizinischen oder FFP-Masken lässt sich mit der Technik aus Kaiserslautern untersuchen. „Dazu prüfen wir zunächst die Filtereffizienz für unterschiedliche Trageszenarien mit einem Test-Aerosol, einem Gemisch aus Gas oder feiner Flüssigkeit, an einem Prüfkopf“, berichtet der Professor. Im Anschluss lasse sich mit den CT-Aufnahmen sowohl ein 3D-Modell des gesamten Prüfkopfs mit Maske erstellen als auch die Mikrostruktur der Masken analysieren. Um die Filtereffizienz der Masken zu verbessern und die Alterung besser abschätzen zu können, würden die Daten in Berechnungen der Strömung beim Atmungsvorgang eingesetzt.

Geballte Technik im Computertomograf

Eingesetzt wird in Kaiserslautern ein Computertomograf der Firma Werth Messtechnik GmbH. Das Modell „TomoScope L“ ist aufgrund seines 400 mm großen, hochauflösenden 4K-Flächendetektors und zweier Röntgenröhren laut dem Forschungsteam sehr flexibel einsetzbar. Unterschiedliche Probengrößen bis zu 300 mm im Durchmesser und Materialiendichten lassen sich damit untersuchen. Die Mikrofokusröhre arbeitet dazu mit 240 kV und eine Nanofokusröhre mit 160 kV. Sie können je nach Probeeigenschaften genutzt werden. Die maximale nachgewiesene Strukturauflösung des Messgeräts beträgt 1 µm bei einer minimalen Voxelgröße von 500 nm.

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